Vor 80 Jahren verstarb Max Littmann - der Absolvent der Architekturabteilung der Königlichen Höheren Gewerbschule Chemnitz machte sich einen Namen als Theaterbaumeister und prägte das Gesicht Münchens
Die Liste seiner Bauten ist lang: Das Nationaltheater in Weimar steht dort ebenso drauf wie das Königliche Hoftheater in Stuttgart, das Kurhaus in Bad Kissingen und die Stadthalle in Münster. Vor allem aber prägte Max Littmann das Gesicht der bayerischen Landeshauptstadt - in München entwarf er nicht nur das Prinzregententheater und das später zerstörte Künstler-Theater auf dem Messegelände. Auch das Hofbräuhaus, die Anatomische Anstalt und die Schack-Galerie gehören zu seinen architektonischen Werken, ebenso wie zahlreiche Geschäfts- und Mietshäuser. Auf dem Münchner Nordfriedhof liegt Littmann begraben - am 20. September 2011 jährt sich sein Todestag zum 80. Mal.
Bernhard Max Littmann wurde am 3. Januar 1862 in Schloßchemnitz geboren, als Sohn des Kaufmanns Johann Bernhard Littmann und seiner Frau Emilie. Er entstammt einer evangelisch-lutherischen Familie, die ihre Wurzeln im sächsischen Oschatz hat. Nach dem Besuch der Chemnitzer Realschule studierte er von Herbst 1878 bis Ostern 1882 an der Architekturabteilung der Königlichen Höheren Gewerbschule seiner Heimatstadt - einem Vorläufer der heutigen Technischen Universität Chemnitz. Parallel dazu absolvierte er eine Maurerlehre. 1882 wechselte Littmann ans Polytechnikum in Dresden, wo er ebenfalls Architektur und zusätzlich Hochbau studierte.
1885 kam er das erste Mal nach München und unternahm in der Folgezeit verschiedene Studienreisen - nach Italien zog es ihn, nach Paris, nach Berlin. 1888 ließ er sich endgültig in München nieder, wo er drei Jahre später Ida Heilmann heiratete und im Folgejahr Teilhaber der Baufirma seines Schwiegervaters wurde. Jakob Heilmann hatte sich bereits 1877 in München niedergelassen und schied erst mit seinem Tod 1927 aus dem Unternehmen aus. 1921 schrieb er in seinen "Lebenserinnerungen", die er an seine Kinder, Mitarbeiter und Freunde richtete, über den Einstieg Littmanns. Demnach wollte er selbst nach einer schweren Krankheit dem Rat seines Arztes folgen, einen längeren Erholungsurlaub anzutreten. Um sein Baugeschäft in dieser Zeit nicht führungslos zurückzulassen "und auch die Forderung des Tages einen ersten künstlerischen Leiter für mein Bureau verlangte, bot ich meinem Schwiegersohn, dem Architekten und späteren Geheimrat und Professor Max Littmann, der sich als Sieger verschiedener Konkurrenzen und als Architekt der großen Häusergruppe an der Widenmayer-Straße einen Namen gemacht hatte, an, in mein Geschäft als Teilhaber einzutreten", schrieb Heilmann. Am 10. März 1892 sei seine Firma "J. Heilmann, Architektur- und Baugeschäft in München", gewandelt worden in die "Offene Handels-Gesellschaft Heilmann & Littmann in München". Heilmann schrieb weiter: "Ich konnte bald darauf in Begleitung meiner Frau eine Erholungsreise nach Sizilien antreten in dem Bewußtsein, daß die treue Schar meiner Mitarbeiter unter ihrem jugendlichen Führer ihre Pflicht voll und ganz erfüllen werde. Ich wurde in dieser Hoffnung nicht enttäuscht."
Fünf Jahre später entstand aus dem Baugeschäft eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ab Mai 1897 trat der Ingenieur Richard Reverdy als weitere Gesellschafter ein und war neben Littmann mit der Leitung des Geschäftes betraut. Littmanns Arbeitsschwerpunkt lag auf dem Entwurf. Die meisten seiner in dieser Zeit entstandenen Arbeiten und Entwürfen sind nicht mit seinem Namen, sondern mit "Heilmann & Littmann" unterzeichnet. Vor allem im Theaterbau machte der Chemnitzer sich einen Namen: "Den Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens erreichte Littmann als Theaterbaumeister", schrieb Akademieprofessor Dr. Paul Opitz in der "Festschrift zur Hundertjahrfeier der Staatlichen Akademie für Technik in Chemnitz 1836-1936". "An Schinkels und Sempers klassischen Leistungen wissenschaftlich geschult, gilt er als der bedeutendste und erfolgreichste Nachfolger dieser ersten deutschen Theaterarchitekten des 19. Jahrhunderts, dem es vergönnt war, ein Dutzend dieser gewaltigsten und schwierigsten Bauaufgaben technisch und künstlerisch wahrhaft zu meistern", heißt es dort weiter. Auch im Ausland - von Bozen bis Posen - hat Littmann als Theaterbauer Spuren hinterlassen.
Für das Heilmannsche Baugeschäft war Littmann eine Bereicherung - Heilmann äußerte sich in seinen "Lebenserinnerungen" wie folgt: "Die Neigungen Littmanns, die mit meinen alten Wünschen parallel gingen, entwickelten unser Unternehmen noch mehr nach der architektonischen Seite hin und eine Reihe monumentaler Bauten - von denen hier nur das Kurhaus in Bad Reichenhall, die Psychiatrische Klinik, die Anatomie, die beiden Münchner Warenhäuser, der Neubau der Münchner Neuesten Nachrichten, der Dresdner Bank, der Preußischen Gesandtschaft und Schackgalerie neben einer großen Zahl herrschaftlicher Villen in Bogenhausen genannt seien - geben Zeugnis unseres unermüdlichen Schaffens. Als wir im Jahre 1900 mit den Bauten für das Münchner Schauspielhaus und das Prinzregententheater betraut wurden, führte das auf ein Sondergebiet des Hochbaues, dem sich Littmann mit solchem Eifer widmete, daß er in den folgenden Jahren bei einer ganzen Reihe von Konkurrenzen als Sieger hervorging, die uns dann die Theaterbauten in Bad Kissingen, Charlottenburg, Weimar, Posen, das Münchner Künstlertheater, Hildesheim und die Ausführung der Stuttgarter Hoftheater eintrugen."
Eine neue Entwicklung in der Architektur dieser Zeit war die Verwendung von Eisenbeton. Das Unternehmen Heilmann & Littmann kam diesem Trend nach: Erste Erfahrungen mit diesem Baumaterial sammelten die beiden Architekten bei der Konstruktion des Münchner Hofbräuhauses in den Jahren 1896/97. Gemeinsam mit dem Unternehmen Wayss & Freytag gründete Heilmann & Littmann im Mai 1903 die "Eisenbeton-Gesellschaft". Zu den Großaufträgen dieser Gesellschaft gehörte in München der Bau der Kaufhäuser Tietz und Oberpollinger in Bahnhofsnähe sowie der Anatomischen Anstalt der Universität - die Entwürfe dieser drei Bauten stammen von Max Littmann. 1908 verließ er das Unternehmen seines Schwiegervaters und war in der Folge künstlerischer tätig; die Eisenbeton-Gesellschaft wurde aufgelöst.
1892, im selben Jahr, in dem Littmann in das Heilmannsche Baugeschäft eingetreten war, kam seine Tochter Gertrud Margarethe zur Welt. Sie heiratete 1916, ihre beiden Söhne sowie ihre Tochter verstarben jedoch im Kindesalter. Max und Ida Littmann bekamen 1893 und 1899 noch zwei Söhne, die ebenfalls als Kinder verstarben. Littmann selbst starb am 20. September 1931 in München, wo heute genauso wie in Bad Kissingen eine Littmannstraße an ihn erinnert. Opitz schrieb rund fünf Jahre später über den Chemnitzer Absolventen: "Seine Wahlheimat München trägt den Stempel seiner starken und vielseitigen Baugesinnung", und ergänzte: "Kurz vor Vollendung seines 70. Lebensjahres wurde Littmann durch den Tod mitten aus vollem Schaffen herausgerissen. Ganz München trauerte um ihn. Man hatte erkannt, daß kaum einer seiner Zeitgenossen wie er so entscheidend mitgewirkt hatte, das Stadtbild Münchens in der großen Zeit der kulturellen Entwicklung der Stadt neu und schöner zu gestalten." An der TU Chemnitz zeigt eine Plastik der Künstlerin Erika Matthes aus Zwickau den ehemaligen Schüler. Am 29. April 1987 enthüllt, steht sie heute im Böttcher-Bau, Eingang Georgstraße.
Über einen umfangreichen Bestand zu Max Littmann verfügt das Architekturmuseum der Technischen Universität München. Zahlreiche Digitalisate können online eingesehen werden, darunter vor allem Entwürfe und Zeichnungen des Architekten: http://mediatum.ub.tum.de/?id=930780. Hier finden sich auch Arbeiten, die Littmann während seines Studiums in Chemnitz angefertigt hat.
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