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Die Idee vom freien Internet

Als einer der Gründer des weltweiten Internetnetzwerkes "World NeighborHood" setzt sich Informatikstudent Christian Neubauer alias Neu3no für ein freies Internet ein

  • Informatikstudent Christian Neubauer ist einer der Protagonisten eines zweiteiligen Dokumentarfilms des digitalen ARD-Spartensenders EinsPlus. Dieser thematisiert die Aktivitäten von "World NeighborHood" in Syrien. Foto: Antonin Fischer

"Der freie Zugang zu Informationen und für das Bereitstellen von Informationen keine Repressionen zu fürchten, das sollte überall auf der Welt ein Grundrecht sein", findet Christian Neubauer, Bachelorstudent der Angewandten Informatik an der Technischen Universität Chemnitz. Für diesen Grundsatz kämpft Neubauer, der als Internetaktivist vor allem unter dem Namen Neu3no bekannt ist, seit Jahren in erster Linie virtuell. "Angefangen hat das Ganze mit meinem Engagement bei Telecomix, einem Zusammenschluss von Netzaktivisten, die sich die Verteidigung der Presse- und Meinungsfreiheit sowie den freien Zugang zu Informationen zum Ziel gesetzt haben", erzählt Neubauer. Unter anderem wurde das Netzwerk durch die Hilfe bei der Umgehung der Netzzensur während des Arabischen Frühlings bekannt. "In der Zeit der Aufstände in Ägypten stellten wir private Modemleitungen zur Verfügung mit dem Ziel, eine unabhängige Internet-Infrastruktur aufzubauen, um die Netzfreiheit zu wahren. Das Regime schränkte diese massiv ein und schaltete das Netz sogar teilweise ganz ab", erklärt Neubauer weiter. Unabhängig von Telecomix gründet sich im Laufe der Aktionen die "Operation Syria", aus der später das Projekt "World NeighborHood" entstand.

Die "Operation Syria" formierte sich zunächst mit der Aufgabe, bestehende Sicherheitslücken zu nutzen, um gewaltfrei durch Firewalls zu stoßen. Dies sollte vor allem die Aktivisten unterstützen, um aktuelle Informationen aus Syrien während des Bürgerkriegs zu transportieren. Doch im Laufe der Zeit kamen viele weitere Aspekte dazu, wie Neubauer erklärt: "Es wurde für die Aktivisten während des Bürgerkriegs in Syrien zunehmend schwieriger, ohne Gefahr Informationen in Form von Bild-, Text- und Videomaterial ins Internet zu stellen. Das Regime stemmte sich, auch aus Angst vor den Medien gegen diese Flut an Informationen und begann, Aktivisten deswegen gezielt zu verfolgen. Deshalb gründeten wir die World NeighborHood, ein komplexes Netzwerk aus Serven, Voice over IP-Angeboten, anonymen Chats und Hotspots, um den Aktivisten Möglichkeiten zu geben, Informationen mit der Welt zu teilen, ohne dabei die Angst zu haben, Repressionen zu erleiden." Täglich durchlaufen die dezentralen Server des Netzwerks, das sich über die ganze Welt erstreckt, eine Datenmenge von bis zu zwei Terrabyte. Damit leisten die Netzaktivsten vor allem Hilfe zur Selbsthilfe.

In der Folge lernte Christian Neubauer, der die "World NeighborHood" zusammen mit einigen anderen Netzwerkspezialisten, die sich rund um den Globus verteilten, koordinierte, über die Chats und die IP-Telefonie viele der syrischen Aktivisten persönlich kennen. Dabei ging es bei den Gesprächen nicht immer nur um den präsenten Krieg, wie Neubauer berichtet: "Oft haben wir auch einfach über alltägliche Dinge gesprochen, wie zum Beispiel Streitereien mit der Freundin, oder Filme und Musik." Daraus entwickelten sich echte Freundschaften. Doch mittlerweile sind viele der Netzaktivisten nicht mehr online. "Was sollen Netzwerkaktivisten in einem Land, das zunehmend zerfällt? Viele der Netzaktivisten sind inzwischen geflohen oder selbst in den Krieg gezogen", erzählt Neubauer.

Trotzdem gibt es noch Aktivisten, die das Netzwerk nutzen, um Material über den Bürgerkrieg ins Netz zu stellen. Die Inhalte der Informationen, die täglich über die Server der "World NeighborHood" laufen, schaut sich der Informatikstudent dagegen nicht mehr an: "Wenn man täglich mit den Grausamkeiten des Krieges konfrontiert werden würde, dann würde jeder normale Mensch irgendwann daran kaputtgehen. Außerdem ist es nicht unsere Aufgabe, Inhalte zu bewerten und zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Wir wollen lediglich ein freies Internet schaffen, in dem niemand Angst haben muss, Informationen zu teilen."

Diesem Ziel sind die Netzaktivisten mit der "World NeighborHood" ein großen Schritt näher gekommen. "Wir haben gezeigt, dass Diktaturen keine Chance haben, Informationen zurückzuhalten oder einem Land das Internet abzuschalten", zieht Neubauer Bilanz. Und auch medial erzeugte das Netzwerk inzwischen eine große Aufmerksamkeit. So ist Neubauer unter anderem als einer der Protagonist in einem zweiteiligen Dokumentarfilm des digitalen ARD-Spartensenders EinsPlus zu sehen, der sich mit der "World NeighborHood" und der Idee vom freien Internet auseinandersetzt. Die Beiträge laufen am 10. sowie am 17. November 2013 um 22.15 Uhr. Bereits ab dem 8. November ist der erste Teil des Films in der ARD-Mediathek zu finden: http://www.ardmediathek.de/einsplus/leben/die-hacker-und-die-syrer-i?documentId=18007620

Internetseite "World NeighborHood": http://web.wnh.me

(Autor: Antonin Fischer)

Katharina Thehos
08.11.2013

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