Bräuche im Erzgebirge
zur Weihnachtszeit


Die erzgebirgische Weihnacht bietet eine Fülle alten Brauchtums voll tiefer, oft fast vergessener Bedeutung. Vieles ist in den vergangenen Jahrzehnten verlorengegangen, aber die Älteren werden sich gewiß noch an manches erinnern. Wir wollen helfen, diese Erinnerungen aufzufrischen.

Der Weihnachtsstollen

Stollen Eine erzgebirgische Weihnacht ist ohne Stollen überhaupt nicht denkbar, und kein Erzgebirgler wird ohne Not freiwillig auf ihn verzichten. Für den Weihnachtsstollen hatte jede Familie ein eigenes Rezept. Die Grundzutaten sind aber überall die gleichen: Hefe, Mehl, Zucker, Rosinen, Zitronat, süße und bittere Mandeln und Milch. Meist wurde der Teig zu Hause fertig gemacht und dann zum Bäcker („Bäck“) gebracht. Der fertig gebackene Stollen wird dann von da wieder abgeholt, zu Hause mit Butter bestrichen und mit Zucker bestreut. Im Heilig-Ohmd-Lied heißt es dazu: "Mir hobn aa sachzn Butterstolln, su lang wie de Ufenbank, un wenn mer die gegassen hobn, do sei mer alle krank."
Nach der Heimkehr von der Metten wird der Stollen in den Familien zum ersten Mal angeschnitten, wenn es nicht in der Christnacht nach Mitternacht schon geschah. An den Weihnachtstagen macht man viele Besuche. Man geht zum Nachbarn, den Weihnachtsberg, die Gaben zu besehen und - vor allem - den Stollen zu kosten und zu begutachten.


Der Heilige Abend ist der Höhepunkt des Festes. Die Mutter, die "alte, gute Haut", hat vollauf mit der Zubereitung des Festmahles zu tun.

Das Neunerlei

Neunerlei Das Fleisch (oder die Bratwurst) vom Schwein ist wohl uraltes, unbewußtes Erinnern an den goldborstigen Eber Frohs (Freyr), der vorzeiten im Norden zum Julfest geschlachtet wurde. Der Gänsebraten (die Gans war Frau Holles Vogel, eine Wachstumsverkörperung, der sie auf ihren Wanderungen in der Weihnachtszeit begleitet) und Fisch (entweder Karpfen, oder wenigstens Hering, oft in Gestalt eines Heringssalates mit Kohlrüben, der Fisch wird im Frühjahr aus Schlamm und Dunkel auftauchen) gehören genauso dazu. Auf alle Fälle müssen es Tiere aus den Drei Reichen sein. Neben den unvermeidlichen grünen Klößen werden quellende Speisen gekocht, wie Hirse und Linsen, denn sie verleihen, wie auch das nie fehlende Sauerkraut, Gesundheit und Gedeihen. Dann fehlt in nächster Zukunft nie das "kleine Geld", wie die Klöße das "große" bedeuten. Rotkraut und Selleriesalat gehören ebenfalls noch dazu.



Damit diese alten, schönen Bräuche nicht in Vergessenheit geraten, werden sie von Generation zu Generation weitergetragen. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann auf viele Literaturstellen zurückgreifen, so z.B. das Buch "Das Erzgebirge" von H. Clauss, ISBN 3-89350-792-2, das auch als Quelle für vorliegenden Text diente.

Text und Fotos: H. Schönwitz