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Adventskalender der TU Chemnitz 2003
Barbara Uthmann und das Klöppeln
Markt und St.-Annen-Kirche
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Seit mehreren Jahrhunderten ist das Klöppeln im Erzgebirge anzutreffen.
Sucht man heute nach den Wurzeln dieser Kunst, wird man in der
alten Bergstadt Annaberg fündig.
Gleich auf dem Marktplatz der Stadt befindet sich ein mächtiger Brunnen mit
einem Denkmal einer anmutigen Frau aus der Reformationszeit. Der Sockel
und die im Pflaster eingelassene Bronzeplatte verraten uns,
dass hier Barbara Uthmann, 1514 - 1575, Förderin des Spitzenklöppelns
und Bortenwirkens sowie Unternehmerin im Montanwesen,
geehrt wird.
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Barbara-Uthmann-Denkmal
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Bei der Annaberger Stadtführung, die hier startet, erfahren wir:
Nach ergiebigen Silberfunden 1491 am Schreckenberg zogen aufgrund der in
Sachsen geltenden Bergfreiheit viele Bergleute mit ihren Familien an
dessen Fuß. Deshalb lies Herzog Georg von Sachsen am 21. September
1496 die "Neue Stadt bei dem Schreckenberg" gründen, die auf seine
Bitte hin vom Kaiser Maximilian I. am 22. März 1501 ein Stadtwappen
und den Namen "St. Anna Berg" verliehen bekam.
Einer der ersten Bergherren war Johann von Elterlein.
Sein Sohn
Heinrich und dessen Ehefrau Ottilie gaben ihrem 4. Kind, das 1514 in
Annaberg oder Elterlein geboren wurde, den Namen Barbara.
Der Erstbau des derzeitigen Haus des Gastes "Erzhammer" gehörte
ab 1519 der Familie Elterlein. Heute ist der "Erzhammer" ein kulturelles
Zentrum der Stadt, in dem viele Veranstaltungen und Ausstellungen
stattfinden, wie z.B.: die jährlich im September wiederkehrenden
"Annaberger Klöppeltage". Weiterhin befinden sich in diesem Haus
eine Klöppel- und eine Schnitzschule. Jeder, der eins dieser
traditionellen Handwerke erlernen möchte, kann dort Kurse besuchen.
Schulen können nach Bedarf Projekttage anmelden.
In der diesjährigen Adventszeit erwartet uns bis
einschließlich 31.12.03 die Ausstellung "Geschmückt ist nun
die Tanne" mit Weihnachtsschmuck aus den Jahrhunderten.
Am 24. April 2004 wird in diesem Haus das Kolloquium "Die soziale Rolle
der Frau im 16. Jahrhundert -- Barbara Uthmann (1514 - 1575) und ihre
Zeit" stattfinden.
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Markt 8 |
Mit nur 15 Jahren heiratete Barbara von Elterlein den 7 Jahre
älteren, aus Löwenberg in Schlesien zugezogenen Christoph
Uthmann. Der Ehe waren 12 Kinder beschieden. Ihren vermutlich ersten
Hausstand gründete die Familie in der Museumsgasse 1, später
kam ein Haus am Markt (Marktplatz 8) hinzu. |
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Zum Familienbesitz der Uthmanns zählten weitere Grundstücke in Annaberg, sowie
Erzgruben, Pochwerke und Schmelzhütten in der Umgebung. Als wirtschaftlich
bedeutsamster Besitz erwies sich die 1550 erworbene Saigerhütte in
Grünthal bei Olbernhau. Diese besaß das Monopol der Kupferverhüttung in
Sachsen. Mit 39 Jahren wurde Barbara Uthmann Witwe und führte die
bergmännischen Unternehmen ihres Mannes selbständig weiter.
Mit dem Aufblühen der Bergstadt Annaberg durch den Bergbau entstand der Bedarf
an textilem Luxus. Die Bergherren und deren Familien stellten mit reich
verzierten Kleidern ihren Reichtum zur Schau. Somit entwickelte sich die
Herstellung und der Handel von Borten und Klöppelspitzen. Mitte des 16.
Jahrhunderts trat eine Krise im erzgebirgischen Bergbau ein, und die Borten-
und Klöppelspitzenherstellung erlangte nunmehr eine zunehmende Bedeutung als
Wirtschaftsfaktor und Hauptquelle des Broterwerbs. Barbara Uthmann erkannte
dies mit unternehmerischer Weitsicht und begann ein Verlagswesen für den Handel
mit Bortenerzeugnissen aufzubauen, welches 1550 erstmals urkundlich genannt
wurde.
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Musterbuch, 19. Jahrhundert, Adam-Ries-Haus
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Mit dem Handel von Klöppelspitzen ist sie urkundlich 1561 in Verbindung gebracht worden. Durch ihr Vermögen und ihre geschäftlichen Verbindungen konnte
Barbara Uthmann ihr gut funktionierendes Verlagswesen ausbauen und in der Folge
ca. 900 Bortenwirkerinnen in Lohn und Brot nehmen.
Einer schönen Sage nach soll eine vertriebene Brabanterin das Klöppeln aus
den Niederlanden mitgebracht haben. Von ihr lernte Frau Uthmann das Klöppeln
und führte es im Erzgebirge ein.
Sowohl als Konkurrenten aber auch als Lehrmeister der erzgebirgischen
Bortenwirker traten die schottischen Bortenhändler auf, die in Buchholz
erstmals 1537 und in Annaberg erstmals 1557 urkundlich erwähnt wurden. Sie
brachten in ihrem Wanderhandel Borten und Spitzen mit und boten diese den
Frauen reicher Bergherren zum Kauf an. Die Bortenschotten - wie sie genannt
wurden - stellten sich auf die in Annnaberg und in
Buchholz gewirkten Borten ein und kauften nun ihrerseits die hier
hergestellten Erzeugnisse bei den Verlegerinnen ein. Später bestellten
sie die Spitzen zu günstigeren Bedingungen direkt bei den Bortenwirkerinnen und
Klöpplerinnen und zogen sich so den Ärger der Verlegerinnen zu.
Barbara Uthmann betrieb ihr Verlagswesen nachweislich bis 1571.
Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Barbara in ihrem Haus Große Kirchgasse 10,
wo sie am 14. Januar 1575 verstarb. Sie wurde am Folgetag neben ihrem Mann auf
dem alten St. Trinitatis-Friedhof, am jetzigen Busbahnhof, beigesetzt. Seither
ranken sich viele Sagen und
Legenden um diese erfolgreiche Geschäftsfrau im Bortenhandel und Montanwesen.
Der große Erzgebirgschronist Christian Lehmann nennt 1680 Barbara Uthmann
"die Erfinderin des Spitzenklöppeln", was
mittlerweile durch grundlegende Forschungen widerlegt ist.
Die im Spitzenhandel reich gewordene Firma August Eisenstuck
stiftete ein Grabmal, welches der Dresdner Bildhauer Franz Seraph Pettrich schuf und das am 17. Oktober 1834 auf dem Trinitatis-Friedhof eingeweiht wurde.
Grabmal im Stadtpark
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Das erste Barbara-Uthmann-Denkmal weihte man am 10.November 1886 auf dem
Annaberger Marktplatz ein. Die Brunnenstatue schuf der Dresdner Bildhauer
Eduard Robert Henze nach idealisierten Vorstellungen seiner Zeit, da keinerlei
Bildnisse von Barbara Uthmann überliefert sind. Die Statue fiel im August 1942
dem Kriegswahn zum Opfer, der Brunnen wurde in den 60er Jahren
abgerissen. Im Jahre 1999 gründete sich der "Förderverein zur Wiedererrichtung
des Barbara-Uthmann-Denkmals auf dem Annaberger Markt e.V.". Mit seiner Hilfe
konnte das neue Denkmal am 2. Oktober 2002 eingeweiht werden.
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Barbara-Uthmann-Denkmal
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Gleichzeitig eröffnete eine Sonderausstellung über Leben und Werk Barbara
Uthmanns im Adam-Ries-Museum. Dieses Haus würdigt ebenfalls das mannigfaltige
Wirken des "Rechenmeisters des einfachen Volkes" und Bergbeamten Adam Ries (1492
- 1559)
Adam-Ries-Haus
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Beide Ausstellungen können dienstags bis sonntags, 10 - 16 Uhr,
besucht werden. Im Advent ist das Museum auch montags geöffnet.
Gruppenbesuche mit Führungen sind bei Voranmeldung, auch
außerhalb der regulären Öffnungszeiten, möglich.
Kontakt über: Adam-Ries-Bund e.V., Johannisgasse 23, 09456 Annaberg- Buchholz,
PF 100 102, Tel. 03733 e 22186 und 429086, Internet:
www.adam-ries-bund.de.
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Ausstellung im Adam-Ries-Haus
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Uthmann-Fenster der St.-Annen-Kirche
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Im Zuge der Renovierung der spätgotischen St.-Annenkirche von
1883 bis 1896 erhielt diese in Gedenken an Barbara Uthmann ein
Bleiglasfenster mit einer neben einem
Klöppelsack stehenden Frau. Es wurde vom Leipziger Professor A. Winterstein
in Anlehnung an das Brunnendenkmal entworfen und von der Kunstanstalt
von Schulze und Stockinger in Leipzig gefertigt.
Die Kirche ist montags bis freitags 10 - 17 Uhr, samstags 10 - 17 Uhr (2.-4.
Advent bis 15.30 Uhr), sonntags 12 - 17 Uhr, Heilig Abend 10 - 12 Uhr, 1. und
2. Christtag 14 - 17 Uhr geöffnet.
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Erzgebirgsmuseum
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Gegenüber der St. Annenkirche befindet sich das Erzgebirgsmuseum. Hier ist
unter anderen Klöppelzeugnissen eine 1932 vom Kunstschnitzer Paul Schneider
gefertigte Holzbüste Barbara Uthmanns zu besichtigen.
Öffnungszeiten: täglich 10 - 17 Uhr
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Die jüngste Ehrung für Barbara Uthmann
fand im Sommer 2003 statt. In der Nacht vom 1.Februar1998
wurde in der Volkssternwarte Drebach mit dem Spiegelteleskop im
Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter der Planetoid 31231
entdeckt. Nach der Bestätigung erhielt er vom
Erstentdecker, Jens Kandler, den Namen "Uthmann". Die Ernennungsurkunde
wurde anlässlich der diesjährigen 14. Annaberger Klöppeltage der Leiterin
des Kulturzentrums "Erzhammer" überreicht.
Details.
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Auf dem alten Denkmal und dem Grabmal wird der Name "Uttmann" geschrieben.
Die unterschiedliche Schreibweise resultiert aus verschiedenen amtlichen
Eintragungen, für die bis 1875 keine einheitliche Schreibweise festgelegt
war. Der Heimatforscher Heinrich Harms legte nach ausführlichen Forschungen
die Schreibweise "Uthmann" als die richtige fest.
Im Gespräch mit dem Annaberger Stadtführer und Heimatforscher Klaus-Peter
Herschel war Petra Pönisch.
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