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Adventskalender der TU Chemnitz 2003

Erzgebirgische Schwibbögen


Viele haben versucht, unser Verstecktes Weihnachtsbild im 5. Fenster zu finden. Haben Sie herausgefunden, dass wir einen Schwibbogen versteckt hatten? Die Lösung musste u. a. verbal eingegeben werden, und da wurde schon mal aus dem Schwibbogen1) ein Schwippbogen. Deshalb wollen wir heute einmal erklären, woher der Bogen und sein Name kommen.

der Schwibbogen als weihnachtliche Fensterbeleuchtung moderner Bergwerks-Schwibbogen

Wer durch das weihnachtlich beleuchtete Erzgebirge fährt, sieht sie in vielen Fenstern, auf öffentlichen Plätzen, in Vorgärten, Museen, auf den Weihnachtsmärkten ... In manchen Dörfern ist es Ehrensache, dass jedes Fenster beleuchtet ist. Dafür werden nicht immer Schwibbögen aufgestellt, aber sehr oft. Dabei ist die Tradition in dieser Form noch gar nicht so alt.

Der erste derartige schmiedeeiserne Leuchter wurde im Jahr 1726 in Johanngeorgenstadt gefertigt. Der Bergschmied Teller gilt als der Erfinder. Er soll den Schwibbogen als Dankeschön für die Einladung zur Mettenschicht hergestellt haben. Die Darstellung vereinte bergmännische und christliche Motive (s. nebenstehende Abbildung) in einem "Rahmen", der mit dem Bergbau in Verbindung gebracht werden kann. Die Bezeichnung leitet sich aus dem architektonischen Begriff Schwebebogen ab.
Als Anregung könnten die Geleuchte der Bergleute gedient haben, die zur Mettenschicht halbkreisförmig an der Wand aufgehängt wurden. Auch eine Verbindung zum Mundloch eines Stollens wird in manchen Quellen genannt. Jedenfalls sollte er die Sehnsucht der Bergleute nach dem Licht zum Ausdruck bringen.
Was sich Herr Teller wirklich gedacht hat bei der Herstellung des ersten Schwibbogens, können wir nicht mehr erfahren. Heutige Heimatforscheer bestreiten zum Teil den Zusammenhang zum Bergbau und deuten die Bogenform als Himmelsgewölbe!? Mir persönlich ist die bergmännische Erklärung einleuchtender.

alter Schwibbogen

weltgrößter Schwibbogen in Zschopau

Das Heiligabendgeschenk des Bergschmieds wurde in Johanngeorgenstadt zur Tradition. Der bekannteste erhaltene Bogen dieser Art hat elf Lichtträger und steht als vergrößerte Nachbildung heute vor dem Pferdegöpel in Johanngeorgenstadt.

Lange Zeit, bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts, blieb diese Tradition ortsbeschränkt. Die Verbreitung begann 1937 mit einer Erzgebirgsschau zur Belebung des Tourismus. Aus diesem Anlass gestaltete Paula Jordan das bekannte, erzgebirgstypisierende und am häufigsten zu findende Schwibbogenmotiv, das auch der zur Zeit weltgrößte Schwibbogen (12m x 6,5m) wiedergibt, der auf dem Markt in Zschopau zu bewundern ist:
zwei Bergmänner in Festkleidung, das Wappen mit den kursächsischen Schwertern, Schlegel und Eisen, Klöpplerin, Schnitzer, Leuchterspinne und Engel.

In den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstand bei den Spielzeugmachern in Seiffen eine Form des Schwibbogens mit einem beleuchteten, transparenten Bildhintergrund, vor dem typische Erzeugnisse der erzgebirgischen Spielzeugindustrie bzw. Bergwerksdarstellungen (z. B. oben rechts) angeordnet sind.

Schwibbogen in Annaberg Schwibbogen in Zwönitz

Die heutigen Schwibbögen für die Wohnung sind sehr vielfältig in der Motivwahl, meist Laubsägearbeiten, aber auch geschnitzte und gedrechselte sind zu sehen. Die öffentlichen Schwibbögen der Erzgebirgsorte zeigen oft ortstypische Motive, wie z. B. die Annenkirche des Bogens in Annaberg oder die Symbolik der "Zwentzer Hutznstub" (Zwönitzer Hutzenstube).

1): Eigennamen werden von der Rechtschreibreform verschont.




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© Fotos: M. Ehrig (2), U. Riedel (4)
Ursula Riedel, Die TU-Wichtel im Dezember 2003

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