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Adventskalender der TU Chemnitz 2004

Das erzgebirgische Weihnachtsspiel


Krippenspiel in Trinitatis

Krippenspiel in der Trinitatiskirche in Hilbersdorf, Chemnitz

Ob einer Kirche zugehörig oder nicht, für viele gehört das Krippenspiel zum Ritual des Heiligabend.

Die Anfänge der Weihnachtsspiele liegen noch vor dem 30-jährigen Krieg. In der Vergangenheit wurden sie von umherziehenden Spielerscharen (meist jungen Männern) in Bauernstuben und Gasthöfen aufgeführt. Nur selten wurde die Maria von einem Mädchen gespielt.

Das Spiel lief in etwa so ab: Zuerst ging ein Hirte in das Haus, vor dem man spielte, und verkündigte die Ankunft des "Heiligen Christs"; dann überbrachten zwei Engel den Kindern die Grüße Jesu. Anschließend trat der "Heilige Christ" mit dem ganzen Gefolge selbst ein und verteilte Geschenke. Bischof Martin drohte mit der Rute, Knecht Ruprecht klopfte brummig auf seinen Sack, und schließlich bat die Schar um ein "Lösegeld".

Erst dann wurde die biblische Geburtsgeschichte dargestellt.

Krippenspiel in Trinitatis

Die heilige Familie mit Engel, Hirten und König beim Krippenspiel

Unter dem Einfluss der Aufklärung begannen im 18. Jahrhundert Behörden und Geistlichkeit, die Weihnachtsspiele und Umzüge zu unterdrücken.

Der Widerstand hatte zum Teil berechtigte Gründe. Einerseits handelte es sich um eine echte volkskünstlerische Leistung mit selbst einstudierten Rollen, selbstgenähten Gewändern und selbst gebastelten Spielgeräten. Andererseits enthielten die Texte zuweilen Falsches oder artete das Spielen in schnöde Geldbettelei aus.

Krippenspiel in Trinitatis

Hirten, Engel, König ... alle singen. Kirche Leukersdorf

Alberner Konkurrenzneid führte sogar zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Spielscharen. Thalheim hat um seine Weihnachtsspiele sogar einmal einen Prozess gehabt, der als sogenannter "Thalheimer Prozess" in die Heimatgeschichte eingegangen ist. Einige Thalheimer Bergleute und Strumpfwirker wurden damals wegen ihrer Mitwirkung an einem Weihnachtsspiel mit je zwei Tagen Gefängnis bestraft.

Wegen der Behinderungen, Verbote und Bestrafungen seitens der Behörden - 1812 wurden die Umzüge auf königlichen Erlass hin polizeilich untersagt - hörten die Spiele allmählich auf. Doch schon 1815 wurde das Verbot infolge des Widerstandes der Bevölkerung und auf Fürsprache von Pfarrern, die den Spielen wohlgesinnt waren, abgeändert: Nunmehr durften Mettenspiele, gewissermaßen unter Kontrolle, in den Kirchen aufgeführt werden.

Dennoch drohten die erzgebirgischen Mettenspiele in Vergessenheit zu geraten. Das Verdienst eines Nichterzgebirgers war es, die erzgebirgischen Weihnachtsspiele wiederentdeckt, gesammelt und der Nachwelt erhalten zu haben: 1861 veröffentlichte der aus dem Vogtland stammende Gymnasiallehrer Gustav Mosen sein Büchlein "Die Weihnachtsspiele im sächsischen Erzgebirge." Neben den Forschern und Sammlern halfen auch Puppenspieler den erzgebirgischen Weihnachtsspielen zu überleben.


Bonhoeffer-Gemeinde auf dem Pilgerweg


Die heiligen Könige und der Engel

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte eine allmähliche Neubelebung ein, doch nicht als Umzug, sondern als Krippen- und Mettenspiel in den Kirchen und Gemeindesälen. 1869 begann man in Cranzahl wieder zu spielen, und seit 1895 bot der Krippenverein für Unter- und Oberwiesenthal alljährlich ein neues Spiel dar. Pfarrer und Kantoren setzten sich mehr und mehr für die Wiederbelebung der Weihnachtsspiele - alter und neuerer Texte - ein.

Die Heilige Familie in der Bonhoeffer-Gemeinde

Die Heilige Familie in der Chemnitzer Bonhoeffer-Gemeinde

Heute gehört das Krippenspiel, die mit Sprech- und Liedtexten dargestellte Weihnachtsgeschichte, ebenso zur erzgebirgischen Weihnacht, wie all das andere, was ihr das ihr eigene Gepräge verleiht.

Dass man jetzt auch wieder auf die Straße gehen kann mit dem Spiel, zeigte 2003 die Chemnitzer Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde. Ihr Spiel am heiligen Abend zog sich über drei Christvespern an drei verschiedenen Orten.

Im Gemeindesaal in Helbersdorf begann das Spiel mit der Hirtenvesper. Vorher konnte man sich am Hirtenfeuer im Gemeindegarten wärmen. Von dort zogen wir weiter zum Matthias-Claudius-Pflegeheim, wo wir die Sterndeuter trafen und gemeinsam mit den Heimbewohnern die Königsvesper feierten. Waisen und ihr Kamel begleiteten uns (diesmal unter Polizeischutz) zum "Stall von Bethlehem" in die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche.

Auch in diesem Jahr kann man sich wieder auf den Pilgerweg zum "Stall von Bethlehem" begeben. 14:30 Uhr wird es ein Hirtenfeuer in der Helbersdorfer Str. 71 geben, 15:00 Uhr beginnt dort die Hirtenvesper.

Hirtenfeuer am Gemeindehaus Helbersdorf in Chemnitz

Hirtenfeuer am Gemeindehaus Helbersdorf in Chemnitz

In der Leukersdorfer Kirche, wo eines der obigen Bilder aufgenommen wurde, wird das Weihnachtsspiel am 24. Dezember um 15:00 Uhr von Kindern und um 17:00 Uhr von Jugendlichen aufgeführt. Am 26. 12. findet dort 6:00 Uhr eine Christmette statt.




Version zum Ausdrucken


© Text: H. Geisler, Fotos: R. Sontag und namentlich nicht bekannte Fotografen
Ralph Sontag, Die TU-Wichtel im Dezember 2004

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