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Adventskalender der TU Chemnitz 2005
Der Häuselmacher zu Rechenberg
Ein Vierseithof des Häuselmachers
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Vor rund dreihundert Jahren, als das Erzgebirge zwar als Erz-Gebirge weithin
bekannt war, das Erz jedoch schon knapper wurde und der Berg eine Familie
nicht mehr satt machte, begann die Spielzeugproduktion.
In kleinen Stuben entstanden Tiere, Bäume, Häuser, ... - und jedes
Spielzeug brachte seinen eigenen Beruf hervor. Erst die Verlage, deren Vertreter
in den Dörfern die einzelnen Teile aufkauften, stellten alles zusammen
und wurden mit dem Handel reich: Ein Bauernhof mit Tieren und Bäumen
verkaufte sich besser als ein einzelnes Häuschen.
So blieben die Reifendreher, Spanbaumschnitzer und Häuselmacher arme Leute.
Und doch retteten sie ihr Handwerk über Jahrhunderte hinweg, bis
1972 die Verstaatlichung der Handwerksbetriebe in der DDR auch das
Häuselmacherhandwerk beendete. Lediglich in Seiffen wurden noch
Häuschen gefertigt - meist jedoch war das "nur" die Seiffener Kirche.
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Kirche und Wohnhäuser
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Toreinfahrt
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Seit rund 10 Jahren gibt es eine Renaissance des uralten Handwerks:
In Rechenberg im Osterzgebirge steht das "Häuselmacherstübchen".
Hier entstehen wie vor hundert Jahren kleine Fachwerkhäuser. Und wie
vor hundert Jahren finden sich die Besucher in einer winzigen Stube
wieder, gleichzeitig Produktions- und Verkaufsraum. Im
Gegensatz zu den Vorgängern haben diese Häuser aber Vorbilder, und so
hört man, während man staunend die kleinen Kunstwerke betrachtet: "... und
wenn Sie beim Bahnhof stehen, schauen Sie mal auf die andere Seite,
da steht dieses Haus, ..."
Roman Naumann geht voll und ganz in seinem neuen Beruf auf - obwohl er
genau genommen seiner Branche treu geblieben ist: Er war früher Makler.
Manche Vorbilder werden auch auf Kundenwunsch nachgebaut - ein
illustres Geschenk oder ein besonderes Andenken und garantiert nicht
alltäglich. Ein Auftraggeber schätzte die benötigte Stückzahl auf
35 - letztlich wurde rund die dreifache Menge benötigt.
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Fachwerkhäuser in Rechenberg - die Vorbilder
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Roman Nauman erklärt seinem Besucher Fachwerkkonstruktionen
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Fasziniert stehen die Besucher vor den Vitrinen und bewundern die winzigen
Fachwerke, präzise und mühevoll per Hand aufgemalt und absolut originalgetreu.
Fachwerkhäuser strahlen noch heute Ruhe, Schlichtheit und doch Solidität aus.
Manch einer träumt den Traum vom eigenen Fachwerkhaus - und zumindest im
Kleinformat kann er dank des Häuselmachers Arbeit erfüllt werden.
Drei Hauptteile werden zu einem Haus verklebt: Das gemauerte Untergeschoß,
das mit Fachwerk errichtete Obergeschoß und das Dach. Hinzu kommen diverse
Kleinteile wie Türen und Fensterläden aus Furnierholz, ein Mühlrad - oder
auch ein merkwürdiger kleiner Kasten.
Kinder werden dann gern gefragt, was das für ein seltsamer Kasten sei, der da
außen an manchen Häusern klebt. Großes Rätselraten ... - bis dann die
Erklärung zur fehlenden Kanalisation früherer Jahrhunderte folgt.
Man hatte einfach den Misthaufen unter der Außentoilette.
Wer das Häuselmacherstübel besucht hat, wird mit ganz anderen Augen durch
Rechenberg laufen und die Vielzahl wunderbar restaurierter Fachwerkhäuser
im Ort betrachten: Ein reichhaltiger Katalog von Vorlagen für den Häuselbauer.
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Der Häuselmacher aus dem Erzgebirge, Naumann Volkskunst
Alte Straße 75, 09623 Rechenberg-Bienenmühle, Tel. 037327/20208
Dienstag bis Freitag 9 - 12 Uhr und 13 - 18 Uhr, Sonnabend 13 - 17 Uhr, Sonntag 14 - 17 Uhr.
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