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Adventskalender der TU Chemnitz 2007

Der Rechenmeister Adam Ries


Adam Ries
Adam Ries im 58. Lebensjahr, einzige zeitgenössische Abbildung (Wikipedia)

Das 16. Jahrhundert, die Zeit der Renaissance, war auch für das Erzgebirge eine Zeit der schwunghaften Entwicklung. Vom "Berggeschrey" und dem aufblühenden Bergbau war schon die Rede. Der Aufschwung erforderte neue Denkweisen, und kluge Köpfe konnten sich beweisen. Neben dem Baumeister Hieronymus Lotter lebte und wirkte der Universalgelehrte und Humanist Georgius Agricola. Sie waren Zeitgenossen des Rechenmeisters und Bergbeamten Adam Ries.

Adam Ries wurde 1492 im fränkischen Staffelstein geboren, kam jedoch als Kind an die Zwickauer Lateinschule und beschäftigte sich als junger Mann mit Rechenaufgaben. Zunächst ließ er sich als Rechenmeister in Erfurt nieder, gab Unterricht und verfasste 1518 sein erstes Rechenbuch "Rechnung auff der Linihen" über Methoden zum Rechnen mit (eigentlich dafür ungeeigneten) römischen Zahlen.

In seinem zweiten Buch widmet er sich dem Rechnen mit den aufkommenden arabischen Ziffern. Dank der verständlichen Beschreibung von Rechenmethoden und Lösungswegen anhand von Aufgabenstellungen des täglichen Lebens waren diese Lehrbücher sehr beliebt und verbreitet, zumal sie in deutscher Sprache verfasst waren und nicht in Latein.

Es folgten ausführliche Studien zur Algebra. Er entwickelte Methoden zur Lösung algebraischer Gleichungen, die Ries 1524 in der "Coß" niederschrieb, Dieses Manuskript wurde jedoch nicht gedruckt und geriet fast in Vergessenheit - die vollständige Aufarbeitung des Werkes wurde gar erst 1992 abgeschlossen. 1550 folgte ein weiteres umfangreiches Rechenbuch, die "Practica". Mit diesen Werken wird Adam Ries als der "Vater des modernen Rechnens" anerkannt.

Buchtitel
Titel eines seiner Rechenbücher (Wikipedia)
_Alternativtext_
Ausstellung von Abakussen im heutigen Museum

Heutzutage kann man sich kaum noch vorstellen, wie schwierig Berechnungen sein können, wenn das "Handwerkszeug" nicht passt. Das bemerkt ein jeder, der von klein auf mit dem Taschenrechner vertraut ist, wenn wenn jener mal ausfällt. Doch auch das ganz "normale" schriftliche Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren stellt ein unglaublich einfaches, eingängiges und schnelles System dar, wenn man sich bis dahin mit römischen Zahlen plagen musste. Eine Aufgabe wie XII * XC sieht nicht nur sperrig aus, sie ist es auch.

Die Rechnerei mit diesen Ziffermonstern verständlich zu erklären, ist allein schon eine tolle Leistung. Seine Zeitgenossen aber auch noch an die neuen, arabischen Ziffern heranzuführen, kann man schon mit der Einführung von Computern vergleichen. Der auch heute noch gebrauchte Ausspruch "das macht nach Adam Ries(e)" beweist die Ausstrahlung der Leistungen unseres Rechenmeisters!

Von 1524 bis zu seinem Tod lebte und arbeitete er in der erzgebirgischen Bergstadt Annaberg, zunächst als Rezeßschreiber im Bergamt. Mit dem Aufschwung durch den Silberbergbau ging sein beruflicher Aufstieg als Bergbeamter einher - er war als "Zehntner" für die Einnahme des Zehnten für den Landesherren zuständig. Klar, da durfte man sich auch nicht verrechnen. Schließlich wurde er ein kurfürstlicher Hofarithmetikus und wandte auch hier mathematische Methoden an; so schuf er u.a. Tabellen zur "Brotrechnung".

Auch persönlich ging es ihm und seiner großen Famile mit 5 Söhnen und 3 Töchtern recht gut. Mit dem Niedergang des Silberbergbaus nach 1650 wuchsen aber seine finanziellen Sorgen - er wird sich doch hoffentlich nicht verrechnet haben?

Annenkirche
Die Fertigstellung der Annenkirche konnte Adam Ries in Annaberg noch miterleben. Er kannte diesen Blick - so ähnlich - also auch.
Museumsschild
Das Museumsschild in Annaberg, Johannisgasse 23

Im Haus, in dem Adam Ries von 1525 bis 1559 lebte und eine Rechenschule betrieb, in der Annaberger Johannisgasse 23, befindet sich heute das Adam-Ries-Museum. Neben der Ausstellung zu Leben und Werk des Rechenmeisters und sächsischen Bergbeamten erfahren wir etwas zu seinen Rechenmethoden, sowie zu Maßen und Gewichten aus Sachsen zu dieser Zeit, ergänzt um historische mechanische Rechenmaschinen (u.a. "Comptatoren") des 19. und 20. Jahrhunderts. Die Ausstellungsräume werden übrigens gerade umgestaltet und sind deswegen geschlossen - im April 2008 soll das Museum in neuem Glanz wieder öffnen.

Im Obergeschoss des Hauses ist eine Sonderausstellung zur Unternehmerin Barbara Uthmann zu sehen. Nach Voranmeldung können Interessierte in der nach historischem Vorbild eingerichteten Rechenschule das Rechnen auf den Linien und dem Abakus kennen lernen.

Der Adam-Ries-Bund e.V., gegründet 1991 und mit über 200 Mitgliedern weltweit, ist Träger des Adam-Ries-Museums und der Adam-Ries-Bibliothek. Der Verein richtet mit vielen Helfern den Adam-Ries-Wettbewerb für Schüler der 5. Klassen aus. Das nächste vom Adam-Ries-Bund organisierte wissenschaftliche Kolloqium findet vom 18. bis 20. April 2008 zum Thema "Visier- und Rechenbücher der frühen Neuzeit" statt.

Wer das "Rechnen auf den Linien" online kennen lernen will, kann sich auf den WWW-Seiten des Adam-Ries-Bundes versuchen: http://www.adam-ries-bund.de/linie.html.

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© Fotos: F. Richter (2), R. Sontag
Frank Richter, Die TU-Wichtel im Dezember 2007

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