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Adventskalender der TU Chemnitz 2007

Schiefer-Häuser


In ihrem Grau fallen sie meist nicht auf, die schieferverkleideten Häuser. Und doch sind sie ein typisches Merkmal des Erzgebirges. Schließlich befindet sich hier ein uralter Schiefersteinbruch: Schon um 1459 soll es bei Lößnitz einen Steinbruch gegeben haben, und Agricola erwähnt Steinbrüche bei Affalter.

Schieferverkleidung über Natursteinsockel
Schieferverkleidung über Natursteinsockel
Drei Deckungen
Drei unterschiedliche Deckungen an einem Haus in Altchemnitz
Eingefasstes Fenster
Kunstvoll eingefasstes Fenster in Jahnsdorf

verfallener Giebel
Bei diesem Giebel in Jahnsdorf sind die Nägel verwittert - nicht der Schiefer.

Schiefer ist nicht gleich Schiefer. So galt der Schiefer aus dem "Hasenschwanzbruch" nördlich von Lößnitz als hart und verwitterungsbeständig, während der zwischen Lößnitz und nördlich von Lenkersdorf abgebaute graugrüne Schiefer nur etwa 40 Jahre der Witterung trotzte. "Liegezeit" nennt der Fachmann diese Frist. Normalerweise haben aber die Nägel eine geringere Lebenserwartung als der Stein, weswegen hier Kupfer oder Edelstahl zum Einsatz kommt.

Letztendlich war der Schiefer aus Thüringen und England preiswerter und besser, so dass Ende des 19. Jahrhunders der Abbau im Erzgebirge endete. Die Häuser aber blieben - und wurden auch weiterhin mit Schiefer verkleidet.

So entwickelten sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Deckarten. Meist findet man eine Universal- oder Schuppendeckung, bei der alle Steine gleich hoch und breit sind. Diese preiswerten Deckungen bewirkten auch die Wiederentdeckung des Schiefers in den letzten Jahrzehnten.

Schiefer-Verzierungen
Kunstvolle Schieferverzierungen

Es gibt aber auch sehr kunstvolle und aufwändige Variationen, zum Teil durch Einsetzen andersfarbiger Steine, zum Teil auch durch Deckungen, bei der unterschiedlich große Steine zum Einsatz kommen. Bei der Altdeutschen Deckung beginnt man an der Traufe, wo das meiste Wasser fließt, mit den größten und endet am First mit kleineren und schmaleren Decksteinen.

Deckung mit Ornamenten in Jahnsdorf
Verzierter Giebel an einem Haus in Jahnsdorf

Schieferformate sind standardisiert, die Steine nicht sonderlich dick (nur 4 bis 6 mm), wodurch die Kosten für ein Schieferdach erträglich werden. Dies sowie die ausgezeichnete Witterungsbeständigkeit lassen den Stein zum attraktiven Baumaterial werden. Aber auch der Brandschutz spielt eine Rolle, beispielsweise beim Bau von Eisenbahnstrecken. Zur Zeit der Dampflokomotiven musste man mit herausfallender Glut und Funkenflug rechnen, Böschungsbrände kamen regelmäßig vor. Anwohner mit Holzhäusern sahen dem wachsenden Schienenstrang daher mit gemischten Gefühlen entgegen.

Werners Gehöft, Bahnseite
Fachwerk und Schieferverkleidung: die andere Seite des Alchemnitzer Hauses vom 19. 12. 2006

In Dorfchemnitz begann der Bahnbau am 18. August 1873. Hausbesitzer, welche Gebäude mit Schindel- bzw. Strohdächern oder aber hölzernen Giebeln im Abstand von bis zu 40 Meter von der Bahn besaßen, sollten auf Kosten der Eisenbahngesellschaft ein schiefergedecktes Dach bekommen. Auch die hölzernen Häusergiebel sollten mit Schindeln aus Schiefer versehen werden, um der Brandgefahr durch den Funkenflug der Lokomotiven zu begegnen. (Jürgen Viehweger: "Die Zwönitztalbahn Chemnitz - Aue")

Erinnern Sie sich an das Fachwerkhaus in Altchemnitz, das wir genau vor einem Jahr hier vorstellten? Es steht direkt an der Bahnstrecke Chemnitz-Stollberg und wird auf seiner anderen Seite genau wie beschrieben durch eine Schieferverkleidung vor dem Funkenflug der Dampfloks (erst vor wenigen Wochen kam hier wieder eine vorbei) geschützt.

Viele Details und sogar eine Karte mit den Schiefervorkommen von Lößnitz-Zwönitz findet man im Schieferlexikon.


Version zum Ausdrucken


© Fotos: R. Sontag (4), U. Riedel (1), F. Richter (1)
Ralph Sontag, Die TU-Wichtel im Dezember 2007

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