Adventskalender der TU Chemnitz 2009
Seine weihnachtlichen Krippenfiguren sind formvollendet, schlicht und strahlen Wärme
aus. Doch was ihnen fehlt, ist das Gesicht. Findet man dafür überhaupt Kunden? Der
Drechslermeister Björn Köhler findet sie, mittlerweile sogar weltweit. Seine Figuren
haben bei ihren Fans Kultstatus - nicht nur in Deutschland, auch im fernen Amerika.
Selbst in einer Einkaufsstraße in Singapur kann man die Figuren kaufen. Und sie sind
mehrfach preisgekrönt: Bereits viermal zeichnete ihn der Verband erzgebirgischer
Kunsthandwerker und Spielzeughersteller mit dem Design-Preis "Tradition und Form"
aus. Der Eppendorfer, Jahrgang 1965, hat es geschafft. Er gilt heute als Unternehmer,
der in seiner Branche im wahrsten Sinne des Wortes Zeichen setzt.
Doch der Weg von der Ein-Mann-Werkstatt zum 25-Mann-Unternehmen war schwer. Als Branchenneuling wagte Björn Köhler 1989 nach der Meisterausbildung den Sprung ins kalte Wasser. Im elterlichen Schlafzimmer stellte er einige Maschinen und einen Miniofen auf. Hier schuf er ganz allein fünf Jahre lang seine unverwechselbaren Holzfiguren - Weihnachtsmänner und Krippenfiguren. Bis heute haben sie weder Augen noch Mund. Wenigstens den Weihnachtsmännern gönnt Björn Köhler eine rote Schnapsnase - ebenso seinen Geschenkboten, grünen Männeln und den Eier-Köppen. Konsequent verzichtet Köhler auf verspielte oder verschnörkelte Verzierungen. Schöne Maserungen sollen zur Geltung kommen und nicht mit Farbe überpinselt werden. Holz hat für ihn etwas Ursprüngliches und Ästhetisches, was nahezu nach einer schlichten Verarbeitung an der Handdrechselbank verlangt. Deshalb gleicht hier kein Stück dem anderen. Es entstehen Unikate, die zusammen jedoch unverwechselbar sind. In der Werkstatt wird vorwiegend Fichte aus Sachsen verarbeitet. Aber auch aus heimatlicher Linde, Buche und Ahorn werden lustige Holzfiguren.
Mit seinen sympathisch anmutenden Figuren bereiste Björn Köhler die Welt: Fachmessen
in Frankfurt/Main und Leipzig, Ausstellungen in Basel und Köln sowie Handwerkermärkte
in allen Teilen Deutschlands. Der unermüdliche Kampfgeist des Drechslermeisters hat
sich gelohnt. Mittlerweile beschäftigt er drei Mitarbeiter und 21 Mitarbeiterinnen.
Vergrößern möchte er sein Unternehmen nun nicht mehr, der Platz in der Eppendorfer
Werkstatt ist erschöpft. Zudem soll der handwerkliche Charakter erhalten bleiben. Der
44-Jährige, der selbst immer wieder an der Maschine stehen und nicht in der
Administration versinken möchte, will auch keine Massenproduktion - selbst auf die
Gefahr hin, dass zwischendurch mal eine Figur nicht sofort geliefert werden kann.
Qualität ist und bleibt das oberste Gebot in der Köhlerschen Werkstatt.
Sein erfolgreicher Klassiker ist die 1991 entworfene dreiteilige Figurengruppe
"Christi Geburt", die 1995 den ersten Design-Preis erhielt. Fast jedes Jahr ergänzt
sie Björn Köhler um Zubehör. Mal ist es ein Stall, mal ein Stern oder eine Palme.
Doch die Entwürfe kommen nicht mit Krampf, sondern reifen - mitunter ein Jahr.
Unzählige Zeichnungen entstehen, viele werden verworfen.
In diesem Winter gesellt sich ein Kamel zur Krippe. Seidenweich und warm fühlt es sich an - dank einer aufwändigen Oberflächenbehandlung aller sieben Einzelteile, welche die Voraussetzung ist für die Langlebigkeit der Figur. Je nach Art der Ausführung wird das Holz zunächst gebeizt, mit einer speziellen Grundierung erstmalig dünn lasiert und wiederum von Hand geschliffen. Mit feinem Sandpapier entsteht die Grundlage für den späteren Feinschliff nach einer weiteren Lasur mit Wachs oder Lack. Fertig ist das sympathische Kamel - natürlich wieder ohne Gesicht.
Das Kamel, aber auch alle anderen Figuren zeigen, dass das Köhlersche Design Alleinstellungsmerkmale hat und sich nicht in das traditionelle Brauchtum ihrer Heimat einordnet. In der erzgebirgischen Handwerkstradition verwurzelt ist es jedoch allemal und strahlt nicht nur zur Weihnachtszeit in alle Welt.
© Fotos: M. Steinebach
Mario Steinebach, Die TU-Wichtel
Adventskalender der TU Chemnitz 2009