Adventskalender der TU Chemnitz 2010
Was, von ihm haben Sie noch nie was gehört? Dann waren Sie noch nie im mittleren Erzgebirge unterwegs, denn zumindest dort sind seine "Spuren" überall zu finden. D´r Stülpner Karl - so ist die typisch erzgebirgische Nennung des Namens - ist DER Volksheld des Erzgebirges, der oft auch als Robin Hood unserer Wälder bezeichnet wird. Warum das so ist erfahren wir am besten im mittleren Zschopautal rund um Scharfenstein.
Geboren wurde Carl Heinrich Stülpner am 30. September 1762 im Gänsewinkel in Scharfenstein, unterhalb der meiner Meinung nach heute schönsten Weihnachtsburg des Erzgebirges. Er war das achte Kind armer Leute und musste wie die meisten Kinder damals frühzeitig zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Als sein Vater bei der großen Hungersnot im Erzgebirge 1771/72 starb, kam er bei einem verwandten Förster in Ehrenfriedersdorf unter und lernte dort auch das Jagen. Schon mit 10 Jahren schoss er seinen ersten Rehbock. Nach späteren Aufzeichnungen seines Biographen hatte er schon damals einen "unwiderstehlichen Drang, Tiere zu erlegen."
Und wo zieht es einen sehr jungen Mann mit hervorragenden Schießkünsten hin?
Natürlich zum Militär, wozu er sich freiwillig meldet.
Dort wird er als guter Schütze und Kamerad anerkannt und nimmt 1778/79 am Bayrischen Erbfolgekrieg teil. Danach kehrt er zu seiner Mutter zurück,
um diese zu unterstützen. Da er aber nur Gelegenheitsarbeiten bekommt,
beginnt er in dieser Zeit zu wildern.
Doch schon bald zieht es ihn wieder zum Militär, er lässt sich freiwillig
anwerben, diesmal zum Regiment "Prinz Maximilian" in Chemnitz.
Aber: der Stülpner lässt das Wildern nicht und wird nach Zschopau versetzt.
Obwohl er dort zum Teil mit Wissen seiner Vorgesetzten wildert, wird er
1785 in Chemnitz inhaftiert und muss als Strafgefangener mit ins
Manöver ziehen. Dabei kann er - in Ketten gefesselt!? - nach Böhmen fliehen.
Nun folgen zehn Jahre der Wanderschaft: von Böhmen geht es nach Ungarn, wo er sogar zeitweise als Jäger angestellt war. Dann kam er über Österreich und die Schweiz nach Bayern und Hessen. Er wird Soldat, desertiert, kommt kurzzeitig in die Heimat, wildert ein bisschen und muss wieder über Böhmen nach Bayern verschwinden, wird später erneut Soldat und im Krieg 1792 gegen Frankreich verwundet. 1794 kehrt er nach Scharfenstein zurück.
Jetzt beginnt die Zeit, die ihn zum erzgebirgischen Volkshelden macht. Als unerschrockener Wildschütz und Schmuggler unterstützt er die Armen und verteidigt sie gegen anmaßende Beamte und Räuber, die unter seinem Namen ihr Unwesen treiben. Einmal soll er sogar allein die Burg Scharfenstein belagert haben. Die Scharfensteiner dankten es ihm, indem sie ihn mehrfach vor der Verhaftung bewahren. Wieviele der Geschichten um seine Heldentaten wirklich wahr sind, kann niemand sagen. Stülpner selbst sorgt in späteren Jahren dafür, dass sein Ruf als Volksheld genährt wird.
Und natürlich "wildert" er auch beim anderen Geschlecht. Ausgerechnet in die Tochter des Scharfensteiner Ortsrichters verliebt er sich. Logisch, dass die ersten beiden Kinder unehelich sind, denn welcher Ortsrichter kann so einen Schwiegersohn akzeptieren.
Nachdem ein Gnadengesuch bewilligt wurde, muss er 1800 wieder zum Chemnitzer
Regiment zurück, wird 1806 in der Schlacht bei Jena verwundet, gefangen und
flieht wieder nach Böhmen, wohin ihm seine Gefährtin aus Scharfenstein folgt.
Sie heiraten und leben in Böhmen, bis seine Frau dort 1820 stirbt. Ihre gemeinsamen Kinder haben auch nicht lange gelebt.
Nach einer
zweiten Ehe kehrt Stülpner fast siebzigjährig und an grauem Star erkrankt nach
Sachsen zurück und erzählt dort vielerorts seine Geschichten.
1835, noch zu Lebzeiten Stülpners, erscheint die erste Biographie, die aber beschlagnahmt und verboten wird. Die letzten beiden Jahre seines Lebens ist er ein Pflegefall und wird - auf Beschluss der Gemeinde Scharfenstein - reihum von den Dorfbewohnern versorgt. Am 24. September 1841 verstirbt er schließlich ganz in der Nähe seines Geburtshauses. Sein Grabstein ist noch heute auf dem alten Friedhof in Großolbersdorf zu sehen.
1973 flimmerte seine Geschichte sogar als siebenteilige Fernsehserie über die ostdeutschen Fernsehschirme und wer war wohl besser geeignet für die Rolle als erzgebirgischer Rebell als Manfred Krug.
Wir trafen "Herrn Stülpner" kürzlich auf dem Schlosshof von Scharfenstein, und auf den Scharfensteiner Pyramiden dreht er noch unermüdlich seine Runden.
Wer mehr über Karl Stülpner erfahren möchte, wird zum Beispiel bei Wikipedia oder auf verschiedenen anderen Seiten über das Erzgebirge fündig. Und ein Teil des Museums auf der Burg Scharfenstein erzählt natürlich auch Stülpners Geschichte.
© Fotos: U. und W. Riedel
Ursula Riedel, Die TU-Wichtel
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