Als Kinder haben wir in meinem Heimatort am Nordrand des Erzgebirges oft am Anton-Günther-Weg gespielt. Wie bei uns gibt es in vielen Orten des Erzgebirges Straßen, Plätze und Wege mit dem Namen des bekanntesten Heimatdichters der Region.
Mit auch heute noch oft gesungenen Liedern wie „Vergaß dei Haamit net“ und dem bekannten „Schneeschuhfahrermarsch“ und vielen mehr hat er sich in die Herzen der Erzgebirger gesungen.
Sein Lied „Deitsch on frei wolln mer sei!“ galt gar als „erzgebirgische Nationalhymne“.
Begeben wir uns doch heute mal auf die Spuren von Anton Günther – woher stammte er und wie sah sein Leben aus?
Geboren wurde Anton Günther am 5. Juni 1876 in Gottesgab, dem heutigen Boží Dar, wo er am 29. April 1937 auch verstorben ist. Sein Geburtshaus und das gepflegte Grab sind in dem kleinen böhmischen Erzgebirgsort leicht zu finden, Die berühmte „Dreckschänke“ ist heute leider dem Verfall preisgegeben.
Anton Günther war das zweitälteste von sieben Geschwistern. Er besuchte die Schule in Joachimsthal (Jáchymov) und lernte in dieser Zeit von Bergmusikanten des dortigen Bergbaugebietes das Musizieren.
Im sächsischen Buchholz, das heute zu Annaberg gehört, erhielt er nach der Schule eine Ausbildung als Lithograph.
Nach der Lehre arbeitete er in diesem Beruf in Prag. Dort, fern von der Heimat, entstand auch sein erstes Lied – „Drham is Drham“ – in dem er die Sehnsucht nach der Heimat in Worte fasste. Weitere Mundartlieder folgten und hatten viel Erfolg, die Nachfrage war groß. Da hatte er – als gelernter Lithograph – die Idee, Postkarten mit den begehrten Liedern zu drucken, die er mit selbst entworfenen Bildern schmückte. Er gilt damit als Erfinder der Liedpostkarten.
Nach dem Tod seines Vaters kehrte er in die Heimat zurück, um Mutter und Geschwister zu unterstützen. In den folgenden Jahren entstanden immer neue Lieder, Gedichte und Erzählungen, die nicht nur in seiner erzgebirgischen Heimat sondern im gesamten deutschsprachigen Raum große Anerkennung fanden. Er wurde zum Beispiel zu Liederabenden nach Dresden, Leipzig, Berlin und Wien eingeladen.
Der erste Weltkrieg führte durch die Gründung der Tschechoslowakischen Republik zu einer veränderten politischen Situation im deutsch-böhmischen Grenzland. Anton Günther nutzte seine Beliebtheit in der Religion und setzte sich für ein friedliches Miteinander ein.
Anfang der 20-er Jahre entstanden mit seinen Liedern Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen, die zum Teil richtige „Ohrwürmer“ wurden: „Arzgebirg, wie bist du schie“, „s is Feierohmd“, „Wu de Wälder haamlich rauschen“ und viele mehr.
Anlässlich seines 60. Geburtstages 1936 erhielt er viele Ehrungen, z.B. vom Erzgebirgsverein. Seine Heimatstadt setzte ihm einen Gedenkstein und benannte eine Straße nach ihm. Anton Günther war überwältigt von den Ehrungen, was aber nur kurzzeitig seine Enttäuschung über die politische Entwicklung in Deutschland verdrängte, die seine Schaffenskraft hemmte. Im folgenden Jahr wählte er deshalb den Freitod.
Heute können wir auf schönen Wanderwegen im sächsisch-böhmischen Grenzgebiet den Spuren von Anton Günther folgen. Von Oberwiesenthal nach Boží Dar führt der Anton-Günther-Weg durch den Zechengrund. Jedoch ist dieser Weg recht schmal und steil und im Winter deshalb nicht ganz ungefährlich. Alternativ kann man besser den breiten Wanderweg «Alte Poststraße» benutzen.