Adventskalender gehören seit langem zur Weihnachtszeit dazu. Das vermutet man. Jedoch so alt sind die Kalender mit den 24 Türchen nun auch wieder nicht. Eine Ausstellung im Chemnitzer Schloßbergmuseum, die wir WWW-Wichtel der TU Ende 2014 besuchten, öffnete auch uns die Augen. Gezeigt wurde eine Auswahl von Adventskalendern aus mehr als hundert Jahren, die aus der Sammlung von Katharina Metz (Kunstsammlungen Chemnitz) stammen, die etwa 400 Kalender zusammengetragen hat. In der Ausstellung war zu erfahren, dass der Adventskalender erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts in gedruckter Form aufkam. Bis dahin wurde in vielen religiösen Bürgerstuben, wo sich um 1850 das Weihnachtsfest auch als Geschenkefest etablierte, die Zeit des Wartens auf den Heiligen Abend für die Kinder facettenreich verkürzt. Mal waren es 24 Fähnchen an einem Baum, mal 24 liebevoll verpackte Gebäckstücke oder einfach nur 24 Kreidestriche an einer Wand, von denen die Kinder täglich einen wegwischen durften.
Die Idee der Zählhilfe für die Adventstage bis zum 24. Dezember wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts von Verlagen aufgegriffen. Den ältesten gedruckten Adventskalender veröffentlichte 1902 eine evangelische Buchhandlung in Hamburg. Es war eine Weihnachtsuhr für Kinder. Dieses Motiv tauchte danach jahrzehntelang immer wieder auf. Als eigentlicher Erfinder des Adventskalenders gilt jedoch der Pfarrerssohn Gerhard Lang aus München, dessen Verlag Reichhold & Lang 1903 den ersten Weihnachtskalender herausgab. Die Kalender hatten zunächst Abreißblätter zum Einkleben, später drehbare Scheiben oder Figuren zum Herausschieben. Die uns heute vertrauten Kalender mit Türchen, hinter denen sich ein Bild, eine Nascherei oder ein kleines Geschenk verbirgt, kamen erst in den 1920er Jahren auf.
In der Ausstellung im Chemnitzer Schloßbergmuseum wurde dank zahlreicher Hintergrundinformationen schnell deutlich, dass Adventskalender immer auch ein Spiegel ihrer Zeit sind. Waren sie anfangs noch sehr christlich geprägt, wurden sie später von der Werbung entdeckt. Auch das politische System im Land wird von einigen Kalendern gut reflektiert - zum Beispiel die Zeit der „Rosinenbomber“ während der Berlin-Blockade oder die „Vorweihnachtskalender“ der DDR, deren Gestaltung mitunter der weihnachtliche Charme fehlte. Etwas schmunzeln mussten wir beim Anblick des Kalenders „Hochhaus mit Hubschrauber und Weihnachtsmann“ aus dem Jahr 1982. Auf einem Plattenbau trohnt eine große Antenne, mit der man damals „Westfernsehen“ empfangen konnte. Neben dem Haus parken ein Wartburg und ein Trabbi und weiter hinten kommt ein VW Golf um die Ecke, den sich in der DDR nur wenige leisten konnten. Dem Ministerium für Kultur in Berlin, dem alle Entwürfe der Adventskalender etwa ein Jahr vor der Herausgabe zur Genehmigung vorgelegt werden mussten, war dieser kleine Seitenhieb wohl nicht aufgefallen.
Besonders systemtreu wirkte ein Adventskalender aus dem Jahr 1973, der den Blick in ein Ostberliner Wohnzimmer zeigt und als Aufklappmotiv Jungpioniere zu sehen sind.
Deutlich wurde in der Ausstellung auch, dass insbesondere in Sachsen aufgrund der zahlreichen hier ansässigen Verlage und Druckereien sehr viele Adventskalender das Licht der Welt erblickten. Zudem wurde gezeigt, wie liebevoll viele Gestalter - insbesondere für die Hauptzielgruppe Kinder - sehenswerte kleine Kunstwerke schufen.
Völlig außen vor blieb im Schloßbergmuseum – und das ist nachvollziehbar - der vermutlich erste kommerzfreie Online-Adventskalender der Welt – nämlich der Adventskalender der TU Chemnitz, den es seit 1995 gibt. Für ihn bieten wir aber allen Fans im Internet unsere eigene nostalgische Ausstellung an.