Der Schwibbogen war schon häufig Thema hier im Adventskalender. Seine Entstehungsgeschichte als weihnachtliche Dekoration ist eng mit dem Erzgebirge und dem Bergbau verbunden. Inzwischen gibt es Schwibbögen in allen erdenklichen Gestaltungsformen. Einer, der es geschafft hat, sich mit wirklich außergewöhnlichen Bögen abzuheben, ist der Seiffener Klaus Kolbe mit seiner Manufaktur, die in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen feierte.
Die erzgebirgische Tradition spielte in der Familie Kolbe schon immer eine Rolle. Der 1944 geborene Klaus Kolbe erlernte mit dem Beruf des Möbeltischlers ein solides Handwerk, bei dem er mit dem natürlichen Rohstoff Holz arbeiten konnte. Bis zum Werksleiter brachte er es in den Achtzigerjahren. Noch vor der Wende begann er als Selbstständiger, eigene Ideen in Holz umzusetzen. Beim Maler Max Christoph erlernte er für seinen künstlerischen Anspruch unverzichtbare grafische Techniken.
Als Arbeitsgrundlage für die 1990 zusammen mit seiner Ehefrau gegründete Manufaktur diente der um 1935 von Max Schanz gestaltete Schwibbogen mit beleuchteter durchscheinender Rückwand und gemaltem Wintermotiv der Seiffener Kirche, an dem er die Rechte erwarb. Mit Unterstützung der Familie kamen bald neue Ideen wie bergbauliche Motive zur Umsetzung. Besonders aufwändige Bögen werden nur in limitierter Stückzahl hergestellt. Ein erster Höhepunkt war die Darstellung einer historischen Mettenschicht unter der Seiffener Winterlandschaft. Bei der Vermarktung der Erzeugnisse, die bis heute in Eigenregie erfolgt, half das große Interesse regionaler Medien. Das Firmengebäude, welches zugleich auch das Eigenheim der Familie ist, wurde um Werkstatt und Verkaufsraum erweitert, Maschinenpark und Mitarbeiterzahl wuchsen.
In der zwischen 1994 und 2003 umgesetzten Agricola-Trilogie kamen erstmals mechanische Elemente zum Einsatz: zunächst Schnüre, später hölzerne Zahnradgetriebe, jeweils von einem Motor angetrieben. Mit den Bögen der Serie „Vom Bergmann zum Spielzeugmacher“, in der die erzgebirgische Geschichte im Setzkastenprinzip dargestellt wurde, gewann Klaus Kolbe 1995 den ersten von zahlreichen Designpreisen. Zu den bergmännischen Motiven gesellten sich in der Folgezeit markante Kirchen des Erzgebirges. Echte Meisterwerke entstanden 2002 mit dem beweglichen Schwibbogen, der Frauenkirche und Striezelmarkt in Dresden zeigt und zudem noch über eine Spieluhr verfügt, und 2006 mit dem „Seiffener Weihnachtstraum“, der mit Weihnachtsmarkt, Pyramide und Bergwerk ebenfalls viele bewegliche Elemente aufweist.
Die künstlerischen Darstellungen der Kolbe-Bögen sind keineswegs Fantasiegebilde. Allen Darstellungen gehen umfangreiche Recherchen voraus, um die Geschichte so exakt wie möglich abzubilden. So geschehen auch bei dem beweglichen Bogen mit Pobershauer Motiven. In der dortigen Böttcherfabrik waren in den letzten Jahren in der Weihnachtszeit häufig die zahlreichen Schwibbögen aus der Manufaktur Kolbe zusammen mit Gemälden von Max Christoph ausgestellt. Durch Kontakte zur Bergsicherung Schneeberg entstand 2010 anlässlich des 20-jährigen Firmenjubiläums der Manufaktur ein beweglicher Bogen mit dem Namen „Silbernes Schneeberg“.
Die neuesten Kreationen der Manufaktur sind die zweite Auflage des „Dresdner Striezelmarktes“ aus dem Jahr 2013, die nun auch ein „Leben untertage“ hat, und der Schwibbogen „Christi Geburt“, der ein in der Firmengeschichte völlig neues Thema aufgreift. Die Inspiration dafür kam vom Meisterstück von Kolbes Enkelin Jenny Mattheß, die das Unternehmen inzwischen leitet. Denn Klaus Kolbe, der noch 2014 zum Botschafter des Erzgebirges ernannt wurde, erlebte das 25-jährige Bestehen seiner Firma nicht mehr. Er verstarb im März dieses Jahres nach langer schwerer Krankheit. Sein letztes Werk blieb unvollendet. Klaus Kolbe lebt aber weiter - als lebensgroße Holzfigur im Verkaufsraum seiner Manufaktur und in unzähligen Wohnzimmern mit seinen beeindruckenden Werken.
Hintergründe zu den Schwibbogenmotiven sowie Videos der bewegten Bögen auf den Seiten der Manufaktur Klaus Kolbe.