Das Erzgebirge ist geprägt von jahrhunderte langem Bergbau. Praktisch an jeder Ecke findet man noch Überbleibsel aus dieser Zeit. Halden, Kunstgräben, Pochwerke, Schmelzhütten, Verwaltungsgebäude oder Stolleneingänge findet man in zahlreichen Orten - oder auch einfach mitten im Wald. Die Hunte, die man häufig am Straßenrand stehen sieht, sind ebenfalls offensichtliche Hinweise auf Bergbautätigkeit in der Gegend. Am lebendigsten bleibt die Geschichte natürlich in Besucherbergwerken. Blättert man in Tourismusmagazinen aus der Region oder schaut man sich in Tourismusinformationen um, stößt man garantiert auf Artikel oder Flyer über Schauanlagen in Ehrenfriedersdorf, Freiberg, Oelsnitz oder Annaberg-Buchholz, evtl. auch noch Bad Schlema, Pöhla, Waschleithe oder Deutschkatharinenberg. Diese bekannten Bergwerke werden jährlich von tausenden Interessierten besucht und verfügen auch über dementsprechende Infrastruktur. Führungen finden z. T. mehrmals täglich und in großen Gruppen statt. Neben diesen Anlagen gibt es zahlreiche weitere, die wir in den letzten Jahren schon einmal hier im Kalender erwähnt haben, zuletzt in Rätselform. Diese haben meist nur an bestimmten Wochentagen, aber immerhin regelmäßig geöffnet.
Und dann gibt es noch Besucherbergwerke, die teilweise nur an einem oder zwei Tagen im Jahr oder sogar nur nach Voranmeldung besichtigt werden können. Man mag kaum glauben, an wievielen Stellen kleine Vereine nach Feierabend und am Wochenende in alten Stollen arbeiten, um diese dauerhaft für die Nachwelt zu erhalten oder wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch Recherchearbeit in alten Archiven gehört dazu. Um den Status eines Besucherbergwerks zu erhalten, sind hohe Hürden zu bewältigen. Dies ist natürlich auch mit entsprechenden Kosten verbunden. Und das sieht man: In den alten Bergwerken, die meist erst seit wenigen Jahren oder Jahrzehnten wieder geöffnet sind, gibt es noch viel zu tun. Wasser abpumpen, Schlamm oder Verfüllmaterial entfernen, Sicherungsarbeiten und soagr neue Stollen und Schächte auffahren. An der Enge und Dunkelheit hat sich dabei natürlich nichts geändert, so dass man schon viel Enthusiasmus braucht, um dabei mitzuarbeiten. Vier derartige spannende Bergwerke sollen heute beispielhaft vorgestellt werden.
Der Pöhlberg als einer der drei Basalt-Tafelberge im Erzgebirge ist von Stollen durchzogen. Am Osthang bei Geyersdorf befinden sich die St.-Briccius-Stollen. Beginnend im 15. Jahrhundert wurden hier hauptsächlich Kupfererze und etwas Silber abgebaut, ab dem 17. Jahrhundert aber kaum noch gewinnbringend. 1892 endete die Bergbautätigkeit vorerst. Untersuchungen im 20. Jahrhundert verliefen erfolglos. 1982 begonnen Bergbauinteressierte mit der Erkundung und Sanierung der Grube, seit 2000 als Verein „Gewerkschaft St. Briccius“. 600 m Stollen haben die knapp 15 Mitglieder bisher für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diese können an wenigen Tagen im Jahr nach Voranmeldung besichtigt werden. Nach kurzem Aufstieg zum Pöhlberg kann man in eigener Kleidung durch den Schlamm kriechen, das aber auf sehr interessanten Wegen. Licht gibt es nur aus der Stirnlampe.
Im Lößnitzer Kuttengrund befindet sich der Reichenbachstollen. Hier wurde seit etwa 1500 nach Silber gesucht. Hauptsächlich wurden aber Arsen- und Bleierze abgebaut. Zahlreiche Erweiterungen vergößerten das Stollensystem. Mit Unterbrechungen wurde bis 1927 gefördert. Seit 1992 kümmert sich der Verein „Historischer Erzbergbau Lößnitz“ um das Gebiet, seit 2005 können Besucher regelmäßig einfahren. Diese müssen dazu eine kleine Wanderung durch den Wald unternehmen. Anschließend folgen 300 m im Stollen, bevor 30 m im Schacht zu erklimmen sind. Angekommen in einem der ältesten Teile des Bergwerks können nun zahlreiche erhaltene Einbauten besichtigt werden.
Eine interessante Geschichte besitzt der sogenannte Engländerstollen bei Weißbach. Erst 1944 wurde er aufgefahren - durch 20 englische Kriegsgefangene. Es sollte Wolframit abgebaut werden. Doch dazu kam es nicht mehr, weil schon bald nach Kriegsende die Arbeiten eingestellt wurden. Innerhalb eines Jahres waren 215 m Stollen sowie 138 m abgehende Strecken mit einer Höhe und Breite von jeweils rund zwei Metern gegraben worden. Dabei stieß man auf den 700 Jahre alten Martin-Römer-Stollen. 2003 öffneten die Kirchberger Natur- und Heimatfreunde den 1991 verschlossenen Engländerstollen wieder. Seit 2005 kann er zum Tag des offenen Denkmals besichtigt werden. Die Befahrung ist relativ komfortabel. Dreckig wird hier niemand.
Der Verein „Hülfe des Herrn Fundgrube“ ist seit 1987 im Zschopautal nördlich von Frankenberg aktiv - heute mit zwölf aktiven Mitgliedern. 1990 begann man, den 1948-51 entstandenen Wismutstollen zu erkunden, denn auch hier war die Wismut auf der Suche nach Uran gewesen. Gleichzeitig erkundete der Verein auch den aus dem 18. Jahrhundert stammenden Hülfe-des-Herrn-Stollen. 1993 konnten erste Teile als Besucherbergwerk freigegeben werden, welches seitdem kontinuierlich erweitert wurde. Der Besucher durchquert zuerst eine Halden- und Pingenlandschaft im Wald, bevor er den alten Stollen erreicht. Der Altbergbau ist nur nach Anmeldung und in eigener Bekleidung zugänglich. Von hier aus gelangt man auch in den geräumigeren Wismutstollen. Zur Ausfahrt muss noch einmal geklettert werden.