Mit leuchtender Fassade und einer einladenden Grafik macht ein Haus in Schlema auf sich aufmerksam. Was auf den ersten Blick wie ein normales Wohnhaus wirkt, zeigt bei genauerem Hinsehen schon durch die Fenstergestaltung, dass dessen Geschichte noch etwas mehr bietet. Tatsächlich war das Gebäude ein Pumpenhaus, bevor es im Jahre 2004 seine heutige Aufgabe erhielt: ein Backhaus.
Wie kommt man nach der Jahrtausendwende noch auf die Idee ein Backhaus zu bauen? Wer bäckt sein Brot noch selbst? Die meisten Menschen haben einen Bäcker in der Nähe oder holen ihr Brot in vielerlei Sorten im Supermarkt.
Backhäuser waren eigentlich eine Brandschutzeinrichtung. Die Backöfen in den Gehöften der Dörfer waren zu häufig Ursache für Feuersbrünste, so dass die Gemeinden Backhäuser in feuersicherer Entfernung von Wegen und Gebäuden errichten ließen – auch zum Unmut derer, die gern ihren eigenen Backofen weiterbetrieben hätten.
Der heutige Vereinsvorsitzende Jens Müller wurde bei einem Besuch in so einer Einrichtung in Franken bei Waldenburg von der Idee eines eigenen neuen Backhauses ergriffen. Das liest sich recht sachlich, doch leider lässt sich der würzige Geruch beim Backen, die Hitze des Ofens, das Knistern des Feuers, das Gefühl beim Kneten der zähen Teigmasse und das unglaubliche Aroma beim Kosten des frischen Brotes nur unzureichend mit Worten vermitteln.
Wer seine Arbeitstage in Büros oder Verwaltungen verbringt, erlebt bei seiner Arbeit nur selten so vielfältige Eindrücke für alle seine Sinne wie beim Backen im Backhaus. Entsprechend groß ist die Faszination, die so ein Backtag auf die Beteiligten ausübt. Aus den anfänglich 13 Enthusiasten sind inzwischen immerhin 34 Vereinsmitglieder geworden.
Und sie backen nicht nur für sich selbst – zum Osterbacken oder zum Backhausfest kommen zahlreiche Besucher. Gelegentlich gibt es auch individuelle Backveranstaltungen, bei denen die Gruppe gemeinsam bäckt und anschließend jeder sein eigenes Brot mitnehmen kann.
Der Vorbereitungsaufwand ist enorm – weswegen Termine langfristig vereinbart werden müssen. Für die berufstätigen Ehrenamtlichen bedeutet das dann, dass sie schon Tage vorher früh um vier Uhr zum Heizen aufstehen und anschließend zur Arbeit fahren.
Ein Backtag nimmt für die Besucher etwa einen halben Tag in Anspruch – im Gegensatz zu den professionellen Bäckern haben die Gäste nicht den Anspruch, das Brot bereits um 6.00 Uhr fertig zu haben. Sie beginnen erst nach dem Frühstück (oder noch später, denn Vormittagstermine sind wegen der Berufstätigkeit der Vereinsmitglieder schwer zu realisieren).
Teig kneten, Brote formen, aber auch Wissensvermittlung bestimmen den Tag. Es gibt tatsächlich Besucher, die sich gar nicht vorstellen konnten, wieviel Arbeit in einem Brot steckt – egal ob von Maschinen oder Menschen geleistet.
Wenn das Brot gebacken, der Ofen aber noch heiß ist, kann man die Gelegenheit auch nutzen und gemeinsam eine Pizza belegen. Beim Essen klingt der Backtag dann aus, mit einem Dank an Menschen, die neben ihrer Arbeit ein solches Kleinod in unserer Heimat schufen und betreiben.
Tipp: Wer abgeholt wird, sollte noch eine Kostprobe bereitlegen: Der Duft, den das Brot in Auto, Bus oder Bahn verströmt, lässt allen anderen Fahrgästen sichtbar das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Weitere Informationen unter www.backhaus-schlema.de.