Adventskalender 2019 der TU Chemnitz

„Schie wieder su e Chamzer“

Einmal als Mäuschen bei einer Mundart-Theaterprobe

Ein Blick auf das Bühnenbild von 2012

Als einer von mehreren Theatervereinen der Region hat der Erzgebirgische Theaterverein Hormersdorf e. V. den Erhalt und die Pflege der schönen erzgebirgischen Mundart zum Ziel. Seit 1993 gibt es ihn – und damit schon ein kleines bisschen länger als unseren Adventskalender. Bereits in den 50ern wurden wohl aber kleine Stücke von den Bauern im Dorf gespielt. Aktuell laufen die Proben zum neuen Stück „De Gewaltkur“, das im März zur Aufführung kommt.

Beim Kartenvorverkauf am 16. November waren binnen zweier Stunden alle 2000 Karten für die insgesamt zehn Vorstellungen ausverkauft. Wer einmal einer Aufführung beigewohnt hat, kann das große Interesse sehr gut nach­voll­ziehen, und dass Mundart hier nicht nur gespielt, sondern auch gelebt wird, sieht man deutlich an der Mischung des Publikums – alle Altersgruppen sind vertreten.

Diszipliniert wird geprobt, das Lachen kommt natürlich trotzdem nicht zu kurz.

Seit Kurzem laufen die Proben für das neue Stück. Jeden Dienstag findet sich die Gruppe im Hormersdorfer Gasthof „Zum Löwen“ ein. Dieses Jahr darf ein TU-Wichtel hinter die Kulissen schauen und vorab lauschen. In den Räumen des Vereins gibt es einen herzlichen Empfang und leckeren Punsch. Dann geht es auch schon los mit den Proben fürs Stück, in dem es um allerlei Leiden und Mittelchen dagegen geht. Die Freude und das Herzblut, mit denen die Akteure bei der Sache sind, schwingen die ganze Zeit mit. Hin und wieder werden live Anpassungen vorgenommen – beispielsweise wird kurzerhand der Name des früheren Dorfzahnarztes eingebunden. Man kann sich gut vorstellen, dass sich das Publikum genau durch diese Form der Lebendigkeit in den Geschichten wiederfindet.


Plakate und Zeitungsartikel aller Aufführungen wurden gesammelt.

Als Wichtel, der für einen Chemnitzer Advents­ka­lender schreibt, ist na­türlich besonders witzig, dass im Stück auch eine „Chamzerin“ (Chemnitzerin) vorkommt, welche einen Artikel über die jüngsten Ereignisse in Hormersdorf verfassen möchte. „No du liebe Zeit, schie wieder e Chamzer!“ wird sie begrüßt, und die Stelle entlockt mit einem Blick auf den Wichtel­besuch allen ein Schmunzeln. Die hochdeutsch angelegte Rolle der Chamzerin (immerhin ist sie Journalistin) ist nicht der einzige sprachliche Ausflug im Stück, auch auf einen Dresdner Kommissar und eine böhmische Wunderheilerin darf man sich freuen.

Gibt es bei den Aufführungen passend zum jeweiligen Stück
Manche Vorlagen haben schon fast 100 Jahre auf dem Buckel.

Nach etwa zwei Stunden Probe ist noch Zeit für ein paar Fragen. 80 Mitglieder hat der Verein, etwa 35 davon sind aktiv – nicht zwangsläufig auf der Bühne, denn auch Techniker, Bühnen­bauer, Masken- und Kostüm­ver­ant­wortliche, Caterer, Ordner und Platz­einweiser werden in einem Theater gebraucht.

Die Planung für eine neue Auf­führung beginnt bereits im Sommer bei einem schönen Grillen. Dann wird zunächst geschaut, welche Schau­spie­ler zur Ver­fügung stehen und überlegt, welches Stück am besten passt. Dabei kann auf einen großen Fundus zurück­ge­ge­griffen werden: In den Vereins­räumen gibt es mehrere Ordner mit teilweise sehr alten Mundart-Heften und auch mit anderen Theatervereinen steht man in regem Austausch. Manchmal werden die zu erzählenden Geschichten sogar aus dem Hochdeutschen übersetzt. Nicht immer gibt es ein neues Stück – zum 25jährigen Jubiläum vor zwei Jahren wurde das erste Stück des Vereins „De Rutkat“ in neuer Besetzung wiederholt.


Man ist mit Freude dabei.

Damit im März alles sitzt, beginnen die Proben kurz vor Beginn der Adventszeit. Etwa zwei Monate vor der Auf­führung steht auch das Bühnen­bild. Im Moment sitzen alle noch um einen Tisch. Nur die böhmische Wunder­heilerin schreitet durch den Raum und, wie man im Bild gut sehen kann, zur Tat.

Junge Nach­wuchs­schau­spieler hat es bisher immer gegeben, sie stoßen über die Familie oder den Bekannten­kreis hinzu. Allerdings habe man mit einem notorischen Männermangel zu kämpfen. So komme es hin und wieder vor, dass Männerrollen kurzerhand in Frauenrollen um­ge­schrie­ben werden. An dieser Stelle möchten wir also die Männer, die des Erzgebirgischen mächtig sind und Freude am Schauspiel haben, herzlich ermutigen, der Einladung des Vereins zum Mit­machen zu folgen – es ist eine wirklich dufte Truppe, mit der es definitiv nicht nur bei den Vorbereitungen für die Bühnenstücke sehr viel Spaß gibt.

Neben dem Kontakt zu Theatervereinen der Region gibt es auch einen Partnerverein im mittelfränkischen Obermichelbach. Da interessiert es natürlich, ob das Verstehen bei Aufführungen untereinander immer gegeben ist. Das sei ziemlich problemlos, bekräftigen alle. Die Obermichelbacher müssten allerdings durchaus mal eine kleine Liste mit Übersetzungen besonderer erzgebirgischer Ausdrücke bei der Aufführung bereitlegen. Dann werde eben zeitversetzt gelacht. Obwohl es natürlich gebürtige Hormersdorfer im Verein gibt, stehe derzeit im übrigen keiner auf der Bühne, die Vereinsmitglieder stammen auch aus Auerbach, Günsdorf, Thalheim, Jahnsdorf, Zwönitz und Gornsdorf. Trotz der unterschiedlichen Dialektfärbung verstehen sie sich eben doch, die Erzgebirger.

Alle Darsteller in „De gemischte Sauna“ 2016

Auf der Facebookseite des Vereins findet man aktuell ein paar Appetithäppchen. Bis zur Premiere werden dort Worträtsel in Form von Begriffen aus dem Stück veröffentlicht. Die Leser dürfen raten, worum es sich dabei handelt. In den Kommentaren wird nochmal deutlich, dass Erzgebirgisch nicht gleich Erzgebirgisch ist: „dos haast Kuuuuuuungblach!“ ist dort beispielsweise unterm „Kochenblach” zu lesen. Ja, und hätten Sie gewusst, was ein „Zäähmaa“ ist?