Spitzbubn laafen überol genung in dr Walt rüm. Mr derkennt se när nett
geleich alle. Do sei aah emol zwee sette Halunken korz vür Weihnachten
in unner Dorf kumme. Wie se benn Franz senn Heisl vorbeimachtn, so sogn se
gerod, wie dr Franz in Huf e Gans, e schiens fettigs Tierle, geschlacht hot.
Se hamm sich nu eweng in dr Näh rümgedrückt un beobachtet, wie dr Franz dos
schiene Weihnachtsgansl noochener Weile uhm an Hausgiebel in en Hoken hänget.
Nu sei doch die Heisl bei uns ubn nett esu sehr huch, is is do gar nett esu
schwaar für de Spitzbubn, dohi ze kumme, wu se hi wölln. Die zwee habn sich
nu enanner zugezwinkert. Se sei noch eweng spazieren gange, un wie's
draußen duster war und eweng e ze schneie fing, do hamm se sich zum
Franzheisl heschlichen, hamm ganz frech vun Huf de Latter nan Giebel
gelegt, un dar aane is naufgeklattert un wollt nu dos Gansl runterhuln.
Do kam ganz durch Zufall unner Schutzma, dr Herrschte, üm dr Eck rüm, sieht dan do ubn und schreit: „Nu, wos machen denn Sie do ubn, he!“ Do maanet dar annere, dar unten Schmier stand: „Herr Schutzma, is is e Überraschung, schreie Se när nett esu, sinst verdarbn Se uns ne Spaß. Dr Franz is doch e Freind von uns noch ausn Krieg haar, un dar hot doch morgn sein Geburtstag. Dar söll sich freie, wenn'r morgn früh is Schlofstubnfanster aufmacht, hängt als Geschenk e Weihnachtsgansl dra.“ „Nu horscht mol“, saat dr Schutzma, „su wos könnt ihr doch aah an Tog machen und nett in dr halbn Nacht, wu's verdachtig aussieht.“ „Nu, do hamm se aah racht, Herr Schutzma“, saat dr Aane und riefet nauf ze senn Freind: „Emil, kumm wieder runter. Breng is Gansl wieder mit. Mr hänges morgn früh nauf.“ “
Spitzbuben laufen überall auf der Welt herum. Man erkennt sie nur nicht
gleich alle. So sind einmal zwei Halunken kurz vor Weihnachten in unser Dorf
gekommen. Als sie beim Haus vom Franz vorbeigekommen sind, so sahen sie
gerade, wie der Franz im Hof eine Gans geschlachtet hat, ein schönes
fettes Tier. Sie haben nun etwas in der Nähe herumgedrückt und beobachtet,
wie der Franz die schöne Weihnachtsgans nach einer Weile oben am Hausgiebel
an einen Haken hängt.
Nun sind die Häuser bei uns oben nicht sehr hoch,
so dass es für die Spitzbuben gar nicht so schwer ist, dorthin zu kommen,
wo sie hin wollten. Die zwei haben sich einander zugezwinkert. Sie sind
noch etwas spazieren gegangen, und als es draußen finster war und etwas zu
schneien begonnen hatte, da sind sie zum Haus vom Franz geschlichen,
haben ganz frech die Leiter vom Hof an den Giebel gelegt, und der eine ist
raufgeklettert und wollte die Gans herunter holen.
Da kam ganz durch Zufall unser Schutzmann (Dorfpolizist) um die Ecke herum, sieht den da oben und schreit: „Was machen Sie denn da oben, he!“. Da meinte der andere, der unten Schmiere stand: „Herr Schutzmann, das ist eine Überraschung, schreien Sie doch nicht so, sonst verderben Sie uns den Spaß. Der Franz ist doch ein Freund von uns vom Krieg her, und der hat doch morgen Geburtstag. Der soll sich freuen, wenn er morgen früh das Schlafstubenfenster aufmacht, hängt als Geschenk eine Weihnachtsgans dran.“ „Nun hört mal“, sagte da der Schutzmann, „so etwas könnt ihr doch auch tagsüber machen und nicht mitten in der Nacht, wo das verdächtig aussieht.“ „Nun, da haben Sie aber recht, Herr Schutzmann“, sagt da der eine und ruft zu seinem Freund nach oben: „Emil, komm wieder 'runter. Bring die Gans wieder mit. Wir hängen sie morgen früh auf.“
❄ ❄ ❄
Bargleit, Hammerschmied un Waldleit, dos warn unnere alten Leit in Arzgebirg. War denkt do nett an de alte Silberzeit vun Arzgebirg, wie domols in Freibarg, Annabarg un Schneebarg is Barggeschrei erklang. Aah heit is unner Arzgebirg wieder zum Bargmannsland wurn. Vun Annabarg über Johann'stadt bis zum Vogtland suchn Zahtausende unter unnrer Haamitard nooch Uran un Wismut. Is sei aah noch Bargleit aus dr Silberzeit drbei.
Neilich, zum Tog des Bargmanns, trof iech in Neustadtel en alten Steiger Börner-Edeward. Dar is schu in de achzig Gahr, ober wenn Bargfest is, do marschiert dar immer mit auf. Dar kimmt also in seiner Parademontur ben Neistadtler Rothaus ro, un üm ne rüm sah iech ne ganze Matz Manner, su ugefahr zwanzig. Iech denk: Hoi, wos hot denn dr Ward heit vür viele Leit um sich rüm un begrüß ne: „Glück auf, Ward, alter Steiger“. Do streckt sich sei klaane Gestalt un sieht su steif wie e geschnitzte Figur vür mir, un aus seine blaue Aagn, do strahlt dos Licht aus dr alten Silberzeit. Ich frög ne: „Nu sog nör emol, wost host nu du für viele Manner üm dir rüm?“ Do lacht'r un zulpt an sein Spitzbartl: „Nu, du dummer Gung, dos sei allis meine Gunge. Iech ho heit mein Geburtstog - zweeachtzig Gahr bi iech wurn, un do sei se alle gratuliern kumme. Is fahln när de zwee Maad, die in dr Waschleith verheirat sei. Ober die kriegn grod ewos Klaans un kunnten net kumme.“
„Dunnerwatter, zwanzig Gunge un zwee Maad, dos is fei allerhand.“ „Ja, mei Lieber“, saat dr Ward, „wie iech domols vur sechzig Gahr mei Lenl aus dr Schwaafelhütt im Hansgörgnstadt geheirat ho, dos war e Fast. Mei Lenl war is schennste Maadel vun dr Stadt. Se hatt zwar e klaa Madl, ober wall se su schie war, ho ich se doch geheirat un ho's aah nett bereit. E Gahr drauf hattn mr schu en erschtn Gung. E Gahr drauf wieder en, e Gahr drauf wieder en. Su gung des a geds Gahr föder. Wie mr su en zahnten Gung hattn, do war mirsch doch ewengviel, un iech saat ze mein Lenl: 'Lenl, wenn dos esu wettergieht, do sei mir zu unnerer silbern Hochzig dreißig Leit.Wu sölln mr die dä unnerbrenge mit unnere zwee Stubn?'
Un mei Lenl hot mr rachtgaabn. Ober e Gahr drauf hattn mr wieder en Gung. Wie dr fuchzahnte akam, so saat iech zu mein Lenl: „Also Lenl, su gieht's nett wetter. Vun heit obnd an schloof iech ubn aufn Spitzbuden.“ Do hot sich mei Lenl an mich nagelahnt, eweng geheilt un gesaat: 'Nu ja, de host schu racht. Wenn de denkst, doß dos hilft, do schlof ich aah mit aufn Spitzbuden.' „Siste“, satt'r ze mir, „un die letzn Fümfe, dos sei die vun Spitzbuden.“
Bergleute, Hammerschiede und Waldleute, das waren unsere alten Leute im Erzgebirge. Wer denkt da nicht an die alte Silberzeit im Erzgebirge, wie damals in Freiberg, Annaberg und Schneeberg das Berggeschrei erklang. Auch heute ist unser Erzgebirge wieder zum Bergmannsland geworden. Von Annaberg über Johanngeorgenstadt bis zum Vogtland suchen Zehntausende unter unserer Heimaterde nach Uran und Wismut. Da sind auch noch Bergleute aus der Silberzeit dabei.
Neulich, zum Tag des Bergmanns, traf ich in Neustädtel den alten Steiger Börner-Edeward. Der ist schon über 80, aber wenn Bergfest ist, da marschiert er immer mit auf. Er kommt also in seiner Paradeuniform aus dem Neustädtler Rathaus heraus, und um ihn herum sah ich eine ganze Menge Männer, so ungefähr zwanzig Stück. Ich denke: Hui, was hat denn der Ward heute so viele Leute um sich herum und begrüße ihn: „Glück auf, Ward, alter Steiger.“ Da streckt sich seine kleine Gestalt und sieht so steif wie eine geschnitzte Figur aus, und aus seinen blauen Augen, da strahlt das Licht aus der alten Silberzeit. Ich frage ihn: „Nun sag mal, was hast du für viele Männer um dich herum?“ Da lacht er und zupft seinen Spitzbart: „Nun, du dummer Junge, das sind alles meine Söhne. Ich habe heute Geburtstag - zweiundachtzig Jahre alt bin ich geworden, und da sind alle gratulieren gekommen. Es fehlen nur die zwei Mädchen, die in Waschleite verheiratet sind. Aber die bekommen gerade was Kleines und konnten nicht kommen.“
„Donnerwetter, zwanzig Jungen und zwei Mädchen, das ist allerhand.“ „Ja, mein Lieber“, sagt der Ward, „wie ich damals vor sechzig Jahren meine Lene aus der Schwefelhütte in Johanngeorgenstadt geheiratet habe, das war ein Fest. Meine Lene war das schönste Mädchen der Stadt. Zwar hatte sie ein kleines Mädchen, aber weil sie so schön war, habe ich sie doch geheiratet und habe es auch nicht bereut. Ein Jahr darauf hatten wir schon der ersten Jungen. Ein Jahr darauf wieder einen, ein Jahr daraus wieder einen. So ging das jedes Jahr weiter. Als wir den zehnten JUngen hatten, da wurde es mir doch etwas zuviel, und ich sagte zu meiner Lene: 'Lene, wenn das so weitergeht, dann sind wir zu unserer silbernen Hochzeit dreißig Leute. Wo sollen wir die denn in unseren zwei Zimmern unterbringen?'
Meine Lene hat mir da recht gegeben. Aber ein Jahr darauf hatten wir wieder einen Jungen. Als der fünfzehnte kam, sagte ich zu meiner Lene: 'Also Lene, so geht das nicht weiter. Von heute Abend an schlafe ich oben auf dem Spitzboden.' Da hat sich meine Lene an mich angelehnt, hat etwas geheult und gesagt: 'Nun ja, du hast schon recht. Wenn du denkst, dass das hilft, dann schlafe ich auch mit auf dem Spitzboden.' „Siehste“, sagte er zu mir, „die letzten fünf sind vom Spitzboden.“