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Nichtkonventionelle Flüssigkristalle
Chemie
Nichtkonventionelle Flüssigkristalle 

Nichtkonventionelle Mesomorphe Materialien: Forschungthemen 


Einleitung

Supramolekulare Chemie und Nanotechnologie spielen in letzter Zeit eine große Rolle in der Materialwissenschaft. Dabei orientiert sich die Forschung häufig an Vorbildern aus der Natur. Bei der Photosynthese ist die räumliche Anordnung der Reaktionszentren in der Proteinmatrix exakt definiert. Nach Bestrahlung dieser supramolekularen Aggregate erfolgt eine effektive Ladungstrennung, was im weiteren Verlauf als Energiequelle für die biochemische Synthesen genutzt wird. Diese hohe Effizienz kann jedoch nur durch eine präzise Ordnung der funktionalen Zentren erreicht werden. Die Kontrolle der Organisation von Molekülen bis hin zu Größenordnungen von Nanometern ist daher von großer Bedeutung und führt in Zukunft zu neuen, auf spezifische Anwendungen maßgeschneiderte Materialien. Die Anordnung der Moleküle erfolgt dabei nicht durch klassische chemische Bindungen, sondern wird über schwache nicht kovalente Wechselwirkungen moderiert. Dazu gehören Van der Waals Wechselwirkungen, ionische Wechselwirkungen, elektrische Multipol-Wechselwirkungen, sowie Wasserstoffbrücken.[1] Eine große Rolle spielt neben den genannten spezifischen Wechselwirkungen auch die Nanosegregation, die auf der Separierung unterschiedlicher Molekülsegmente, z.B. aromatischer Kern und flexible Seitenketten, beruht (Abbildung 1).[2] Nur das korrekte Moleküldesign führt somit über Selbstaggregation zur gewünschten Nanostruktur.


 

Die Juniorprofessur "Nichtklassische Synthesemethoden" befasst sich mit folgendem Themengebieten der Grundlagenforschung:

 

  • Strukturkontrolle kolumnarer flüssigkristalliner (LC) Phasen von Sternförmigen Molekülen.
  • Nanomorphologie von kolumnaren LC Phasen.
  • Funktionale nicht-konventionelle Mesogene und ihr Potential für die plastische Elektronik.
  • Hybridmaterialien aus organischen Promesogenen und strukturierten Festkörperoberflächen.
  • Biohybridmaterialien
  • Kombinatorische Synthese von Segmentbibliotheken für sternförmige Mesogene.
  • Magnetische LC Materialien.
  • Maßgeschneiderte V-förmige, formstabile Mesogene für biaxial nematische Phasen.

 

Neben Synthese und Strukturaufklärung einzelner Moleküle, spielt die Materialuntersuchung eine bedeutende Rolle. So kommen Röntgenbeugungsmethoden, Differentialkalorimetrie und Polarisationmikroskopie zum Einsatz um die supramolekulare Ordnung in den verschiedenen LC Phasen zu studieren. In einigen Fällen können temperaturabhängige UV-Vis-, Fluoreszenzspektroskopie und Festkörper-NMR-Methoden weitere Hinweise auf die Ordnung von Aggregaten liefern.



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Sternförmige Mesogene für Kolumnare LC-Phasen

Lineare Arme aus Oligobenzoaten 4 mit drei peripheren aliphatischen oder perfluorierten Ketten können stufenweise mit unterschiedlichen Substituenten aufgebaut werden. Diese werden sukzessive an Phloroglucin unter Verwendung von Schutzgruppenchemie geknüpft, um so symmetrische oder unsymmetrische Mesogene 1 zu bilden.[3]
 


In der Reihe der symmetrischen Mesogene wurden Moleküle mit bis zu fünf Benzoateinheiten je Arm synthetisiert. In Ihren hexagonalen LC Phasen korrespondieren die Kolumnendurchmesser nicht mit der Größe eines sternförmigen Konformers. Umfassende Untersuchungen haben gezeigt, dass die Selbstorganisation durch die Optimierung von Nanosegregation und Raumfüllung gesteuert wird. Dies gelingt durch Faltung der Sternmesogene zu E-förmigen Konformeren und führt bei den Tieftemperaturphasen zu einer helikalen Packung der Mesogene entlang der Kolumnen (Abb. 3).[4] Letztere bestehen aus einer 3D-Ordnung von strukturierten Kolumnen in der LC-Phase. Auch unsymmetrische Sterne falten zu E-förmigen und kegelförmigen Konformeren, um kolumnare und kubische Mesophasen zu verwirklichen.[5] Der Einsatz unterschiedlicher peripherer Ketten führt zu hochgeordneten komplexen Strukturen. Durch Einbau von Naphthalenen können funktionale Materialien mit hoher Ladungsträgerbeweglichkeit erhalten werden, die für den Einsatz in plastischer Elektronik interessant sind.[6] Es wird untersucht unter welchen Bedingungen Sternmesogene eine sternförmige Konformation in der Mesophase verwirklichen.


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Biaxiale Nematogene

Im Gegensatz zu kolumnaren Systemen will man bei den biaxialen Mesogenen die Nanosegregation und die Kristallisation vermeiden. Die Anordnung in der LC Phase soll nur durch die Molekülanisotropie bestimmt sein. Die Kontrolle der Formanisotropie findet bei den V-förmigen Molekülen 5-7 über Armlänge und gewinkeltes Zentrum statt. Für V-förmige Nematogene wurde die Anordnung in sogenannten biaxial nematischen Phasen vorhergesagt. Dabei müssen sich alle drei Molekülachsen jeweils entlang einer Vorzugsrichtung orientieren, wobei die Massenschwerpunkte der Moleküle weiterhin isotrop verteilt bleiben. Eine Umorientierung um die kurze Molekülachse könnte später zu kürzeren Schaltzeiten in Flüssigkristallanzeigen führen (siehe Flüssigkristallmoleküle sollen sich schneller drehen) [7]



Polarisationsmikroskopische Aufnahme der Textur einer nematischen Phase eines biaxialen Moleküls bei 100 °C. Solche Moleküle lassen sich in dieser Phase entlang ihrer molekularen Achsen L, B und T orientieren.

Die thermotrop biaxial nematische Phase niedermolekularer Verbindungen ist eine trügerische Mesophase, da einige Methoden die Biaxialität vortäuschen können. In unserer Gruppe werden dünne orientierte Flüssigkristallfilme präpariert und mittels der Orthoskopie und Konoskopie untersucht. Steht ein Direktor einer biaxialen Phase 45° zu Polarisator und Analysator, so beobachtet man in der Orthoskopie Doppelbrechung, während die Konoskopie ein Aufsplitten der sogenannten Isogyren und, bei Einschub eines Zirkularpoarisators, zwei optische Achsen zeigt. Erstere Indizien können eine Biaxialität vortäuschen, falls die Moleküle lediglich in einer dünnen Schicht an der Oberfläche orientieren, aber nicht in der Bulkphase. Die Hinweise auf eine Phasenbiaxialität erhärten sich jedoch, falls die Isogyren und auch die beiden optischen Achsen klar separiert sind. Das Bild wird zusätzlich abgerundet durch Röntgenbeugung an im Magnetfeld orientierten Proben, die die Orientierung von zwei molekularen Achsen beweisen. [5]


Ausgewählte Literatur:
  1. R. I. Gearba, M. Lehmann, J. Levin,, D. A. Ivanov, M. H. J. Koch, J. Baberá, M. G. Dibije, J. Piris, Y. H. Geerts, "TAILORING DISCOTIC MESOPHASES WITH HYDROGEN BONDS", Adv. Mater. 2003, 15, 1614-1618. DOI: 10.1002/adma.200305137 .

  2. M. Lehmann, R. I. Gearba, M. H. J. Koch, D. A. Ivanov, "SEMI-FLEXIBLE STAR-SHAPED MESOGENS AS NON-CONVENTIONAL COLUMNAR LIQUID CRYSTALS", Chem. Mater. 2004, 16, 374-376. DOI: 10.1021/cm034487x.

  3. M. Lehmann, M. Jahr, "NEW ABC CORE FOR THE SYNTHESIS OF NONSYMMETRIC STAR MOLECULES", Org. Lett. 2006, 8, 721-723. DOI 10.1021/ol0528585.

  4. M. Lehmann, M. Jahr, B. Donnio, R. Graf, S. Gemming, I. Popov, "STAR-SHAPED OLIGOBENZOATES: NON-CONVENTIONAL MESOGENS FORMING COLUMNAR HELICAL MESOPHASES", Chem. Eur. J. 2008,14, 3562-3576. DOI: 10.1002/chem.200700922.

  5. M. Lehmann, M. Jahr, "PROGRAMMING STAR-MESOGENS TOWARDS THE FORMATION OF COLUMNAR OR CUBIC PHASES", Chem. Mater. 2008, 20, 5453-5456. DOI: 10.1021/cm8013094.

  6. M. Lehmann,* M. Jahr, F. C. Grozema, R. D. Abellon, L. D. A. Siebbeles, M. Müller, "COLUMNAR MESOPHASES WITH 3D ORDER FROM NEW FUNCTIONAL NON-CONVENTIONAL STAR MESOGENS", Adv. Mater. 2008, 20, 4414-4418. DOI: 10.1002/adma.200800852

  7. a) M. Lehmann, S.-W. Kang, Ch. Köhn, S. Haseloh, U. Kolb, D. Schollmeyer, Q. Wang, S. Kumar, "SHAPE-PERSISTENT V-SHAPED MESOGENS: FORMATION OF NEMATIC PHASES WITH BIAXIAL ORDER", J. Mater. Chem. 2006, 16, 4326-4334. DOI: 10.1039/b605718g.
    b) M. Lehmann, Ch. Köhn, H. Kresse, Z. Vakhovskaya, "SYNTHESIS AND PROPERTIES OF OXADIAZOLE BASED V-SHAPED, SHAPE PERSISTENT NEMATOGENS", Chem. Comm. 2008, 1768-1770. DOI: 10.1039/b718348h.

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