BookCamp 2017
In der nichtlinearen Dynamik verdienen zwei Klassen von Systemen besonderes Interesse, zum einen niedrigdimensionale Systeme, die sich äußerst komplex verhalten (z.B. deterministisches Chaos), und zum anderen hochdimensionale Systeme, deren Verhalten sich auf einfache Muster reduzieren lässt. Letzteres war Gegenstand des BookCamp 2017, das sich mit dem Buch "Synchronization in Science and Technology" von I.I. Blekhman befasste. Der zentrale Mechanismus ist die Umverteilung von Energie in Richtung eines geordneten Zustands. Beschränkt man sich auf Schwingungsphänomene, dann bedeutet Synchronisation die Angleichung der Frequenzen der einzelnen Teilsysteme an eine gemeinsame Frequenz (oder ganzzahlige Vielfache davon) und regelmäßige Phasenbeziehungen. Die Teilnehmer Silvano Oehme, Tobias Horn und Dominik Kern gingen zweieinhalb Tagen in Klausur und befassten sich mit einem Minimalmodell bei dem Selbstsynchronisation auftreten kann und reproduzierten die Ergebnisse dieses Kapitels (Kap. 3: §1-§7). Dieses Minimalmodell, das anwendungsmäßig zum Maschinenbau zählt, beschreibt die Bewegung zweier durch Elektromotoren angetriebener, unwuchtiger Rotoren auf einem querverschieblichen Fundament. Nach dem Herleiten der Bewegungsgleichungen dieses Dreifreiheitsgradsystems wurden mittels Mittelwertbildung zwei synchrone Zustände gefunden (gleich-/gegenphasig). Das gemittelte Vibrationsmoment, welches über das Fundament zwischen den Rotoren übertragen wird, verteilt die Energie im System um und stabilisiert oder destabilisiert diese synchrone Zustände. Um zu beurteilen welcher synchrone Zustand in welchem Betriebsbereich stabil oder instabil ist, wurde ein zum Vibrationsmoment gehörendes Potential konstruiert. Ähnlich zu Stabilitätsproblemen der Statik folgen die Stabilitätsaussagen aus der Hesse-Matrix des Potentials. Als Ergebnis zeigte sich, dass im unterkritischen Bereich, d.h. wenn die sich einstellende synchrone Drehzahl kleiner als Eigenfrequenz des Fundaments ist, die Rotoren dem gleichphasigen synchronen Zustand zustreben (gleichphasig stabil, gegenphasig instabil) und im überkritischen Bereich verhält es sich genau anders herum (gleichphasig instabil, gegenphasig stabil). Die Teilnehmer hoffen darauf in Zukunft mathematische Gemeinsamkeiten zwischen Selbstsynchronisation als Teilgebiet der Dynamik und der Selbstorganisation als Ansatz zur Beschreibung komplexen Materialverhaltens in der Kontinuumsmechanik zu finden und gegenseitig nutzbar zu machen.