3.6 Rot-Schwarz-Bäume
Soweit ich es verstanden habe, kann man die historische Entwicklung der Rot-Schwarz-Bäume begreifen als den Versuch, B-Bäume (insbesondere \((2,3)\)-Bäume oder \((2,4\))-Bäume) als Binärbäume darzustellen. Ganz allgemeinen können wir jeden B-Baum als Binärbaum "codieren":
Der Baum ganz links ist der ursprüngliche B-Baum. In der Mitte haben wir die Listen "auseinandergezogen"; das ist wahrscheinlich ist die Pointer-Struktur, die in unserer Datenstruktur existiert. Im dritte Baum ist der gleiche wie der in der Mitte, nur dass (1) wir ihn anders zeichnen und (2) wir uns merken, welche Knoten im Ursprungsbaum Geschwisterknoten ihrer (neuen) Elternknoten sind. Die Aussage "jeder Knoten hat höchtens drei Kinder" übersetzt sich nun zu "jeder rote Knoten ist das rechtes Kind eines schwarzen Elternknotens", einer Färbungsinvariante.
Der Vorteil gegenüber B-Bäumen ist, dass unsere Datenstruktur nun ganz einfach BSTs sind, allerdings mit einem zusätzlichen Bit pro Knoten. Der Nachteil ist, dass wir Rotationen, Knotenzerfall und -verschmelzung nun in einem BST simulieren müssen und darauf achten müssen, dass die Färbungsinvariante erhalten bleibt.
In der Tat gibt es nun mehrere Varianten von Rot-Schwarz-Bäumen, jede mit einer
anderen Färbungsinvariante und anderen Mechanismen, diese nach einer
insert
- oder delete
-Operation wiederherzustellen. Im folgenden
verzichte ich auf weitere Parallelen mit B-Bäumen und stelle
Rot-Schwarz-Bäume als eigene, unabhängige Datenstruktur dar.
- Alle Blätter sind schwarz.
- Alle Blätter haben die gleiche Schwarztiefe.
- Keine zwei roten Knoten sind mit einer Kante verbunden.
Wir bezeichnen Bedingung 2 als Schwarz-Bedingung und 3 als Rot-Bedingung. Die Schwarzhöhe eines RBTs \(T\), kurz \(\blackheight(T)\), ist die Schwarztiefe eines Blattes (die ja alle die gleiche Schwarztiefe haben).
Hier sind ein paar Beispiele für die Schwarz-Bedingung und Rot-Bedingung. Ich habe hier die Schlüssel weggelassen, da sie für diese Beispiel nicht relevant sind.
Jeder innere Knoten enthält natürlich einen Schlüssel (Key) und in der Praxis wohl auch noch einen Value. In Bezug auf die Keys ist der RBT ein ganz normaler BST (binärer Suchbaum):
Um Rot-Schwarz-Bäume zu einer guten Dictionary-Datenstruktur zu machen, müssen wir zwei Dinge zeigen:
- Die gesamte Höhe eines RBTs ist logarithmisch: \(\height(T) \in O(\log n)\).
- Wir können
insert
unddelete
so implementieren, dass sie in \(O(\log n)\)) laufen und das Endresultat wieder ein gültiger RBT ist.
Für den Induktionsschritt nehmen wir an, dass es mindestens \(2^{i-2}\) schwarze Knoten der Schwarztiefe \(i-1\) gibt. Sei nun \(u\) ein solcher schwarzer Knoten. Da \(\blackdepth(u) = i-1 \leq h_b\) gilt, ist er kein Blatt und hat daher zwei Kindbäume \(T_L, T_R\); von diesen hat jeder wiederum mindestens einen schwarzen Knoten (und sei es ein Blatt) von Schwarztiefe \(i\). Wir folgern: jeder der mindestens \(2^{i-2}\) schwarzen Knoten mit Schwarztiefe \(i-1\) hat mindestens zwei schwarze Nachfahren der Schwarztiefe \(i\), was eine Gesamtzahl von mindestens \(2 \cdot 2^{i-2} = 2^{i-1}\) solcher Knoten ergibt. Dies ist die behauptete Aussage: es gibt mindestens \(2^{i-1}\) schwarze Knoten der Schwarztiefe \(i\).
\(\square\)Die Anzahl der Blätter ist also mindestens \(2^{h_b-1}\). Weiterhin wissen wir, dass ein vollständiger Binärbaum mit \(n\) inneren Blättern genau \(n+1\) Blätter hat. Es gilt also \begin{align*} n + 1 \geq 2^{h_b-1} , \end{align*} also \begin{align*} \blackheight(T) \leq \log_2(n+1) + 1 \ . \end{align*}
Zum Schluss setzen wir Schwarzhöhe mit der (traditionallen) Höhe in Bezug. Die Höhe ist die Anzahl der Kanten auf dem längsten Pfad von Wurzel zu Blatt. Auf so einem Pfad folgen nie zwei roten Knoten aufeinander. Wie lang kann also ein solcher Pfad sein, wenn er \(h_b\) viele schwarze Knoten enthält, wobei der erste Knoten (die Wurzel) und der letzte Knoten (das Blatt) schwarz sind? Im maximalen Fall wechseln sich schwarz und rot immer ab und wir haben \(h_b - 1\) rote Knoten, also insgesamt \(2h_b - 1\) Knoten, sprich \(2 h_b - 2\) Kanten. Daher gilt nun \( \height(T) \leq 2 h_b - 2 \leq 2 (\log_2(n+1) + 1 ) - 2 = \log_2 (n+1) \ . \) \(\square\)
Als nächstes müssen wir zeigen, wie wir find
, insert
und delete
in logarithmischer Komplexität implementieren.
Die Operation find
läuft genau so wie auf einem normalen BST
und braucht somit höchstens \(\height(T)\) viele Schritte.
Einfügen in einen Rot-Schwarz-Baum: insert
Für insert(x,T)
führen wir zuerst eine normale BST-insert-Operation
durch;
wir erreichen also ein Blatt \(\square\) und
ersetzen
es durch einen inneren Knoten mit Schlüssel \(x\). Wir färben den neuen Knoten
rot. Die Schwarzbedingung ist nach wie
vor erfüllt, aber womöglich ist die Rot-Bedingung des Baumes verletzt. In diesem
Falle müssen wir ihn reparieren. In Bildern:
Die Herausforderung liegt im effizienten Reparieren, also restore
. Ein
paar
Worte im Voraus: die Prozedur restore
arbeitet von unten nach oben und
versucht, die Verletzung der Rot-Bedingung nach oben zu verschieben. Die
Schwarz-Bedingung wird
nie verletzt werden. Auch wird zu jedem Zeitpunkt die
Rot-Bedingung an höchstens einer Kante im ganzen Baum verletzt sein.
Wir werden zur Verdeutlichung die verletzte Kante auch rot markieren.
Im Fall 1 kann es jetzt sein, dass die Kante, die von nach oben
führt,
verletzt ist; in diesem Falle müssen wir (iterativ, rekursiv) unsere
restore
-Funktion
weiter oben fortsetzen.
Fall 2 ist zwar komplizierter als Fall 1, allerdings können wir nun sicher sein,
dass wir fertig sind:
der Wurzelknoten des Teilbaumes ist in Fall 2.1 und Fall 2.2 schwarz; die
Elternkante ist also
nicht verletzt. Wir müssen restore
nicht weiter oben fortsetzen.
Überzeugen Sie sich bitte,
dass in keinem der drei Fälle 1, 2.1 und 2.2 weiter unten eine Kante verletzt wird.
Alle betrachteten Fälle nehmen an, dass es oberhalb der verletzten Kante noch einen
"Großvater"
v
gibt. Was, wenn dies nicht der Fall ist?
Eine bemerkenswerte Eigenschaft von restore
ist, dass die Laufzeit zwar
proportional
zur Höhe des Baumes sein kann, die Anzahl der Pointer-Veränderungen jedoch konstant
ist:
Fall 1 führt nur "Umlackierungen" um und verändert keine Pointer; Fall 2.1 und 2.2
verändern
Pointer,
stellen aber sicher, dass wir gleich danach fertig sind.
find
und insert
haben Laufzeit
\(O(\log n)\).
Löschen aus einem Rot-Schwarz-Baum: delete
Wir gehen bei delete(x,T)
erst einmal vor wie beim Löschen aus einem BST
(nicht Treap).
Wenn wir x
lokalisiert haben, suchen wir den kleinsten Schlüssel
y
aus dem rechten Teilbaum von x
, vertauschen
die Schlüssel x
und y
(ohne die Farben der sie enthaltenden
Knoten
zu ändern). Der Schlüssel x
liegt nun in einem Knoten, der mindestens ein
leeres Kind hat. Wir löschen nun den Knoten, der x
enthält:
Ich wähle hier die Farbe blau, um zu verdeutlichen,
dass wir diesen Schritt tun, egal, welche Farbe u,x
haben.
Im weiteren identifizieren wir die Farbe
rot mit
0 und
schwarz mit 1. Um die Schwarztiefe eines Knotens zu
ermitteln,
müssen wir also nur die Farben seiner Vorfahren "addieren". Beachten Sie, dass das
Löschen von
x
, so wie oben dargestellt, womöglich die Schwarzbedingung verletzt,
z.B. wenn
sowohl x
als auch u
schwarz sind. Wir müssen also unter
Umständen die
Farbe von u
ändern. In den folgenden Abbildungen stelle ich die Farbe
immer auch
als Zahl neben den Knoten dar. Falls die Farbe nicht bestimmt ist, verwende
ich
Variable, wie zum Beispiel cx
für "Farbe von
x
".
Hier ist also nochmal obige Abbildung, jetzt der "richtigen" Färbung:
Konkret heißt das: falls genau einer von u,x
schwarz ist und der andere
rot,
so wird u
im neuen Baum schwarz. Falls beide rot sind, dann, Nein!, das
kann ja gar
nicht sein,
dass beide, die ja mit einer Kante verbunden sind, rot sind. Falls beide schwarz
sind, dann
kriegt
u
im neuen Baum die Farbe 2, also, doppelt-schwarz?
Das ist der geniale Trick des Delete-Algorithmus: wir erlauben zeitweise die Farbe doppelt-schwarz, aber immer nur für höchstens einen Knoten. Durch Rotationen versuchen wir, den doppelt-schwarzen Knoten nach oben zu schieben. Wenn die Wurzel doppelt-schwarz ist, können wir sie getrost einfach-schwarz färben; in diesem Falle reduziert sich die Schwarztiefe aller Blätter um eins, somit auch die Schwarzhöhe des ganzen Baumes.
Im Folgenden schauen wir uns die Umgebung des doppelt-schwarzen Knotens an, den wir
fortan mit u
bezecihnen.
Die Farbe des Vaters bleibt meistens unbestimmt und durch eine Variable
beschrieben. Entscheidend ist die
Farbe des Bruders von u
, den wir als y
bezeichnen, und von
dessen
Kindern.
Um die Laufzeit zu analysieren, sehen Sie, dass die Fälle 2.1 und 2.2 den
doppelt-schwarzen
Knoten
verschwinden lassen. Fall 1 lässt ihn entweder verschwinden oder schiebt ihn um eins
nach oben.
Fall 3 schiebt ihn nach unten. Die Gefahr ist nun, dass sich Fall 3 und Fall 1 in
eine
Endlosschleife
begeben. Dies ist nicht möglich: das Ergebnis von Fall 3 ist ein Baum, in dem
u
doppelt-schwarz ist, einen schwarzen Bruder und einen
roten
Vater
hat. Das heißt, auch wenn auf Fall 3 der Fall 1 folgt, wird dieser sofort
terminieren, weil
\(c\), die Farbe des Vaterknotens, 0 sein wird und
somit
nach Anwendung von Fall 1 schwarz, nicht doppelt-schwarz.
Wir schließen, dass die Laufzeit von delete
durch die Höhe des Baumes
begrenzt ist,
also \(O(\log n)\).