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Professur Montage- und Handhabungstechnik
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Getriebefreiheitsgrad und Zwanglauf

In einem Getriebe herrscht Zwanglauf, wenn jeder Stellung eines beliebigen Getriebegliedes die Stellungen der anderen Getriebeglieder eindeutig zugeordnet sind.

Der Getriebefreiheitsgrad \(F\) ist gleich der Anzahl der verbleibenden, also nicht eingeschränkten Freiheiten und entspricht der Anzahl der notwendigen Antriebe, um Zwanglauf zu sichern.

Zwanglaufgleichung

\( F = b(n-1)-\sum_{i=1}^{g} (b-f_i)-\sum_{j}^{} (f_{id})_{j}+\sum_{k}^{} (s_{p})_{k}\)

für räumliche Getriebe gilt: \( F=6(n-1)-6g+\sum_{i=1}^{g} f_i \)

für ebene und sphärische Getriebe gilt: \( F=3(n-1)-2g_{1}-g_{2} \)

verwendete Formelzeichen

\(b\) - Bewegungsgrad

\(n\) - Anzahl der Glieder

\(g\) - Anzahl der Gelenke

\(g_{1} \) - Anzahl der Gelenke mit \(f = 1\)

\(g_{2} \) - Anzahl der Gelenke mit \(f = 2\)

\(f\) - Gelenkfreiheitsgrad

\(f_{i}\) - Teilgelenkfreiheitsgrad an der freigeschnittenen Kontaktstelle

\(f_{id}\) - identische Gelenkfreiheiten

\(s_{p} \) - passive Bindungen

Passive Bindungen und identische Freiheiten

Da die Zwanglaufgleichung eine reine Abzählformel bezüglich \(n\), \(g\) und \(f_i\) ist, bleiben oftmals strukturelle Besonderheiten des realen Aufbaus eines Getriebes unberücksichtigt. Das führt dazu das Getriebe einen höheren Freiheitsgrad aufweisen als er sich rechnerisch ergibt. Verantwortlich hierfür sind sogenannte passive Bindungen \(s_P\) sowie identische Freiheiten \(f_{id}\). Passive Bindungen führen zu einer Erhöhung des Freitsgrades, während identische Freiheiten den Freiheitsgrad senken.

Die Identifizierung passiver Bindungen erfolgt über die Suche nach identischen Übertragungsfunktionen. Beispielsweise:
  • besondere Lagen von Drehachsen
  • überflüssige Starrheitsbedingungen
  • besondere Gliedabmessungen
Die Identifizierung identischer Freiheiten erfolgt über die Suche nach Bewegungsmöglichkeiten von Gliedern oder Gliedgruppen, welche die Hauptbewegung des Getriebes nicht beeinflussen. Beispielsweise:
  • Gelenkbolzen durch 2 Bohrungen, welcher sich drehen kann
  • Koppelglied mit Kugelgelenken, welches sich um die eigene Achse drehen kann
  • Abtastrolle an Kurvengetrieben, welche lediglich auf der Kurvenscheibe abrollt
Skizze Parallelkurbel

Getriebefreiheitsgrad: \(F=6(5-1)-(6 \cdot 5) =-6\)

Das Getriebe ist ein überbestimmtes Tragwerk.
Es ist umlauffähig, wenn die Achsen 15, 35, 14, 34 und 23 parallel zu Achse 12 liegen und die Abstände 12-23, 15-35 sowie 14-34 exakt übereinstimmen. Dadurch ergeben sich 7 passive Bindungen: \(s_P=7\). Nach Berücksichtigung der passiven Bindungen ergibt sich ein Getriebefreiheitsgrad von : \(F=6(5-1)-(6 \cdot 5)+7 =1\)

Skizze Kurbelschwinge mit Kugelgelenken

Getriebefreiheitsgrad: \(F=6\left(4-1\right)-\left(2\cdot 5+2\cdot 3\right)=\ 2\)

Das Getriebe benötigt somit 2 Antriebe, da die Kugelgelenke in der Koppel eine unnötige Freiheit schaffen. Durch Wegnahme der Freiheit, kann die Antriebsfunktion realisiert werden \(f_{id}=1\).
Alternativ kann das Kugelgelenk durch ein weiteres Zylindergelenk ausgetauscht werden.
Nach Berücksichtigung der identischen Freiheit \(f_{id}=1\) ergibt sich ein Getriebefreiheitsgrad von: \(F=6(4-1) –(2 ⋅ 5 + 2 ⋅ 3) -1=1\)