KoMTI-Anwendungsbeispiel: Mobilität

Automatisiertes Fahren

Für folgende Fragestellungen zum hoch- bzw. teilautomatisierten Fahren sind KoMTI-Module dargestellt:

Modul 1: Ganzheitliche KoMTI-Analyse

Wie können die Fahraufgabe sowie die menschlichen Tätigkeiten und kognitiven Prozesse beim Fahren mit Bezug zum Automatisierungsgrads des Fahrzeugs systematisch beschrieben werden? Welche Forschungsthemen ergeben sich daraus? Welche psychologischen Methoden sind hierfür nutzbar?

Modul 2: KoMTI-Modellierung

Wie kann menschlicher Diskomfort beim hochautomatisierten Fahren mit KI-Modellen erkannt werden?

Wie können die Bedeutungen sprachlicher Geschwindigkeitsausdrücke, z.B. „langsamer“ fahren, mit KI-Modellen formalisiert werden, um dies perspektivisch für die automatische Geschwindigkeitsregulation des Fahrzeugs einzusetzen?

Wie kann durch kombiniertes experten- und datenbasiertes Vorgehen bei der KI-Modellierung das Wissen von Experten zur Beurteilung der Übernahmegüte beim teilautomatisierten Fahren mit Ergebnissen von Fahrsimulatorstudien (Fahrverhalten von Versuchspersonen) in Einklang gebracht werden?

Modul 3: KoMTI-Schnittstellengestaltung

Wie sollten Schnittstellen gestaltet sein, um den Fahrer bestmöglich über die Fahrmanöver des teil- bzw. hochautomatisierten Fahrzeugs zu informieren?

Die Abbildung zeigt eine schematische Darstellung des Fahrer-Fahrzeug-Systems.

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Beim konventionellen Fahren kann der Fahrende durch verschiedene Schnittstellen wie z.B. Anzeigen die wichtigen Fahrparameter kontrollieren und über Bedienelemente das Fahrzeug steuern (vgl. Tabelle M1.1-AV-1).

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Tab. M1.1-AV-1: Ausgewählte Schnittstellen mit Funktionen und Variablen

Fahrrelevante Informationen können hierbei auf vielfältige Weise präsentiert und vom Fahrenden wahrgenommen werden (vgl. Tabelle M1.1-AV-2):

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Tab. M1.1-AV-2: Beispiele für Anzeige- und Bedienarten

Schnittstellen müssen so gestaltet sein, dass sie eine korrekte und belastungsarme Aufnahme von Informationen und eine einfache und sichere Führung des Fahrzeugs ermöglichen (vgl. Modul 3).

Modul 2.1 spezifiziert worin die Fahraufgabe besteht, für die das Fahrer-Fahrzeug-System ausgelegt ist.

Die Fahraufgabe beinhaltet das Fahrzeug durch die Umgebung zu steuern, um das intendierte Fahrziel zu erreichen. Es können Aufgabenarten und -ebenen unterschieden werden:

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Fahren kann als Interaktion zwischen Fahrer, Fahrzeug und Fahrumgebung aufgefasst werden. Die Fahraufgaben und Tätigkeiten ändern sich allerdings deutlich wenn das Fahrzeug über automatisierte Fahrfunktionen verfügt (vgl. Abb. M1.2-AV-1).

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Abb. M1.2-AV-1: Automatisierungslevels des Fahrzeugs und
zugehörige Tätigkeiten des Menschen bzw. Fahrzeugs

Ab Automatisierungslevel 2-3 übernimmt das Fahrzeug die primäre Fahraufgabe partiell.

Dann verändert sich die Aufgabe des Fahrers deutlich und wird zu einer Überwachungs- bzw. Monitoringaufgabe.

In höheren Automatisierungsstufen ist es wichtig, dass Übernahmesituationen gut gelingen und der Fahrende keinen Diskomfort empfindet (vgl. Modul 2).

Die Schnittstellen müssen entsprechend gestaltet sein, damit der Gefahrene alle wichtigen Informationen über die Fahrmanöver erhält (vgl. Modul 3).

Die Fahraufgabe kann in unterschiedlichem Genauigkeitsgrad beschrieben werden. Wie detailliert die Analyse und Beschreibung erfolgt, hängt von der Fragestellung ab.

Möchte man z.B. Phasen einer Spurwechselaufgabe beschreiben, könnte dies grob wie folgt getan werden:

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Mögliche Veränderungen der Fahraufgabe durch neue Konzepte der Verkehrsmittelnutzung:

Fahrautomation ermöglicht zukünftig innovative Nutzungskonzepte wie geteilte automatisierte Fahrzeuge. Diese eröffnen neue Mobilitätspotentiale, erhöhen aber auch die Komplexität des Teilsystems Fahrzeug.

Während sich die meisten Aspekte fahrbezogener Aufgaben des Menschen durch Automation vereinfachen sollen, können einige Aspekte auch komplexer werden. Dies kann Aufgaben während (z.B. die Fahrzeugbedienung bei ständig wechselnden, unbekannten Fahrzeugen), aber auch außerhalb der eigentlichen Fahrzeugnutzung (z.B. Verkehrsmittelwahl, Buchung geteilter Verkehrsmittel) betreffen.

Bei Bedarf können auch diese Aufgaben einer Aufgaben- und Tätigkeitsanalyse unterzogen werden, beispielsweise um Unterstützungskonzepte herauszuarbeiten.

Mögliche Veränderungen der Fahraufgabe durch die Nutzung von wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen (Auswahl):

Wasserstoff-Fahrzeuge werden mit einem anderen Treibstoff und gegebenenfalls auch mit einer anderen Antriebstechnologie (Brennstoffzelle) betrieben. Damit müssen Art und Inhalt der Darstellung betreffender fahrrelevanter Informationen für Manöver- und strategischer Ebene im Zusammenhang mit dem Treibstoff(verbrauch) angepasst werden.

Ein Vorteil von Wasserstoff-Fahrzeugen ist die geringe Geräuschemission. Besonders bei geringen Geschwindigkeiten, bei denen die Abrollgeräusche der Reifen zusätzlich sehr leise sind, könnten durch ein „Überhören“ des Fahrzeugs durch Radfahrende oder Passanten möglicherweise kritische Verkehrssituationen entstehen, die möglichst durch Antizipation durch den oder die FahrerIn vorweg genommen werden sollten. So erhöht sich vor allem in Verkehrsräumen, in denen das Potential für Interaktionen mit verletzlichen Verkehrsteilnehmeden hoch ist (z.B. shared spaces), die Komplexität der Fahraufgabe.

Derzeit ist das Netz von Wasserstoff-Tankstellen noch sehr dünn, was unter bestimmten Umständen die Komplexität der Routenplanung erhöht, die vorrangig der strategischen Fahraufgabenebene zuzuordnen ist.

Wasserstoff ist stark flüchtig und wird mit hohem Druck betankt, wodurch sich das Tanken von Wasserstoff von dem konventioneller Treibstoffe (Diesel, Benzin) unterscheidet. Die veränderte Technologie resultiert sowohl in einer kurzfristige Erhöhung der Komplexität der fahrbegleitenden Aufgabe des Tankens und erfordert auch eine Anpassung und entsprechende Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle.

Durch die starke Flüchtigkeit und hohe Entzündlichkeit von Wasserstoff müssen gegebenenfalls auch die Verhaltensregeln im Fall kritischer Ereignisse, wie beispielsweise bei einem Unfall, auf strategischer Fahraufgabenebene angepasst werden.

Bei Bedarf können auch diese Aufgaben einer Aufgaben- und Tätigkeitsanalyse unterzogen werden, beispielsweise um Konzepte für die Gestaltung der Mensch-Technik-Schnittstelle herauszuarbeiten.

Bei der Fahrzeugführung (primäre Fahraufgabe) spielen viele kognitive Prozesse des Menschen zusammen. Die Abbildung zeigt ein schematische Darstellung der Prozesse, die dem Menschen bewusst bzw. eher unbewusst sind:

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Bei höheren Automatisierungsgraden des Fahrzeugs verändern sich auch die kognitiven Prozesse des Fahrers.

Vollautomatisiertes Fahren: Diskomforterkennung

Das höchste SAE-Level führt zu einer vollständigen Entkopplung des Menschen von der Fahrzeugführung.

Wenn die Erwartungen des Gefahrenen nicht mit dem autonomen Fahrzeugverhalten übereinstimmen, entsteht Diskomfort. Er sollte erkannt und vermieden werden, weil er den Menschen in einen unangenehmen mentalen Zustand bringt und zu unerwünschte Folgen führen kann (z.B. sicherheitskritische Eingriffe, Nichtnutzung des Systems).

Modul 2 „Diskomort“ verdeutlicht, wie Diskomfort durch KI-Verfahren erkannt werden kann.

Vollautomatisiertes Fahren: Linguistische Geschwindigkeitsbegriffe

Dem Menschen sollte auch in hohen SAE-Leveln die Möglichkeit gegeben werden, seine Wünsche und sein Feedback auszudrücken. Als sehr intuitive Option, bietet sich hierfür die natürliche Sprache an.

Wenn der Passagier gern langsamer oder schneller fahren möchte, sollte das Fahrzeug die Geschwindigkeit entsprechend regulieren. Damit dies gelingt, braucht es hinterlegte Modelle, die die Bedeutung der linguistischen Geschwindigkeitsausdrücke anzeigen.

Modul 2 „Geschwindigkeitsausdrücke“ verdeutlicht, wie durch KI-Verfahren sprachliche Ausdrücke in Ihrer Bedeutung modelliert werden können.

Vollautomatisiertes Fahren: Diskomforterkennung

Die Bildung datenbasierter Modelle erfolgt mit einem systematischen Vorgehen. Für die KI-gestützte Erkennung von Diskomfort wurde das folgende Vorgehen genutzt:

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2.2
Studien und Daten

Studiendesign/Datenerhebung

Datenscreening, Datenvorverarbeitung und Datenanalyse

Bestimmung von Diskomfort-verlaufstypen mittels Polarer Fuzzy Partitionierung

Festlegung der Anzahl von Diskomfortklassen

2.3
Modellierung mit Künstlicher Intelligenz

Modellierung des Diskomfortverlaufs mit Fuzzy Pattern Classification durch Entwurf von Einzelmodellen für Diskomfortverlaufstypen

2.4
Modellevaluation

Modelltest

Ergebnisinterpretation

Vollautomatisiertes Fahren: Linguistische Geschwindigkeitsbegriffe

Für die Formalisierung der Bedeutung linguistischer Ausdrücke wurde auf die bewährte Modellierungsmethodik mittels fuzzy Zugehörigkeitsfunktionen zurückgegriffen (Zadeh, 1965; Budescu et al., 2003).

Hierfür wurde ein zweistufiges Übersetzungs- und Modellierungsverfahren, das sich in verschiedenen Applikationsbereichen zur Formalisierung von Wissen über sprachliche Bedeutungen bewährt hat, ausgewählt (Bocklisch et al., 2012; Bocklisch & Hausmann, 2018; Bocklisch, 2019).

Die Bildung wissensbasierter Modelle erfolgte mit folgendem Vorgehen:

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2.2
Studien und Daten

Studiendesign/Datenerhebung

Datenanalyse

2.3
Modellierung mit Künstlicher Intelligenz

Modellierung der Bedeutungen der sprachlichen Geschwindigkeitsbegriffe mittels fuzzy Zugehörigkeitsfunktionen

2.4
Modellevaluation

Ergebnisinterpretation

Vollautomatisiertes Fahren: Diskomforterkennung

Zielstellung war die datenbasierte Erkennung von Diskomfort mit KI-Modellen. Hierfür wurde eine Fahrsimulatorstudie konzipiert und durchgeführt, um die Datenbasis bereitzustellen.

Das Studiendesign und die Eckpunkte der Datenerhebung (Messgrößen) sind im Folgenden tabellarisch zusammengefasst:

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Die Messfahrt enthielt neben vielfältigen Verkehrsszenarien drei zentrale Situationstypen, welche jeweils drei Mal in unterschiedlicher Ausgestaltung durchfahren wurden:

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Die drei Situationstypen haben unterschiedlich hohes Potential zur Diskomforterzeugung im vollautomatisierten Fahren (Baseline: niedrig, Spurwechsel und Ampelanfahrt: höher). So sollte bei den Versuchsteilnehmenden eine detektierbare Varianz im Diskomforterleben hervorgerufen werden.

Das multimodale Setup zur Diskomforterhebung enthielt zum einen ein kontinuierliches Selbstauskunftsmaß, zum anderen verschiedene Sensoren zur Erfassung potentieller Diskomfortindikatoren.

Über das Selbstauskunftsmaß wurde die Ground Truth für die Modellbildung erhoben. Dazu wurde ein Handregler (Hartwich et al., 2018) eingesetzt, mit dem die Versuchsteilnehmenden ihr Diskomforterleben über die Fahrt hinweg in Echtzeit zurückmelden konnten (höherer Diskomfort = stärkere Betätigung des Handreglers = höhere Werte auf der Antwortskala):

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Potentielle Diskomfortindikatoren wurden über die folgenden Sensoren für Blickdaten, psychophysiologische Daten und den Fahrkontext erfasst:

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Zur Aufbereitung der Messdaten für die Modellbildung erfolgten verschiedene Schritte zum Datenscreening, zur Datenvorverarbeitung und zur Datenanalyse:

Prüfung, Bereinigung und Synchronisierung auf Basis der Fahrsimulatordaten (60 Hz)

Umfangreiche Vorverarbeitung von Blickdaten und psychophysiologischen Daten zur Minimierung von Störgrößen (z.B. Messfehlern)

Berechnung neuer Variablen mit hohem indikativen Potential für Diskomfort während der Fahrt

Auswahl zentraler Diskomfortindikatoren:

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Zwischenergebnis I: Die ausgewählten Variablen weisen in den Rohdaten ein hohes Maß an Varianz in Bezug auf die ermittelten Diskomfortwerte auf. Es sind keine deterministischen Beziehungen ersichtlich.

Zwischenergebnis II: Mittels der Methode „Polare Fuzzy Partitionierung“ werden in den Daten Substrukturen gefunden, die Zusammenhänge zwischen Indikator-Variablen und Diskomfortwerten aufweisen. Es werden insgesamt vier Diskomfort-Verlaufstypen identifiziert.

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Festlegung der Anzahl von Diskomfort-Klassen, die modelliert werden sollen

Auf Basis der gemessenen Diskomfort-Werte (DW) erscheinen vorerst 10 Abstufungen als sinnvoll.

Die Anzahl der zu modellierenden Klassen (vgl. 2.3) wird damit auf 10 Diskomfort-Klassen mit folgenden Wertebereichen festgelegt: (1) DW < 10, (2) 10 ≤ DW < 20; (3) 20 ≤ DW < 30; … ; (10) DW ≥ 90.

Vollautomatisiertes Fahren: Linguistische Geschwindigkeitsbegriffe

Zielstellung war die Erhebung und formalisierte Beschreibung der Bedeutung sprachlicher Geschwindigkeitsausdrücke im Kontext des vollautomatisierten Fahrens.

Die Geschwindigkeitsausdrücke (z.B. „langsamer“ oder „viel schneller“) wurden in Abhängigkeit vom Kontext (verschiedene vorgegebene Grundgeschwindigkeit) erfasst und mit KI modelliert.

Hierfür wurden die Methodik, die in einer Vorstudie angewendet wurde (Bocklisch et al., 2011), überarbeitet und eine KoMTI-Hauptstudie konzipiert, durchgeführt und ausgewertet.

Die Studiendesigns und die Eckpunkte der Datenerhebungen von Vor- und Haupt-Studien sind im Folgenden tabellarisch zusammengefasst:

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Aufgabe der Versuchspersonen in der KoMTI-Hauptstudie war es:

  1. Sich vorzustellen, dass sie einen PKW steuern. Es wurden jeweils 11 Sekunden lange Videosequenzen von Fahrsituationen aus der Fahrersitz-Perspektive präsentiert.
  2. Sie erhielten Anweisungen zur Geschwindigkeitsregulation (Einblendung mittels Sprechblasen).
  3. Danach sollte über drei Regler die End-, Mindest- und Höchstgeschwindigkeit einstellt werden, mit der die Versuchspersonen die jeweilige Geschwindigkeitsanweisung in der jeweiligen Situation umsetzen würden.

Das nachfolgende Video zeigt einen exemplarischen Ausschnitt der Online-Studie:

Die Datenanalyse umfasste die deskriptive statistische Aufbereitung der Daten.

Die Rohdaten wurden dazu u.a. durch Boxplots visualisiert und durch die Berechnung von Mittelwerten und Standardabweichungen komplettiert.

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Zwischenergebnis:

  1. Die für die Bedeutung natürlich-sprachlicher Ausdrücke charakteristische, hohe interindividuelle Varianz ist in den Rohdaten gut ersichtlich.
  2. Es ist daher nicht ausreichend, die Bedeutung nur durch statistische Maße oder scharfe Intervalle zu formalisieren.
  3. Es werden zur weiteren Modellierung fuzzy Zugehörigkeitsfunktionen genutzt. Dieses Methodik erlaubt eine die differenzierte Betrachtung trotz hoher Datenunschärfe.

Vollautomatisiertes Fahren: Diskomforterkennung

Zur Modellierung der Diskomfort-Verlaufstypen wurden Fuzzy Pattern Classification (FPC) Modelle erstellt.

Die Modellierungsmethode wurde aufgrund der hohen Passfähigkeit für die Detektion von Fahrerabsichten und Zuständen aus mehrdimensionalen Zeitreihendaten ausgewählt (Bocklisch et al., 2017).

Die FPC-Modelle wurden datenbasiert trainiert (supervised learning). Das Verhältnis von Trainings- und Testdaten entsprach 55% : 45%.

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Vollautomatisiertes Fahren: Linguistische Geschwindigkeitsbegriffe

Die Modellierung erfolgt auf Basis der Schätzdaten der Versuchspersonen, welche je drei numerische Korrespondenzwerte pro sprachlichem Ausdruck angegeben.

Die Daten werden zur Bestimmung der Parameter der fuzzy Zugehörigkeitsfunktionen verwendet (vgl. u.a. Bocklisch, 2012; Bocklisch & Hausmann, 2019).

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Die Funktionen – und damit die Bedeutungen der Geschwindigkeitsausdrücke – unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Position und Form, in Abhängigkeit vom linguistischen Geschwindigkeitsausdruck und Kontext.

Im Folgenden sind die Ergebnisse der Modellierung graphisch dargestellt:

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Starke Überschneidungen der Funktionen, wie z.B. bei den Ausdrücken „viel langsamer“ und „langsamer“ sowie „schneller“ und „viel schneller“ bei allen drei Grundgeschwindigkeiten der KoMTI-Hauptstudie deuten auf eine ähnliche Bedeutung der sprachlichen Ausdrücke hin.

Dies konnte in der Vorstudie z.B. für die Grundgeschwindigkeit 80 km/h nicht gefunden werden. Hier sind alle Funktionen sehr trennscharf.

Vollautomatisiertes Fahren: Diskomforterkennung

Die entstandenen FPC Modelle wurden getestet.

Dazu wurden u.a. die Modellvorhersagen mit den Diskomfort-Verläufen verglichen und mittlere Fehler (MF) sowie mittlere absolute Fehler (MAF) bestimmt.

Die mittlere Abweichung über die Gesamtstichprobe (für Beispielszenario Spurwechsel) beträgt für die Trainingsdaten MF = -2,27% bzw. MAF = 17,21% und für die Testdaten MF = -5,42 bzw. MAF = 21,5%.

Die Abweichungen können auch für einzelne Versuchspersonen ermittelt werden. Sie sind in der Abbildung exemplarisch dargestellt.

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Ergebnisinterpretation:

Die Modellbildung war trotz eingeschränkter Anzahl an Versuchspersonen, die während der Fahrszenarien Diskomfort anzeigten und hoher Datenvariabilität, erfolgreich.

Das gewählte KI-Verfahren Fuzzy Pattern Classification erwies sich hierfür als geeignet, da auch bei verhältnismäßig kleiner Datenbasis und dem Vorhandensein von Unsicherheiten aussagekräftige Modelle gebildet werden konnten.

Die ermittelten Abweichungen zwischen Modell und Daten sind für die Testdaten, die nicht zum Modellaufbau genutzt wurden, erwartungsgemäß etwas höher als die Fehler für die Trainingsdaten, die auf Basis des Gesamtmodells reklassifiziert wurden. Sie können im Kontext der Aufgabe als kleinere bis mittlere Abweichungen interpretiert werden.

Eine Betrachtung der einzelnen Versuchspersonen verdeutlicht, dass das Modell für einzelne Versuchspersonen besser passend ist als für andere. Dies lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf interindividuelle Unterschiede zurückzuführen, die ggf. anhand psychologischer Variablen teilweise weiter aufklärbar wären.

Die Identifikation der Diskomfort-Verlaufstypen bekräftigen, dass zukünftige Modellanpassungen und Optimierungen auch mit Hinblick auf die Einzelversuchspersonenebene getroffen werden sollten und dass eine alleinige Betrachtung der Gesamtdaten möglicherweise für Fragestellungen dieser Art nicht differenziert genug ist.

Optimierungspotentiale der FPC-Modelle bestehen u.a. in der:

  1. Nutzung zusätzlicher, aussagekräftiger Diskomfort-Indikatoren
  2. Erhöhung, Reduzierung oder variable Anpassung der Anzahl an Diskomfort-Klassen
  3. datenbasierten Modell-Optimierung weiterer Zugehörigkeitsfunktionsparameter

Voraussetzungen für die weitere Optimierung sind u.a.:

  1. Erhebung weiterer aussagekräftiger Daten
  2. Überarbeitung der Fahrszenarien um häufiger und höheren Diskomfort zu erzeugen

Vollautomatisiertes Fahren: Linguistische Geschwindigkeitsbegriffe

Ergebnisinterpretation:

Die Zugehörigkeitsfunktionen sind das Ergebnis eines zweistufigen Vorgehens, in dem

  1. Versuchspersonen numerische Korrespondenzwerte zu den sprachlichen Ausdrücken schätzen und
  2. die entstandenen Daten zum Aufbau formalisierter Modelle der Begriffsbedeutung genutzt werden.

Position, Form und Symmetrie sowie Ausmaß der Überlappungen der Funktionen können inhaltlich transparent interpretiert werden. Dadurch ist das entstandene Modell sehr gut verständlich.

Die Ergebnisse zeigen, dass

  1. die Grundgeschwindigkeit als wichtiger Kontextfaktor wirkt und die Bedeutung der sprachlichen Ausdrücke beeinflusst
  2. die Erhebungsdesign der Studie deutlichen Einfluss auf die Ergebnisse hat und bei audiovisuell dargestellten Verkehrssituationen (KoMTI-Studie) die Begriffsbedeutungen weniger trennscharf sind. Es ist anzunehmen, dass dies mit der höheren Realitätsnähe in der Darstellung zu tun hat.

Conclusio

In zukünftigen repräsentativen Studien sollten Personen möglichst im Realverkehr um Einschätzungen gebeten werden. Die Ergebnisse können modelliert und dann in testweise zur automatischen Regulation der Geschwindigkeit, z.B. in Fahrsimulator-Studien, implementiert werden.

Die Versuchsteilnehmenden wünschten sich während des vollautomatisierten Fahrens mehrheitlich eine höhere Systemtransparenz. Konkrete Umsetzungsvorschläge betrafen neben Fahrstilanpassungen vor allem die Informationsdarstellung im Fahrzeug, welche gut in einer Mensch-Maschine-Schnittstelle (Human-Machine Interface, HMI) realisiert werden kann.

Die folgenden Informationen wurden von den Versuchspersonen am häufigsten als HMI-Inhalte gewünscht:

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Conclusio

Zusammenfassend wollen Passagiere bei Bedarf nachvollziehen, was das Fahrzeug macht, warum es das macht und ob das Fahrverhalten sicher ist.

Die Nutzungsanforderungen wurden in einem adaptiven HMI-Konzept umgesetzt, welches fahrrelevante Informationen nur in unkomfortablen Situationen präsentiert. Angezeigt werden dann:

die aktuelle Verkehrssituation mit eigenem Fahrzeug sowie in der Umgebung erkannten Verkehrsteilnehmern und verkehrsregelnden Elementen (in Form einer Situationsanzeige)

der Automatisierungsstatus (in Textform sowie durch türkise Hinterlegung des eigenen Fahrzeuges in der Situationsanzeige)

eine Ankündigung des nächsten Fahrmanövers (in Textform sowie als türkise Darstellung in der Situationsanzeige)

Bei Ampelanfahrten ein Ampelphasen-Countdown (in der Situationsanzeige)

Zusätzlich können in einer Statusleiste Nutzerprofile ausgewählt oder angelegt werden.

Angezeigt werden die Informationen in der Mittelkonsole, wo sie von mehreren Positionen aus sichtbar sind. Wird das adaptive HMI aktiviert, sind die bisher in der Mittelkonsole dargestellten Funktionen (z.B. Infotainment-Funktionen) weiterhin in reduzierter Miniatur-Form erreichbar.

Das adaptive HMI-Konzept wird im folgenden Video exemplarisch für eine unkomfortable Spurwechsel-Situation dargestellt (links die aktuelle Verkehrssituation, rechts die Mittelkonsole des Fahrzeuges):

© Alexander von Kießling
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