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Multistabile Wahrnehmung im Modalitätsvergleich
Detailinformationen
Multistabile Wahrnehmung im Modalitätsvergleich 
Logo: Multistabilität im Modalitätsvergleich, Noten in einem Neckerwürfel

Multistabile Wahrnehmung im Modalitätsvergleich

Auflösung sensorischer Ambiguitäten beim Sehen und Hören

Die Sinne des Menschen sind ständig mit mehrdeutiger Information konfrontiert. Dennoch erscheint die Wahrnehmung stabil und eindeutig. Als vielversprechender Ansatz zum Verständnis des Entstehens eindeutiger Wahrnehmung aus mehrdeutiger sensorischer Evidenz hat sich die experimentelle Erzeugung multistabiler Wahrnehmung bewährt. Multistabilität entsteht, wenn ein Reiz verschiedene Wahrnehmungsalternativen hervorruft, die sich ohne eine Änderung der sensorischen Evidenz abwechseln. Multistabile Wahrnehmungsphänomene finden sich modalitätsübergreifend. Im Sehen wird der Begriff der Multistabilität meist synonym zu dem des Wettstreits (rivalry) gebraucht, welcher sich auf den Wettbewerb der Wahrnehmungsmöglichkeiten bezieht. Beispiele umfassen den Neckerwürfel, Rubins Vase-/Gesichts-Umkehr, dynamische Reize (z.B. Scheinbewegung) und binokularen Wettstreit, der entsteht, wenn beiden Augen konfligierende Reize gezeigt werden. Im Hören wird Multistabilität meist mit Tonsequenzen untersucht, die abwechselnd als gebunden oder ungebunden wahrgenommen werden, oder mit Worttransformationen, bei denen die wiederholte Präsentation des gleichen Wortes unterschiedliche Sortierungen der Phoneme hervorruft (z.B. Laub/blau). Obgleich in beiden Modalitäten großes wissenschaftliches Interesse an Multistabilität besteht, sind die Forschungsfelder überraschend getrennt. Das überrascht umso mehr, als in beiden Feldern debattiert wird, ob den Wahrnehmungswechseln bei verschiedenen Ausprägungen der Multistabilität derselbe Prozess zugrunde liegt. Ein solcher Prozess sagt modalitätsübergreifende Effekte vorher, zu denen die Befundlage uneinheitlich ist. Für eine umfassende Untersuchung solcher Effekte bringt dieser Antrag Expertise aus beiden Feldern zusammen. Neben dem Wissensaustausch sollen multimodale Paradigmen entwickelt werden, die eine gleichzeitige Messung auditiver und visueller Multistabilität ohne Antwortinterferenz ermöglichen. Die gleichzeitige Erhebung mehrerer multistabiler Phänomene wird eine Betrachtung multimodaler intraindividueller Fluktuationen erlauben. Konzepte, die in einer Modalität etabliert sind, werden in der anderen überprüft (z.B. Vorhersagbarkeit, Objektentstehung, willentliche Steuerung); ebenso werden Konzepte, bei denen zwischen beiden Modalitäten Widersprüche zu bestehen scheinen, systematisch durch enge Angleichung der Paradigmen verglichen (z.B. unterbrochene Präsentation, Sequenzeigenschaften bei tristabilen Reizen). Wir erwarten ein besseres Verständnis multistabiler Wahrnehmung in beiden Modalitäten, einen modalitätsübergreifenden Rahmen für multistabile Prinzipien und Prozesse sowie eine Trennung modalitätsspezifischer von generischen Faktoren. Da Multistabilität ein Modell für Wahrnehmungsorganisation bei gleichbleibender sensorischer Evidenz darstellt, werden diese Ergebnisse auch das Verständnis darüber erweitern, wie höhere (kognitive) Faktoren die menschliche Wahrnehmung jenseits modalitätsabhängiger Besonderheiten prägen.