Erstes Promotionsjahr und noch keinen Arbeitstag im Büro und im Labor
Marina Ivanova,17. März 2021
Ich würde nie denken, dass ich die zeitliche Flexibilität, die Ruhe und die Leggings im Homeoffice gerne für das Arbeiten im Institutsbüro tauschen würde – doch dieser Wunsch ist während des schon ein Jahr langen Lockdowns kräftig geworden. Mein Name ist Marina Ivanova und ich bin im ersten Promotionsjahr im Fach „Englische Sprachwissenschaft“ an der TU Chemnitz. Mein Bachelor und Master in der Anglistik/Amerikanistik habe ich ebenso dort studiert. Da meine Aufgaben am Anfang nicht dringend im Büro durchgeführt werden mussten, recherchierte ich zu Hause. Die ein paar Mal, wo ich kurz etwas vor Ort erledigen sollte, waren beunruhigend und ich wollte so schnell wie möglich raus, um potenzielle Kontakte zu vermeiden. Seit meiner Immatrikulation als Promotionsstudentin im April 2020 habe ich nie einen ganzen Arbeitstag in meinem neuen Institutsbüro verbracht, was bedeutet, dass auch die dazugehörenden Treffen und Mittagspausen mit den Kolleginnen und Kollegen fehlten. Das war am Anfang nicht schlimm, da ich während des Studiums nie daran gewöhnt war, aber später wollte ich zunehmend das „normale“ Forschungsleben erleben.
Als Quereinsteigerin in die Psycholinguistik war ich am Anfang zwar eingeschüchtert von meinem Thema, aber auch sehr gespannt auf das Forschungsleben und alle Möglichkeiten, die es mir erschaffen würde. Ich wollte nämlich mehr über die menschliche Wahrnehmung von Fremdsprachen lernen und dafür ein Blick in die Hirnreaktionen von Englischlernern durch EEG werfen. Aber da solche Experimente nahen Kontakt erfordern, war ihre Planung erst unmöglich und so habe ich das erste Jahr mit Lesen und Umplanen verbracht. Eine Lösung wäre ein online Experiment, das die Zeit bis Covid vorbei ist, überbrückt. Doch wann kommt diese Zeit? Werde ich überhaupt in den für die Promotion vorgesehenen drei Jahren dazu kommen, das EEG-Labor zu besuchen? Ohne festes Vorhaben ist auch die Dissertation schwer anzufangen. Dennoch war die Zeit, die ich für Recherchieren gewonnen habe, absolut nützlich für mein Verständnis über das Forschungsgebiet und hinaus.
Durch die zunehmenden Webinare konnte ich von Veranstaltungen in Italien zu den Niederlanden und zurück nach Chemnitz in wenigen Sekunden wechseln, allerdings ohne wie im letzten Masterjahr Kürbisgnocchi zu genießen oder die Gäste aufgeregt kennenzulernen. Die digitale Kommunikation hat sich doch ermüdender und verunsichernder festgestellt – und ich dachte, dass alles wie vorher, nur über Videochat, sein sollte… Dennoch war meine Internetverbindung im Campuswohnheim zuverlässig und ich hatte den Luxus, ein Homeoffice allein für mich zu haben. Das war nicht der Fall für alle.
Beim Kennenlernen mit anderen Studierenden fehlte die Spontanität, die man sonst vom Wohnheimflur gut kennt. Es war jetzt auch leichter, den Kontakt mit alten Kommilitoninnen und Kommilitonen zu verlieren, da man sich nicht mehr gelegentlich am Campus begegnete. Ich hatte aber immer noch das Glück, mich mit ein paar Freunden zu entspannen, wenn das Wetter und die Regelungen es erlaubt hatten. Durch Corona habe ich Wanderungen neu entdeckt und freue mich darauf, hoffentlich bald in meiner Heimat Bulgarien die Familie zu besuchen und öfter zusammen in die Natur zu gehen.
Ich hoffe, dass alle ohne große Lebensschläge durch die Pandemie kommen.
Englische Übersetzung
First PhD year and not yet a working day in the office or the lab
I would never think that I would gladly trade the time flexibility, the silence, and the leggings in the home office for working in the institute office – but this wish has become strong during the already one-year long lockdown. My name is Marina Ivanova and I am in my first year of PhD studies in English Linguistics at the TU Chemnitz. I also studied my Bachelor and Master in English/American Studies there. Since my tasks at the beginning did not have to be done in the office necessarily, I did my research at home. The couple of times I had to do something briefly on site were unsettling and I wanted to get out as quickly as possible in order to avoid potential contact with others. Since the beginning of my PhD in April 2020, I have never spent a full working day in my new institute office, which means that the meetings and lunch breaks with colleagues were also missing. This wasn't bad at first, as I was never used to it during my studies, but later on I increasingly wanted to experience "normal" research life.
As a newcomer in psycholinguistics, I was intimidated by the topic at the beginning, but also very excited about research life and all the possibilities it would create for me. I wanted to learn more about human perception of foreign languages and get a glimpse into the brain responses of English learners through EEG. But since such experiments require close contact, planning them was impossible, and so I spent the first year reading and rescheduling. One solution would be an online experiment that bridges the time until Covid is over. But when will that time come? Will I even get to visit the EEG lab in the three years allotted for the PhD? Without a firm plan, it's also hard to get started on the dissertation. Nevertheless, the time I gained for researching was absolutely useful for my understanding about the field and beyond.
The increasing number of webinars allowed me to switch from events in Italy to the Netherlands and back to Chemnitz in a matter of seconds, though without enjoying pumpkin gnocchi or excitedly meeting the guests as I did in my last master's year. Digital communication did prove more tedious and made me feel more insecure – and I thought that everything should be like before, only via videochat... At least my internet connection in the campus dorm was reliable and I had the luxury of having a home office all to myself. This was not the case for everyone.
Getting to know other students lacked the spontaneity that is usually well known from the dorm hallway. It was also easier to lose contact with old fellow students now that you didn't run into each other occasionally on campus. However, I was still fortunate to be able to relax with a few friends when the weather and regulations allowed. Through Corona, I have rediscovered hiking and look forward to hopefully visiting my family in my home country Bulgaria soon and getting out in nature together more often.
I hope everyone gets through the pandemic without any major tragedies.