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Adventskalender der TU Chemnitz 2003

Räucherkerzchen - ein Blick in die Werkstatt


Räucherkerzchenschachtel

Wenn es Raachermannel naabelt
un es sogt kaa Wort derzu,
un der Raach steigt an der Deck nauf,
sei mer allezamm su fruh.

Wenn das Räuchermänchen nebelt
und es sagt kein Wort dazu,
und der Rauch steigt an die Decke,
sind wir alle zusammen so froh.

Zum Weihnachtsfest im Erzgebirg'
gehört seit alter Zeit
ein guter Räucherkerzenduft
zu Licht und Fröhlichkeit.

Und kennt manch weitgereister Gast
noch nicht den schönen Brauch,
so raten wir mit gutem Grund:
"Versuchen Sie's doch auch!"

Obige Zeilen kann man auf der Rückseite einer kleinen Schachtel mit Original Neudorfer Räucherkerzchen lesen. Lange bevor um 1850 die ersten Räuchermänner entstanden, wurden auch im Erzgebirge die ersten Räucherkerzchen verbrannt.

Den ersten schriftlichen Nachweis findet man 1830
im Heilig Ohmd Lied:

"Karl zünd e Raacher-Karzel a,
do ß nooch Weihnachten riecht,
und stell's när of dos Scheibel dort,
dos unnern Ufen liegt."

Karl zünd ein Räucherkerzchen an,
daß es nach Weihnachten riecht
und stell 's nieder auf die Scheibe dort,
die unterm Ofen liegt."

Räucherkerzchenpyramide

Die Fa. Carl Jäger, des Gründers der ersten Crottendorfer Räucherkerzenfabrikation, berichtet zur Historie der Räucherkerzen, daß die Bergleute im 11. und 12. Jahrhundert sich und ihr "Gezähe" vor Antritt der Arbeit mit Räucherwerk weihten. Dafür stellten sie aus Holzkohle, Harz und Bindestoffen die kleinen Kegelchen her. Räucherkerzchenwerkstatt in Neudorf

Später fand der Brauch auch Einzug in den Alltag des Erzgebirglers. Besonders um die Weihnachtszeit wurde damit eine wohltuende Atmosphäre verbreitet.

In der Firmengeschichte der KNOX-Räucherkerzen des Schleizer Apothekers Hermann Zwetz spielte die Suche nach preiswerten schwelenden Stoffen gegen Atemwegserkrankungen eine große Rolle. Fahrende Händler brachten die kleinen Kegelchen aus Thüringen auch in das Erzgebirge.

Da beide Firmen aber erst nach 1830 gegründet wurden, gab es vorher sicher eine häusliche Herstellung der Räucherkerzen an verschiedenen Orten. Man stellte die Kerzchen zum Verbrennen auf eine kleine Scherbe, ein Blech oder in ein nicht brennbares Gefäß.

Schneidebrett Hinter die Kulissen der Räucherkerzenherstellung können Sie in der Neudorfer Schauwerkstatt der Fa. Huss schauen.

Seit 1930 werden dort aus Holzkohle, Stärkebrei und natürlichen Duftstoffen nach eigenen Rezepturen Räucherkerzchen gefertigt. Neben den echten "Weihrauch-Kerzl" finden sich auch der Geruch von Fichte/Kiefer, Lavendel, Sandel, Weihnachtsduft, und Citrus.

Räucherkerzchen von Hand formen Aus der fertigen geruchfreien Modelliermasse werden kleine Pyramiden geschnitten. Diese werden mit der Hand auf einem Brett zu Kegelchen geformt. Nach ausreichender Trockenzeit verbreiten sie erst nach dem Entzünden ihren typischen Geruch. Die großen Kegel werden auch heute noch mit der Hand geformt. Für die gewöhnliche Größe gibt es eine Maschine, die die Modeliermasse in Form preßt. Für besondere Kerzen in der Form eines Weihnachtsmannes oder eines Tannenbaumes gibt es Handformen. Nach Verbrennen dieser Kerzen bleibt ein Asche-Weihnachtsmann oder -Tannenbaum auf der Unterlage stehen.

Jürgen Huss, der Enkelsohn des Firmengründers, setzt die Tradition der Räucherkerzenherstellung fort und entwickelt als Maschinenbauer seit 1996 neues Räucherkerzenzubehör - die Räucherkerzenöfen und Räucherkerzenpyramiden. Die Bezeichnung "Feinste Erzgebirgische Volkskunst" ist für diese Wunderwerke aus Blech volkommen gerechtfertigt.

Klassischer Ofen Küchenöfen wie früher Ein Herd

Der Besuch der Schauwerkstatt oder das Anfertigen von Räucherkerzen ist nach Voranmeldung auch kurzfristig möglich. (tel.: 037342-8158)

Jürgen Huss, Räucherkerzenherstellung, Karlsbader Str.185, 09465 Sehmatal-Neudorf, www.juergen-huss.de.

Tipp: Der Besuch läßt sich mit einem schönen Tagesausflug von Chemnitz aus verbinden.
Die Buslinie 210 fährt wochentags 8:00 Uhr, sonnabends, sonn- und feiertags ab 8:15 Uhr ab Omnibusbahnhof nach Annaberg. Dort besteht direkter Anschluß nach Oberwiesenthal.
Mit der Seilbahn geht's dann auf Sachsens höchsten Gipfel, den Fichtelberg. Eine ca. 8 km weite Wanderung führt vorbei am Hochmoor Siebensäure nach Neudorf. Nach dem Besuch der Schauwerkstatt kann man mit der dampfbetriebenen Schmalspurbahn nach Cranzahl fahren und von dort mit der Erzgebirgsbahn zurück nach Chemnitz.




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© Fotos: H. Geisler, R. Sontag
Hildegard Geisler, Die TU-Wichtel im Dezember 2003

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