Adventskalender der TU Chemnitz 2012
Im Erzgebirge tobt ein Kampf, ein Kampf um den größten Schwibbogen. Ursprünglich geht der Brauch, einen Lichterbogen ins Fenster zu stellen, auf die Sehnsucht der Bergleute nach dem Licht zurück, das sie vor allem in den Wintermonaten kaum zu Gesicht bekamen. Der älteste bekannte Schwibbogen aus dem Jahr 1740 stammt aus Johanngeorgenstadt. Noch heute ist die Stadt eng mit dem Schwibbogen verbunden, feiert sie doch jedes Jahr am dritten Adventswochenende ein Schwibbogenfest. Das wohl bekannteste Schwibbogenmotiv entstand vor 75 Jahren in Schwarzenberg. Im Erzgebirge findet man zur Weihnachtszeit in fast jedem Fenster einen Schwibbogen. Doch auch im Freien stehen in den Orten häufig große Exemplare. Und an dieser Stelle kommen wir zum Wettbewerb. Ein paar Orte wetteifern um den größten Schwibbogen des Erzgebirges - oder sogar der Welt.
Eine wichtige Rolle bei der Frage nach dem größten Schwibbogen spielt die Erzgebirgische Holzkunst Gahlenz GmbH. Die Firma ist für ihre riesigen Nussknacker und Räuchermänner bekannt, die auf dem Firmengelände am Straßenrand stehen und jedem Passanten sofort zeigen, was man hier besonders gut kann. Bezüglich des größten Nussknackers steht Gahlenz im Wettbewerb mit Neuhausen. Aber das ist eine andere Geschichte. Die Fassade des Firmengebäudes wird von einem großen Schwibbogen verziert. Das 9 m breite und 4,80 m hohe Exemplar mit seinen 70 cm hohen Kerzen ist die Kopie des Bogens, der 2006 für das Dresdner World Trade Center angefertigt wurde. Er galt damals als größter Massivholz-Schwibbogen. Allerdings hat die Firma inzwischen nachgelegt...
Ein vergleichsweise einfacher Bogen, den man wahrscheinlich nicht als Schwibbogen im engeren Sinne bezeichnen kann, befindet sich am Huthaus des Besucherbergwerkes Zinnkammern Pöhla. Während die Lichter die Form eines bergmännischen Geleuchts haben, könnte man das „Motiv” als modern bezeichnen: ein Schaufellader parkt unter dem Bogen. Er muss also ziemlich groß sein. Ja, das ist er auch: 10,27 m breit und 5,66 m hoch. Einen ganz ähnlichen Bogen findet man übrigens auch am Besucherbergwerk „Markus Semmler” in Bad Schlema.
Er war der erste der Riesenschwibbögen und auch lange Zeit der Rekordhalter: der Bogen der Firma maroc design GmbH aus Krumhermersdorf mit dem Schwarzenberger Motiv. 2003 stellte die u. a. auf Großschwibbögen spezialisierte Firma ihr Exemplar auf einer Messe in Dresden vor. Seither kann der 11,19 m breite und 6,65 m hohe Schwibbogen mit seinen 1,30 m hohen Kerzen am Firmengelände bestaunt werden. Insgesamt wurden in Handarbeit über zwei Tonnen Holz verbaut. Ein Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde war damals noch nicht möglich.
Seit 1997 steht auf dem Dresdner Striezelmarkt die weltgrößte Stufenpyramide. 2009 kam zur 575. Ausgabe als Eingangsportal der wohl größte begehbare Schwibbogen hinzu. Er ist 13,30 m breit und 6,63 m hoch. Von oben hat man einen guten Blick über das Treiben auf dem Markt. Auch dieser Bogen besteht im Wesentlichen aus Holz. Lediglich die Treppenkonstruktion ist aus Metall. Insgesamt kommen acht Tonnen zusammen. Neben Figuren aus dem Erzgebirge sind auch die Dresdner Striezelkinder dargestellt. Erbauer dieses Schwibbogens ist die Erzgebirgische Holzkunst Gahlenz GmbH, die auch die Pyramide errichtet hat und jedes Jahr aufs Neue aufstellt.
Auch in Gelenau begann man 2009 mit dem Aufbau eines rekordverdächtigen Schwibbogens aus Holz. Am Gebäude der Firma JR Carport & Holzbau GmbH, einer ehemaligen Textilfabrik (Volkmar Hofmann, später Esda), welches auch einen Teil der Sammlung Pohl-Ströher beheimatet, entstand zunächst ein 21,88 m breiter und 8,33 m hoher Bogen mit 16 Kerzen, die jeweils einen Durchmesser von 45 cm aufweisen. In den folgenden Jahren kamen Figuren hinzu. Von Anfang an wurde diskutiert, ob es sich bei der doch recht eigenwilligen Konstruktion überhaupt um einen Schwibbogen handelt. Das Guinness-Buch der Rekorde lehnte ihn jedenfalls bisher noch ab. Allerdings nur deswegen, weil es bis November 2012 keine Kategorie „Größter Schwibbogen” gab. Als im September 2012 bekannt wurde, dass in Johanngeorgenstadt ein weiterer Riesenschwibbogen entstehen soll, baute man in Gelenau an. Der Querbalken wurde verbreitert und mit vier zusätzlichen Kerzen versehen. Außerdem erhielt der Bogen Füße und einen Sternschnuppen-Aufsatz. Damit ist er nun 36,87 m breit und gewann deutlich an Höhe. Insgesamt wurden 11,5 Kubikmeter Holz verarbeitet. Weitere Anbauten sind fürs nächste Jahr geplant.
Das bisher letzte Wort im Wettstreit hatte Johanngeorgenstadt. Schließt sich hier also der Kreis? Am dritten Advent wurde in der „Heimat des Schwibbogens” ein gewaltiger Bogen eingeweiht, der zumindest vom Motiv her sehr klassisch gehalten ist. Allerdings nicht vom Material: Fast 700 Tonnen Stahlbeton und 15 Tonnen Edelstahl wurden verarbeitet, um einen 25 m breiten und mit Kerzen 14 m hohen Schwibbogen entstehen zu lassen, der den Platz des Bergmanns dominiert. Rund 150.000 € ließ sich Unternehmer Siegfried Ott, Inhaber einer Firma für Auspuffsysteme, das Geschenk an seine Heimatstadt kosten. Eine Anmeldung fürs Guninness-Buch ist bereits erfolgt. Für welchen Schwibbogen sich die Redaktion entscheidet bleibt abzuwarten. Gelenau, Johanngeorgenstadt oder vielleicht ein Ort, der hier noch gar nicht genannt wurde? Liebe Leser, was halten Sie von den rekordverdächtigen Exemplaren? Was macht für Sie einen Schwibbogen aus und welcher Ort hat demzufolge den Titel verdient? Schreiben Sie uns doch Ihre Meinung!
© Fotos: Ulrich Hertel
Ulrich Hertel, Die TU-Wichtel
Adventskalender der TU Chemnitz 2012