Werkstoffe
Eine Vielzahl an Werkstoffen steht im Interesse unserer Forschung: Reinmetalle (Aluminium und Kupfer), Stähle, Kupfer-, Magnesium-, Titan- und Aluminiumlegierungen sowie Cu-basierte und NiTi-Formgedächtnislegierungen. Die folgende Einteilung soll einen Überblick vermitteln:
Durch die große Nachfrage nach Mobilität im 21. Jahrhundert und der Forderung nach Sicherheit beim Einsatz von modernen Bauteilen finden zunehmend hochfeste Leichtmetalle Anwendung. Auch für die Umsetzung eines ressourcenschonenden Produktlebenszyklus ist beispielsweise Aluminium ein wichtiger Werkstoff für Strukturbauteile. Um den facettenreichen Anforderungen eines High-Tech-Produkts in der Automobil- oder Luft- und Raumfahrttechnik gerecht zu werden, sind zunehmend Leichtbaukriterien gefordert. Der Fokus liegt dabei häufig auf der Reduzierung von bewegten Massen, wobei die Bauteile uneingeschränkt hohe Sicherheitsstandards erfüllen müssen. Die Herausforderung, geringe Massen und hohe Bauteilsicherheiten maßzuschneidern, gelingt durch den gezielten Einsatz von Leichtmetallen.
Im Mittelpunkt aktueller Forschungen stehen unter anderem die folgende Leichtmetalle:
- ausscheidungshärtbare Aluminiumlegierungen der 2000er, 6000er und 7000er Reihe
- naturharte Aluminiumlegierungen der 5000er Reihe
- partikelverstärke Aluminiumlegierungen der 2000er Reihe
- Magnesiumlegierungen
- Titanlegierungen
- Partikelverstärkte Aluminiummatrix-Composite
Stahl war nicht nur der dominierende Strukturwerkstoff des 20. Jahrhunderts. Durch die konkurrierenden Entwicklungen im Bereich der Leichtmetalle und Verbundwerkstoffe (und deren zunehmenden Einsatz im Automobilbau) kam es in den letzten Jahren zu neuerlichen Innovationen bei der Stahlentwicklung. Durch neue Herstellungs-, Verarbeitungs- und Fertigungsverfahren können Stahlwerkstoffe die Konkurrenz in einigen Bereichen wieder verdrängen. TRIP-Stähle (TRansformation Induced Plasticity) beispielsweise erreichen durch eine verformingsinduzierte Umwandlung von Restaustenit zu Martensit sehr hohe Festigkeiten bei moderaten Umformkräften. Durch Umformung im thixotropen Zustand (halb fest, halb geschmolzen) sind hohe Umformgrade und geringe Wandstärken bei geringem Schwindmaß möglich - „Thixoforming“ von Stählen stellt damit ein innovatives Verfahren dar. Zudem ist Stahl weiterhin der Konstruktionswerkstoff schlechthin für den Werkzeugbau: Für die Herstellung, Ver- und Bearbeitung neuer Werkstoffe werden auch in Zukunft stets Werkzeuge aus Stahl notwendig sein.
Im Mittelpunkt unserer Forschung an Stahlwerkstoffen stehen derzeit:
- TRIP-Stähle
- IF-Stähle
- Werkzeugstähle
- Thixoforming
- Werkstoffverbunde mit Stahl
- Fügen von und mit Stahlwerkstoffen
Ultrafeinkörnige (ultrafine-grained – UFG) Werkstoffe werden seit etwa 30 Jahren gezielt hergestellt und erforscht. Ihre Herstellung erfolgt entweder durch das Kompaktieren nanoskaliger Pulver oder durch hochgradig plastische Umformung (SPD – Severe Plastic Deformation) von bereits massiven Halbzeugen. Die Erforschung der Entstehung der ultrafeinkörnigen oder nanokristallinen Gefüge und der daran beteiligten Mechanismen sind aktuelle Schwerpunkte vieler Studien und eines der auch international besonders sichtbaren Forschungsgebiete am LWT. Neben den mikrostrukturellen Besonderheiten werden auch die mechanischen Eigenschaften dieser Materialien, die sich teilweise stark von den grobkörnigen Vergleichszuständen unterscheiden, auf verschiedenen Längenskalen studiert.
Im Mittelpunkt aktueller Forschungen am LWT stehen folgende UFG-Werkstoffe:
- hochreine Metalle (Reinheit min. 99,99 %): Kupfer und Aluminium
- ausscheidungshärtbare Aluminiumlegierungen der 2000er, 6000er und 7000er Reihe
- naturharte Aluminiumlegierungen der 5000er Reihe
- partikelverstärke Aluminiumlegierungen der 2000er Reihe
- Eisen und niedrig legierte Stähle
Materialien mit Formgedächtnis können sich nach einer scheinbar bleibenden Deformation von mehreren Prozent in ihren ursprünglichen Zustand zurück verformen, wenn man sie erwärmt. Die Ursache dafür liegt in einer reversiblen martensitischen Umwandlung. Aus dem Alltag bekannte Anwendungen der bekanntesten Formgedächtnislegierung (FGL) NiTi sind Zahnspangen und flexible Brillengestelle. Auch andere Produkte der Medizintechnik, wie Führungsdrähte und Stents, oder Aktoren in der Luft- und Raumfahrttechnik, werden mit Hilfe von NiTi-FGL realisiert. Eine gute Biokompatibilität und die hohe Flexibilität, die mit der Verformbarkeit biologischer Materialien wie Knochen oder Sehnen vergleichbar ist, prädestinieren NiTi für Anwendungen in der Medizintechnik. Die funktionalen Eigenschaften von NiTi ermöglichen die gleichzeitige Nutzung als Sensor und Aktor. Auf diese Weise lassen sich, auch im Verbund mit anderen Werkstoffen wie Polymeren „smarte“ Materialien erzeugen, die gezielt auf äußere Reize reagieren. Das themo-mechanische Verhalten von NiTi-FGL ist äußerst komplex und daher immer noch Gegenstand der Grundlagenforschung.
Am LWT untersuchen wir momentan beispielsweise:
- schmelzmetallurgisch hergestelltes pseudoelastisches Stangenmaterial, pseudoelastische Bleche und martensitische Aktordrähte
- durch Abscheidung aus der Gasphase hergestellte epitaktische und polykristalline Schichten - frei oder substratgebunden als Drähte und Dogbone-Proben
- Lokales Umwandlungsverhalten, charakterisiert durch Nanoindentation und Rasterkraftmikroskopie
- Lokalisierungsphänomene (Bildung von Martensitbändern) unter verschiedenen Lastzuständen
Leichtbau ist ein Schlüsselbegriff des modernen Maschinenbaus. Auf der Werkstoffseite kann man mit Hilfe von festeren Legierungen oder durch gleichfeste Werkstoffe mit geringerer Dichte Leichtbau betreiben – hier setzt beispielsweise die Forschung in unserem SFB692 an. Ein alternativer Ansatzpunkt sind Werkstoffverbunde, in denen unterschiedliche Materialien so kombiniert werden, dass ein Bauteil an verschiedenen Stellen sehr unterschiedliche Eigenschaften aufweisen kann. Das Grundprinzip der Werkstoffauswahl „den richtigen Werkstoff an die richtige Stelle“ wird hier auf die Bauteil- und Komponentenebene übertragen. Hybride Metall-Kunststoff-Verbunde, die für die Anforderungen im jeweiligen Einsatz maßgeschneidert werden können, stellen ein zukunftsträchtiges Forschungsgebiet dar. Unter anderem in zwei Projekten in den Schwerpunktprogrammen SPP1640 und SPP1712 befassen wir uns mit der Herstellung, den Eigenschaften und dem Crashverhalten von Werkstoffverbunden aus Aluminium- und Stahlblechen sowie aus faserverstärkten Kunststoffen mit metallischen Einlegern.
Der Begriff „Biomaterial“ hat eine unterschiedliche Bedeutung in verschiedenen Kontexten: Zum einen bezeichnet der Begriff Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen, z.B. Hölzer, oder allgemeiner Materialien biologischen Ursprungs wie Knochen oder Gewebe. Zum anderen versteht man speziell in der Medizintechnik unter Biomaterialien nichtlebende natürliche Materialien oder Werkstoffe, die im Körper unmittelbar in Kontakt mit biologischem Gewebe kommen. Durch den demographischen Wandel und den Boom der Medizintechnik werden Untersuchungen an derartigen Materialien in Industrie und Forschung immer bedeutender. Kenntnisse z.B. über die mechanischen Eigenschaften dieser Werkstoffe sind unerlässlich, bevor man sie im menschlichen Körper einsetzt. Die Forschung am LWT nimmt sich daher auch der oftmals schwieriger zu untersuchenden und daher in vielen Fällen kaum verstandenen Biomaterialien an. So betrachten wir derzeit geclinchte Verbunde aus verschiedenen Holztypen (Pappel, Birke, MDF, HF, Kiefer, Fichte) in Kombination mit metallischen Blechen. Mit Medizinern aus Leipzig führen wir zudem experimentelle Untersuchungen zum mechanischen Verhalten von azellulären Gerüstgeweben durch, für die es potenziell zahlreiche interessante Anwendungen in der Medizin gibt.