Kinematische Kette
Die kinematische Kette zeigt den strukturellen Zusammenhang der Getriebeglieder ohne Hinweis auf deren Funktion. Sie enthält eine Menge von \(n\) Gliedern, \(g_1\) Dreh- und Schubgelenken und \(g_2\) Kurven- und Zahnradgelenke und besitzt einen Freiheitsgrad \(F \geq 1\). Des Weiteren muss für jede Teilmenge \(n'< n\) von Gliedern mit \(g_1'\) und \(g_2'\) Gelenken zwischen diesen Gliedern die Bedingung \(3 \cdot (n'-1)-2g_{1}'-g_{2}'\geq 1\) erfüllt sein.
Erweitert man eine kinematische Kette mit einem Freiheitgrad \(F = 1\) um zwei gelenkig miteinander verbundene Glieder (Zweischlag), bleibt das Getriebe zwangläufig und der Freiheitsgrad unverändert. Wird ein Glied der kinematischen Kette zum Gestell und ein oder mehrere Glieder als Antriebsglied festgelegt, entsteht aus der kinematischen Kette ein Getriebe.
Drehgelenkketten mit \(F=1\)
Aus der Zwanglaufgleichung leitet sich das sogenannte Zwanglaufkriterium für ebene Getriebe ab: \[3(n-1)-2g_1-g_2-F=0\]
Für ebene Getriebe mit einem Freiheitsgrad \(F=1\) und \(g_2\)\(=0\) gilt dann das Grübler'sche Zwanglaufkriterium: \[3n-2g-4=0\]
Durch Umformung kann die Anzahl der vorhanden Gelenke \(g\) aus der Anzahl der Glieder ermittelt werden.
(g ist dann ganzzahlig, wenn n eine gerade Zahl ist)
\[g=3/2 \cdot n-2\]
Die Anzahl k der an einem Getriebeglied möglichen Gelenkelemente ergibt sich zu: \[k \leq n/2\] Außerdem kann die Anzahl der in einer kinematischen Kette vorkommenden Zwei- und Dreigelenkgliedern aus der Anzahl der Gliedern mit \(k\) Gelenken nach folgenden Gleichungen ermittelt werden: \[n_2=4+n_4+2n_5+...+(k-3)n_k\] \[n_3=n-(n_2+n_4+n_5+...+n_k)\]
Aus den oben genannten Beziehungen kann die Anzahl der möglichen Drehgelenkketten und Getriebetypen für eine vorgegebene Anzahl an Gliedern bestimmt werden.
Anzahl der Glieder | Anzahl der Drehgelenkketten mit F=1 | Anzahl der Getriebe mit Drehgelenken und einem definierten Antrieb im Gestell |
---|---|---|
4 | 1 | 1 |
6 | 2 | 9 |
8 | 16 | 153 |
10 | 230 | 4506 |
Für ebene kinematische Ketten mit einem Freiheitgrad \(F = 1\) und sechs Gelenken existieren zwei mögliche kinematische Ketten, die nach den englischen Ingenieuren Watt und Stephenson benannt sind.
Wattsche Kette
(benachbartes Dreigelenkglied)Stephensonsche Kette
(ohne benachbartes Dreigelenkglied)Regeln für das Aufstellen kinematischer Ketten
- Anzahl der Gelenke: \(g=n/2-2\) (für \(F=1\) und \(n \geq 4\) ist \(n\) geradzahlig)
- Anzahl der möglichen Gelenke je Glied: \(k \geq 1\)
- kein Gliedpolygon mit nur 3 Gelenken (Ausnahme Kurvengetriebe)
- Zweischläge können beliebig hinzugefügt oder weggenommen werden, der Freiheitsgrad wird davon nicht beeinflusst
- Für \(n \geq 8\) existieren Ketten ohne Zweischläge (Ketten nicht einfachen Aufbaus)