Zwillingspolymerisation
Eines der neuen Forschungsgebiete ist die sogenannte Zwillingspolymerisation, die in den letzten
Jahren im Arbeitskreis entwickelt wurde.
Die Zwillingspolymerisation ist vom Prinzip her einfach: eine speziell konstruierte Verbindung, das Zwillingsmonomer, reagiert in nur einem Arbeitsschritt zu zwei unterschiedlichen Homopolymeren (aus "Eins" mach "Zwei"). Diese Reaktion stellt in gewisser Hinsicht das Gegenstück zur Copolymerisation dar (aus "Zwei" mach "Eins"):
Die Zwillingspolymerisation ist vom Prinzip her einfach: eine speziell konstruierte Verbindung, das Zwillingsmonomer, reagiert in nur einem Arbeitsschritt zu zwei unterschiedlichen Homopolymeren (aus "Eins" mach "Zwei"). Diese Reaktion stellt in gewisser Hinsicht das Gegenstück zur Copolymerisation dar (aus "Zwei" mach "Eins"):
Bei näherer Betrachtung sind Zwillingspolymerisationen jedoch komplexe Prozesse. Im
Zwillingsmonomer sind die polymerisationsfähigen Bausteine kovalent miteinander verknüpft, so
dass in einem Arbeitsschritt zwei (perspektivisch auch mehr) verschiedene Polymere mechanistisch,
zeitlich und räumlich gekoppelt entstehen. Das gleichzeitige Wachsen mehrerer Polymerketten
erfolgt in einem begrenzten Reaktionsvolumen. Dies hat theoretisch zur Folge, dass die
Polymerstränge unmittelbar nach ihrer Entstehung auf molekularer Längenskala nebeneinander
platziert sind. Wenn die Diffusionsgeschwindigkeit der gebildeten, unterschiedlichen Ketten
langsamer als ihre Bildungsgeschwindigkeit ist, entstehen in einem definierten Zeitfenster
nanostrukturierte Hybridmaterialien. Direkt nach der Bildung der beiden Polymere kann die
Nanostruktur sowohl über chemische als auch physikalische Prozesse fixiert werden.
Unsere bisherigen Arbeiten auf dem Gebiet der Zwillingspolymerisation zeigen, dass es möglich ist
anorganisch/organische Nanokomposite aus definierten Silicium-, Bor- oder Titan-haltigen
Zwillingsmonomeren herzustellen, wobei als organische Komponente zum Beispiel Furfurylalkohol
oder Salicylalkohle möglich sind.
In Ergänzung zu den bekannten Polymerisationsprinzipien (Homopolymerisation, Copolymerisation und
Simultanpolymerisation) streben wir an, die Zwillingspolymerisation als neuen Polymerisationstyp in die
Makromolekulare Chemie und Materialwissenschaft einzuführen.
Aus dem Zwillingsmonomer 2,2\'-spirobi[benzo-4H-1,3,2-dioxasilin] werden in der Schmelze bei
90°C auf diese Weise transparente Phenolharz/SiO2-Nanokomposite hergestellt. Durch
die simultane Polymerisation verschiedener Zwillingsmonomere, wie z.B. mit
2,2-Dimethyl-4H-1,3,2-benzodioxasilin, können die mechanischen Eigenschaften sowie die
Domänengröße der Nanokomposite auch gezielt eingestellt werden.
oben links: | ORTEP-Darstellung des Spiro-Monomers.[5] - © [2009] Wiley - VCH |
oben rechts: | transparente Nanokomposite durch simultane Zwillingspolymerisation.[6] |
unten: | Energiegefilterte transmissionselektronenmikroskopische Aufnahmen eines Nanokomposits hergestellt mittels simultaner Zwillingspolymerisation. Helle Bereiche in der Abbildung entsprechen dem jeweiligen Element.[7] - © [2012] Wiley - VCH |
Ausgewählte Literatur zu diesem Thema:
[1] | Zwillingspolymerisation: ein Weg zur Synthese von Nanokompositen.
S. Grund, P. Kempe, G. Baumann, A. Seifert, S. Spange, Angew. Chem. 2007, 119, 636–640. DOI: 10.1002/ange.200504327 |
[2] | Synthesis of nanosized TiO2 by cationic polymerization of (μ4-oxido)-hexakis(μ-furfuryloxo)-octakis(furfuryloxo)tetra-titanium.
A. Mehner, T. Rüffer, H. Lang, A. Pohlers, W. Hoyer, S. Spange, Adv. Mat. 2008, 20, 4113–4117. DOI: 10.1002/adma.200801376 |
[3] | Nanoskaliges Wolframtrioxid durch In-situ-Zwillingspolymerisation.
F. Böttger-Hiller, R. Lungwitz, A. Seifert, M. Hietschold, M. Schlesinger, M. Mehring, S. Spange, Angew. Chem. 2009, 121, 9039–9043. DOI:10.1002/ange.200903636 |
[4] | Nanostructured Organic Inorganic Composites by Twin-Polymerisation of Hybrid-Monomers.
S. Spange, S. Grund, Adv. Mat. 2009, 21, 2111–2116. DOI: 10.1002/adma.200802797 |
[5] | Nanokomposite mit 0.5 bis 3 nm großen Strukturdomänen durch Polymerisation von Silicium-Spiroverbindungen.
S. Spange, P. Kempe, A. Seifert, A. A. Auer, P. Ecorchard, H. Lang, M. Falke, A. Pohlers, M. Hietschold, W. Hoyer, G. Cox, E. Kockrick, S. Kaskel, Angew. Chem. 2009, 121, 8403–8408. DOI: 10.1002/ange.200901113 |
[6] | Simultaneous Twin Polymerization - Controlling the Nanostructure Formation of Hybrid Materials
T. Löschner, A. Seifert, R. Lungwitz, G. Cox, A. Lange, H.J. Hähnle, S. Spange, Macromol. Rapid Commun. 2011, 32, F60–F61. |
[7] | Ein modularer Ansatz zur gezielten Herstellung nanostrukturierter Hybridmaterialien: Die Simultane Zwillingspolymerisation.
T. Löschner, A. Mehner, S. Grund, A. Seifert, A. Pohlers, A. Lange, G. Cox, H.-J. Hähnle, S. Spange, Angew. Chem. 2012, 124(13), 3312–3315. DOI: 10.1002/ange.201108011 |