Guimarães
Eng mit der Gründung der Nation und somit auch mit Afonso Henriques verbunden, darf die Stadt Guimarães nicht unerwähnt bleiben. Als vermutlicher Geburtsort Afonsos wird die im Distrikt Braga im Norden Portugals gelegene Stadt die 'Wiege der Nation' genannt. Darauf weist auch die auf einem der Türme der alten Stadtmauer zu findende Aufschrift Aqui nasceu Portugal (dt.: Hier wurde Portugal geboren.) hin.
Erbaut wurde die Mauer um das 14. Jahrhundert unter der Herrschaft des sechsten portugiesischen Königs, Dom Dinis (dt.: Dyonisius). Der zehnte König, Dom João I. (dt.: Johann I.), verzierte die Mauer mit den heute noch sichtbaren Zinnen. Ursprünglich umschloss das enorme Bauwerk die gesamte Stadt Guimarães. Eine zweite Mauer trennte die Gemeinden Santa María de Guimarães und São Miguel do Castelo voneinander. 1385 hob Dom João I. jedoch diese Unterteilung auf[1].
Im Jahr 1143 wurde die Unabhängigkeit Portugals de jure durch Kastilien-Leon anerkannt und Guimarães zur Hauptstadt erkoren. Diesen Status verlor sie zunächst an Coimbra, bis schließlich im Jahr 1255 Lissabon zum Machtzentrum Portugals wurde.
Für die Vimaranenses, die Bewohner der Stadt Guimarães, die sich auch heute noch selbstbewusst Conquistadores nennen, ist der 28. Juni - der Tag der Schlacht von São Mamede - weiterhin ein Feiertag in der Gemeinde. Die Klassifikation des Schlachtfeldes als 'Attraktion'[2] in einem Touristenführer von Guimarães deutet an, welch positive Konnotation dieser kriegsähnliche und damit blutige Kampf aufgrund seiner Wichtigkeit für die Entstehung des Königreiches erhalten hat.
Im Jahre 2001 wurde das historische Zentrum der Stadt zum Welterbe der UNESCO erklärt. Vorhaben, einen Teil der Stadtmauer zu zerstören, um den Zugang zu den Hauptverkehrsstraßen im Zentrum zu erleichtern, sind daher nur in begrenztem Maße umsetzbar.
Als Wahrzeichen von Guimarães gilt die Burg, seinerzeit bekannt unter dem Namen Castelo de Vimaranes. Das Bild zeigt einen Ausschnitt der Nordseite des Bauwerkes. Es wurde zwischen 958 und 968 von der Gräfin Dona Mumadona Dias zur Verteidigung gegen die Mauren gebaut. Um das 12. Jahrhundert ließen sich hier die Eltern Afonsos nieder. Zum besseren Schutz vor Feinden und als Ausdruck von Macht erhielt die Festung einen 28m hohen Turm, der die umliegenden Bauten sowie die Stadtmauer bei weitem überragt[3]. Auf einer kleinen Anhöhe errichtet, bekam der Standort im 19. Jahrhundert den Namen Colina da Fundação (dt.: Hügel der Gründung). Auf dem Gelände der Parkanlage in der Nähe der Burg befindet sich ein weiteres nationales Denkmal, das den Geburtsort des Landes auch in religiöser Hinsicht unterstreicht: Die Kapelle São Jorge, in der Afonso getauft wurde.
Nachdem die Burg bereits 1908 als nationales Denkmal klassifiziert wurde, nahm im Jahre 1937 die Direcção Geral dos Edifícios e Monumentos Nacionais (dt.: Generaldirektion der Nationalen Gebäude und Monumente) infolge der Erinnerungspolitik des Estado Novo den Wiederaufbau des Schlosses in Angriff[4]. Pünktlich zur 800. Jahresfeier der Gründung von Portugal wurde am 4. Juni 1940[5] die Burg schließlich eingeweiht. Aus diesem Anlass schenkte die Stadt Porto Guimarães eine Tafel, die an die Geburtsstunde des Landes erinnert. Neben der Widmung ist Afonso Henriques zu sehen. Vermutlich in Anlehnung an die Symbolik der europäischen Kunst hebt er siegreich einen Lorbeerkranz in die Höhe, der für die erkämpfte Unabhängigkeit des Königreichs Portugal steht. Vor seinem Körper hält der König ein Wappen, das auf den Spender der Tafel verweist: die Stadt Porto. Schräg hinter Afonso erahnt man die Silhouette des in Porto stehenden Torre dos Clérigos (dt.: Turm der Geistlichen).
Afonsos Spuren in portugiesischen Nationalsymbolen
Auch in staatlichen Symbolen hat Afonso Henriques seine Spuren hinterlassen, wie in der portugiesischen Flagge besonders gut erkennbar ist.
Die fünf blauen Schilde in der Mitte der Flagge stehen für die fünf maurischen Könige, die Afonso Henriques in der Schlacht von Ourique 1139 besiegte[6]. Kreisförmig um die Schilde herum sind sieben Festungen angeordnet. Sie repräsentieren jene Bastionen, die der König von den Mauren eroberte und aus denen das Königreich Portugal hervorging[7].
Die Bedeutung des Wappens als ein offizielles Nationalsymbol scheint größer zu sein, als das, was es inhaltlich im eigentlichen Sinne darstellt. So findet man das Symbol als auch einzelne Teile daraus an Denkmälern, die in keinem direkten Zusammenhang mit der Gründung Portugals stehen. Dies beweisen folgende Beispiele: Das Modell der Burg als Dekorationsmotiv in einem Park oder im Flaggenwappen an der Dom-Luís-Brücke in Porto.
Melanie Preisner, Bianca Dost und Lena Förster
[1] Vgl. Guimarães 1940: 67f.
[2] Zona de Guimarães 2004: 21.
[3] Vgl. Guimarães 1940: 70f.
[4] Vgl. ebd.
[5] Genau genommen hätte sich die Gründung bereits ein Jahr zuvor gejährt. Möglicherweise um ein rundes Datum zu haben, an das man sich zukünftig besser erinnern könnte und um gleichzeitig die erneute Unabhängigkeit von den Spaniern im Jahre 1640 jubilieren zu können, entschied man sich, die Jahresfeier erst 1940 abzuhalten.
[6] Vgl. Ruhl 1993: 167.
[7] Vgl. Herzog/Hannes 1990: 200f.
Bibliografie:
- Guimarães, Alfredo (1940): Guimarães. Guia de tourismo. Porto: Tipografia Porto Médico.
- Herzog, Hans-Ulrich/Hannes, Georg (1990): Lexikon Flaggen und Wappen. Leipzig: Bibliographisches Institut.
- Ruhl, Klaus-Jörg (1993): Spanien-Ploetz. Die Geschichte Spaniens und Portugals zum Nachschlagen. Freiburg i. Br., Würzburg: Ploetz.
- Zona de tourismo de Guimarães (Hrsg.) (2004): Weltkulturerbe. Stadtführer Guimarães. [o.O.]: [o.V.].
Bildnachweis:
- Wikipedia (Hg.): "Flag of Portugal" URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Flag_of_Portugal.svg, letzter Zugriff: 15.6.2007. Copyright-Erklärung: This image (or other media file) is in the public domain because its copyright has expired. This applies to the United States, Canada, the European Union and those countries with a copyright term of life of the author plus 70 years.
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