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Der Themenpark Portugal dos Pequenitos (dt.: Portugal der Kleinen) wurde vom Arzt und Medizin-Professor der Universität Coimbra Bissaya Barreto in klarer pädagogischer Absicht und zur Freizeitbeschäftigung für Kinder entworfen.[1] Die Umsetzung realisierte einer der berühmtesten portugiesischen Architekten der Moderne: Cassiano Branco. Seit seiner Einweihung am 8. Juni 1940 finden bis heute zahlreiche Schulklassen auf ihren Ausflügen den Weg in die Miniaturwelt des Portugal dos Pequenitos.

Der Park ist in drei thematische Zonen eingeteilt: Während im hinteren Bereich, aus der Zeit von 1938 bis 1940, Nachbildungen typischer Häuser verschiedener Regionen Portugals zu sehen sind, befinden sich im mittleren Teil ausgewählte Monumente und Gebäude. Der vordere Teil aus den 1950er Jahren entstand als Widmung an die ehemaligen portugiesischen Kolonien.[2]

Über dem Gelände liegt bis heute die Atmosphäre der früheren portugiesischen Kolonialausstellungen. Überdimensionale Statuen repräsentieren die europäische Idealisierung des 'Schwarzen Mannes' als Adonis und Arbeitskraft und überragen das Ensemble der Pavillons ehemaliger portugiesischer Kolonien: Mosambik, Angola, Guinea-Bissau, Kapverdischer Inseln, São Tomé und Príncipe, Osttimor, Indien und Brasilien. Diese Nachbildungen typischer Hütten oder Häuser der jeweiligen Kolonie beherbergen in ihrem Inneren ethnographische Artefakte und werden umrahmt von Totems, Statuen schwarzer Frauen und tropischer Vegetation.

Im Innenraum der Pavillons befinden sich Marmorsteinplatten mit dem Entdeckungspfeiler als Symbol der portugiesischen Übersee-Expansion. Ein kurzer, in die Steinplatten eingravierter Text präsentiert den Besuchern die jeweilige Kolonie. So ist beispielsweise auf der Steinplatte des Indien-Pavillons zu lesen:

"Die Entdeckung des Seewegs nach Indien, durch 'nie zuvor befahrene Meere', machte aus Manuel I. den Herrscher über die Handelsschifffahrt am Indischen Ozean. 1498 versuchte Vasco da Gama mit den indischen Völkern friedlich mit den so geschätzten Spezereien zu handeln. Doch die Intrigen der maurischen Händler zwangen uns dazu, die Herrschaft über die Meere mit Gewalt zu behalten. Die portugiesischen Schiffe besiegten die Türker, die Ägypter und die Inder, und unser Imperium in Indien festigte sich durch zahlreiche Festungen, die wir dort erbauten. Bis heute sind uns noch Goa, Damão und Diu erhalten geblieben."

Dieser Text stammt aus den 1950er Jahren. Die Verherrlichung der portugiesischen Entdeckungen und des portugiesischen Monopols über den Gewürzhandel im Indischen Ozean ist offensichtlich und erlaubt weder die Berücksichtigung der Perspektive fremder Völker noch die Infragestellung des kolonialen Unternehmens. Vielmehr wird durch die vereinfachten Darstellungen der Zusammenhänge und die Verwendung von 'uns' und 'wir' auf eine Verbundenheit zwischen Sender und Empfänger der schriftlichen Botschaft abgezielt.

Ein weiteres Element, das die Darstellung Portugals als Übersee-Imperium stützen sollte, ist eine etwa 25 Quadratmeter große Weltkarte, auf welcher die von Portugal 'entdeckten' Gebiete eingetragen sind. Die Statue Heinrichs des Seefahrers 'bewacht' diese Welt und betont mit dem Zitat aus Camões' Nationalepos: "Und gäb' es noch mehr an Welt, dort fasst' es Boden!" die besondere Rolle Portugals als Vorreiter der europäischen Übersee-Expansion. Dem Schriftsteller selbst ist eine Statue im Themenpark gewidmet. Auch Oliveira Martins, einer der bedeutendsten Nationaldenker des 19. Jahrhunderts, wird zitiert, um das Bild Portugals als Kolonial-Imperium zu untermauern:

"Der kühne und forschende Genius der Portugiesen lehrte Europa, wie man zu See fährt und kolonisiert."

Portugal dos Pequenitos ist ein bis heute lebendiges Beispiel für die Erinnerungspolitik des Estado Novo, welche auf die Verankerung des Bewusstseins für die Bedeutung des portugiesischen Kolonialimperiums in allen Bevölkerungsgruppen und bereits von Kindesbeinen an zielte. Mit Blick auf die heutige Erinnerungspolitik fällt jedoch die geringe Distanzierung zum imperialistischen Diskurs der Gründungszeit auf. Die ursprünglichen Inschriften der Steintafeln zu den jeweiligen Kolonien wurden so z.B. weder mit Kritik noch mit distanzierenden Bemerkungen versehen. Paradigmatisch hierfür ist die Haupttafel, die sich am Eingang des 'kolonialen' Teils des Parks befindet:

"Die Portugiesen waren unter den Europäern die Pioniere der geographischen Entdeckungen und der Öffnung der Welt. Damit lösten sie die Kommunikation zwischen den Kulturen und den Kontakt zwischen den Völkern aus allen fünf Kontinenten aus. Aus diesem großen Abenteuer entstand die moderne Welt. In der Folge dieser überseeischen Kontakte und kulturellen Dialoge [...] entstanden die verschiedenen lusophonen Länder. Heutzutage ist die Luso-Afro-Brasilianische Gemeinschaft eine der bedeutendsten des Planets."

Auf diese Weise funktioniert der Themenpark Portugal dos Pequenitos bis heute als Ort der Erinnerung an das portugiesische Kolonialimperium und verweist tagtäglich bei seinen Besuchern auf diese Säule portugiesischer Nationalidentität.

Teresa Pinheiro


[1] Ribeiro Colaço nannte den Park aus diesem Grund a cidade das crianças (dt.: die Stadt der Kinder), vgl.: Ribeiro Colaço 1940.
[2] Vgl.: Costa Lima 1939: 6ff.; Fundação Bissaya Barreto 1966: 6, 51, 81; Rocha Júnior: 5ff.



Bibliografie:

  • Costa Lima, José Joaquim da (1939): Portugal dos Pequenitos. Coimbra: Tipografia Gráfica de Coimbra.
  • Fundação Bissaya Barreto (Hg.) (1966): Portugal dos Pequenitos. Coimbra: Coimbra Editora.
  • Ribeiro Colaço, Tomaz (1940): Portugal dos Pequenitos. A cidade das crianças. Coimbra: [o.V.].
  • Rocha Júnior (1940): Portugal dos Pequenitos. Um país de conto de fadas. Coimbra: Tipografia Gráfica de Coimbra.

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