Konservative Intellektuelle und Politik in der Bundesrepublik
3.–4. Dezember 2015
Hörsaalgebäude
Raum N101
Reichenhainer Str. 90, 09126 Chemnitz
Wer heute auf den Nachkriegskonservatismus zurückschaut, wird nicht nur nach dem „restaurativen Charakter der Epoche“ fragen. Er wird sich auch für Aspekte der „Modernisierung“ interessieren, ja diese in den Mittelpunkt stellen. Tatsächlich problematisiert die neuere Forschung weniger die Kontinuitäten als die Brüche konservativen Denkens im 20. Jahrhundert. So lässt sich nicht nur ein „deradikalisierender“ Positionswechsel „von der Tat zur Gelassenheit“ diagnostizieren, sondern geradezu von einer liberalkonservativen intellektuellen Gründung der Bundesrepublik sprechen, der es gelungen sei, das hochideologisierte Denken der Zwischenkriegszeit in eine integrative bürgerliche Common-Sense-Philosophie umzubiegen. Die Geschichte des Nachkriegskonservatismus erweist sich als Erfolg, nämlich Demokratisierung, Durchsetzung der Marktwirtschaft und wohlfahrtsstaatliche Modernisierung von Gesellschaften nicht nur begleitet, sondern maßgeblich vorangetrieben zu haben.
Indes wirft dieses idyllische Bild der Erfolgsgeschichte Fragen auf: Welche Motive, Ideen und Leitbilder waren es, die den modernisierten Konservatismus nach 1945 in der Bundesrepublik für Wähler und Intellektuelle attraktiv machten? Wo liegen die (vielleicht bis heute zumindest latent schwelenden) Spannungen zwischen einzelnen Facetten – etwa zwischen einem christlichen und technokratischen Konservatismus? Bestand das konservative Integrationsmoment in einem – wenn auch nur vagen – gemeinsamen Ziel oder lediglich in der geteilten Ablehnung dessen, was mal zur totalitären, mal nur zur kommunistischen Gefahr erklärt wurde? In welchem Verhältnis stand der liberale Normalkonservatismus zu jenen Traditionen, die in der Bundesrepublik abgeschnitten werden mussten, um an dieser Erfolgsgeschichte mitzuschreiben? Beschönigt die Rede von der Modernisierung nicht bestimmte retardierende Momente, etwa die konservative Demokratiekritik, die angesichts der späteren geschichtspolitischen Debatten einerseits und der neuen sozialen Bewegungen andererseits erneut aufbrachen? Oder überblenden solche Fragen nach der genuin deutschen Entwicklung nicht den Umstand, dass sich ähnliche Prozesse auch in anderen westeuropäischen Staaten wiederfinden lassen?
Donnerstag, 3. Dezember 2015
Tagungseinführung: Intellectual History der Bundesrepublik
15.00–15.15 Uhr
Alexander Gallus/Frank Schale (Chemnitz)
Akademische Intellektuelle und der Konservatismus der Nachkriegszeit
15.30–17.00 Uhr
Sebastian Liebold (Chemnitz): Geistige Neugründung? Arnold Bergstraessers Ankommen in der Bundesrepublik
Magnus Klaue (Leipzig): „Der wahre Konservative“. Max Horkheimer und die Transformation des Konservatismus in der frühen Bundesrepublik
Frank Schale (Chemnitz): Carl Joachim Friedrich. Autorität und Staatsräson im Verfassungsstaat
Moderation: Alfons Söllner
Politischer Konservatismus und Antikommunismus
17.30–19.00 Uhr
Martina Steber (Augsburg): Kein Abschied von Wunschbildern. Die Deutsche Partei in den 1950er Jahren
Michael Harbeke (Bonn): Andreas Hermes (1878-1964) und das abendländische Weltbild zwischen 1945 und 1964 am Beispiel seiner Reden
Martin Maier (Marburg): Eine Frage „nationaler Selbstbehauptung“? Konservativer Antikommunismus im Jahrzehnt nach 1968
Moderation: Timo Luks
Freitag, 4. Dezember 2015
Internationale Perspektiven
09.15–10.45 Uhr
Johannes Großmann (Tübingen): Die „Internationale der Konservativen“. Gekreuzte Lebenswege und transnationale Elitenzirkel in Westeuropa seit 1945
Alexander Korb (Leicester): Internationalismus bei konservativen Publizisten und Journalisten 1930-1960
Moderation: Ellen Thümmler
Konservative Publizistik
11.00–13.00 Uhr
Patrik Schmidt (Berlin): Unruhige Entwürfe. Konservatives Denken und Schreiben im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung der 1950er und 1960er Jahre
Nils Lange (Potsdam): „Politik im Visier“. Matthias Walden als liberal-konservativer Kolumnist in der Bundesrepublik
Moderation: Alexander Gallus
Anfahrt
Öffentlicher Nahverkehr
- Buslinien 51 | E51 | X51 ab Zentralhaltestelle
- Richtung Reichenhain/Altchemnitz/TU Erfenschlager Str.
- Haltestelle TU Campus
Individuelle Anreise mit PKW
- Autobahnabfahrt Chemnitz/Mitte (Zentrum)
- Leipziger Str.
- Reichsstr.
- Gustav-Freytag-Str.
- Reichenhainer Str.
Anmeldung
Die Teilnahme ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.
Veranstalter
Technische Universität Chemnitz
Philosophische Fakultät
Professur Politische Theorie und Ideengeschichte
Projekt: Intellectual History der Bundesrepublik
Prof. Dr. Alexander Gallus
Kontakt
Das Forschungsprojekt wird gefördert von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.