Helmut Schelsky – der politische Anti-Soziologe. Eine Neurezeption
Foto: Universitätsarchiv Bielefeld |
Wissenschaftliche Tagung |
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Donnerstag, 25.10.2012, 15.00 - 18.30 Uhr
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Freitag, 26.10.2012, 10.00 - 13.00 Uhr
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Am 14. Oktober jährt sich zum hundersten Mal der Geburtstag eines der namhaftesten Sozialwissenschaftler der Bundesrepublik. Der in Chemnitz geborene Helmut Schelsky gehört zu den einflussreichsten, schillerndesten und umstrittensten Soziologen des zwanzigsten Jahrhunderts: Einerseits hat er wie kaum ein anderer die wissenschaftliche Forschungslandschaft geprägt: Als Forscher ist es ihm in zahlreichen Analysen gelungen, gesellschaftliche Wirklichkeit prägnant auf den Begriff zu bringen – sei es durch den Ausdruck der "skeptischen Generation" für die deutsche Nachkriegsjugend nach 1945 oder sein Stichwort von der "nivellierten Mittelstandsgesellschaft", in der soziale Konflikte durch kollektives Konsumverhalten abgebaut werden, provoziert bis heute. Als Hochschulpolitiker vertrat Schelsky die damals innovative und heute selbstverständliche Forderung nach einer die eigene Fachrichtung überschreitenden interdisziplinären Zusammenarbeit, die er mit der Gründung des Zentrums für interdisziplinäre Forschung in Bielefeld verwirklichte. Als Hochschullehrer hat er zahlreiche hochkarätige Sozialwissenschaftler gefördert, die weiterhin die deutsche Forschungslandschaft prägen. Andererseits führte ihn sein Konservatismus zeitweilig weit über den Rand des demokratischen Spektrums hinaus: Seit 1932 war er Mitglied der SA und seit 1937 Mitglied in der NSDAP. Obwohl Schelsky nach dem Krieg die Nähe zur SPD und zu den Gewerkschaften suchte, verschärfte sich spätestens seit der 68er-Protestbewegung zunehmend sein Tonfall gegen Linksintellektuelle und die Errungenschaften des demokratischen Wohlfahrtsstaates. Sowohl sein bisweilen hämischer (Anti)-Intellektualismus als auch sein ausbleibendes klares Bekenntnis zum parlamentarischen Regierungssystem verunsichern den Leser nach wie vor. Die Tagung möchte zunächst den Intellektuellen, Wissenschaftler und Lehrer Schelsky vorstellen, ihn als Konservativen in die deutsche Kulturgeschichte einordnen, sein Wissenschaftsverständnis diskutieren sowie durch gezielte Neulektüre seiner Arbeiten nach heutigen Anschlussmöglichkeiten suchen, aber auch deren Grenzen bestimmen. Dass die Tagungsteilnehmer neben Soziologen aus den Disziplinen Politikwissenschaft, Philosophie und Geschichtswissenschaft kommen, belegt Schelskys breit gefächertes Interesse. Neben Weggefährten und ausgewiesenen Schelsky-Experten sollen auch bewusst junge Akademiker zu Wort kommen und so nach Perspektiven zu suchen. Die Ergebnisse der Konferenz sollen dokumentiert und 2013 veröffentlich werden. Informationen zum Ablauf können Sie dem Tagungsprogramm entnehmen. Sollten Sie weitere Fragen zur Tagung haben, wenden Sie sich bitte an das Sekretariat der Professur. |
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