Homeoffice: Jeder Vierte fühlt sich durch die fließenden Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben belastet
TU-Psychologe Prof. Dr. Bertolt Meyer untersuchte die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Verhältnis von Arbeits- und Berufsleben im Homeoffice
Pressemitteilung der Techniker Krankenkasse, einem Kooperationspartner der Technischen Universität Chemnitz/Hamburg, 18. November 2020
Die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten, sorgt in der Corona-Pandemie dafür, dass wichtige Wirtschaftsprozesse weiterhin aufrechterhalten werden können. Neben den Vorteilen wie zum Beispiel der Kontaktvermeidung in der aktuellen Corona-Situation oder der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben hat die Arbeit auf Distanz aber auch ihre Schattenseiten. Laut einer Studie von Prof. Dr. Bertolt Meyer, Inhaber der Professur Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Technischen Universität Chemnitz in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse (TK) gaben rund 60 Prozent der Befragten, die von Zuhause aus arbeiten, an, dass im Homeoffice die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben verschwimmen. Mehr als jeder Vierte (27 Prozent) empfindet das als Belastung.
Für die Studie befragte das Team um Bertolt Meyer während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 bundesweit insgesamt mehr als 2.900 Berufstätige per Online-Fragebogen zu ihrer Arbeitssituation und psychischen Befindlichkeit. Die Befragung erfolgte in drei Wellen.
Burnout: Frauen besonders durch Corona betroffen
Studienleiter Professor Dr. Bertolt Meyer von der TU Chemnitz: „Über einen längeren Zeitraum betrachtet, fällt auf, dass sich besonders berufstätige Frauen im Homeoffice mit kleinen Kindern von der Doppelbelastung erschöpft fühlen. Die Belastung nahm nochmal auffällig in den Phasen von besonders starken Corona-Einschränkungen zu, zum Beispiel als Schulen und Kitas geschlossen waren. Insgesamt sind Frauen deutlich stärker belastet und von Burnout betroffen als Männer“, so Meyer.
Gesundheit, Belastungen, Möglichkeiten
Meyers Studie ist Teil des TK-Dossiers „Corona 2020: Gesundheit, Belastungen, Möglichkeiten“, das heute (18. November 2020) veröffentlicht wird. Für dieses Dossier wurden auch die Krankenstände und Arzneimittelverordnungen des ersten Halbjahres 2020 der 5,3 Millionen bei der TK versicherten Erwerbspersonen aufbereitet. Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK: „Einen außergewöhnlichen Anstieg von Krankschreibungen aufgrund psychischer Diagnosen wegen Corona können wir für das erste Halbjahr 2020 nicht feststellen. Allerdings werden seit Jahren kontinuierlich immer mehr Menschen aufgrund von Depressionen und anderen psychischen Belastungen krankgeschrieben. Die Möglichkeit besteht, dass Corona diese Entwicklung noch verstärkt.“
Vertrauenskultur ist das A & O
Um zumindest Stress und Burnout im Homeoffice zu vermeiden, gibt es viele Möglichkeiten. Dazu hat das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) in einem dritten Kapitel des Dossiers einen Überblick über die wissenschaftliche Literatur zum Thema Homeoffice aufbereitet. Ergänzt wird das Review durch konkrete Tipps für ein gesundes Homeoffice. Dr. Sai-Lila Rees vom IFBG: „Eine der wichtigsten Voraussetzungen beim Arbeiten auf Distanz ist die Vertrauenskultur. Auch zu Hause möchten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen guten Job machen. Vertrauen seitens des Arbeitgebers sorgt für Motivation“, so Rees.
Kommunikation, sozialer Austausch und pünktlicher Feierabend
Neben der richtigen technischen und ergonomischen Ausstattung des Arbeitsplatzes sind es vor allem Kommunikation und die sozialen Aspekte, die für ein erfolgreiches und gesundes Homeoffice sorgen. Zum Beispiel durch regelmäßige digitale Arbeitstreffen und Feedbackrunden. „Denkbar sind beispielsweise auch Kooperations-Tandems. So hat man immer eine Kollegin oder einen Kollegen, mit der bzw. dem man sich regelmäßig austauschen kann“, so Rees. Und für jeden Arbeitnehmer im Homeoffice gilt, auch auf sich selbst aufzupassen. „Dazu gehören beispielsweise regelmäßige Pausen und ein pünktlicher Feierabend. Sporttermine oder feste Familienrituale, wie zum Beispiel das gemeinsame Abendessen, können dafür sorgen, dass man dann auch wirklich den PC herunterfährt.“
Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Bertolt Meyer; Professur Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie der TU Chemnitz, E-Mail bertolt.meyer@psychologie.tu-chemnitz.de
Matthias Fejes
17.11.2020