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Fünf Fragen an Michaela Voltrová

Michaela Voltrová hat 2014 an der Philosophischen Fakultät der TU Chemnitz ihre Promotion abgeschlossen. Heute ist sie Prodekanin für PR, Internationalisierung und Lebenslanges Lernen an der Pädagogischen Fakultät der Westböhmischen Universität Plzeň

  • Eine Frau mit kurzen Haaren lacht.
    Michaela Voltrová hat an der TU Chemnitz promoviert und ist heute Prodekanin für PR, Internationalisierung und Lebenslanges Lernen an der Pädagogischen Fakultät der Westböhmischen Universität Plzeň. Foto: privat / Montage: Jacob Müller

Bei Michaela Voltrová bedeutet jeder Tag viel Kommunikation. Aus vielen Verhandlungen und Beratungen sind in den letzten Monaten ziemlich viele Videokonferenzen geworden. Wegen der Corona-Lage wird natürlich auch online unterrichtet. Voltrová hat 2014 zum Thema „Zu methodologischen und terminologischen Problemen der komparatistischen Imagologie“ an der Technischen Universität Chemnitz ihre Dissertation verfasst. Heute ist sie Prodekanin für PR, Internationalisierung und Lebenslanges Lernen an der Pädagogischen Fakultät der Westböhmischen Universität Plzeň (CZ).  

Frau Voltrová, Tschechien ist stark von der Coronavirus-Pandemie betroffen. Wie sieht Ihr Arbeitsalltag momentan aus?

„Diese Herausforderungen im Bereich der Online-Kommunikation hat das Coronavirus uns allen gebracht. Es freut mich jedoch, dass sich meine Arbeit nicht nur in operativer Tätigkeit erschöpft, sondern dass es auch weiterhin um strategische Vorhaben geht, die mir besonders viel Spaß machen.  

Bei uns werden momentan viele neue Projekte vorbereitet und umgesetzt – zum Beispiel geht es um das Pilsener Konzept für die Fakultätsschule oder um die Vorbereitung eines digitalen Screening-Instruments für die Identifizierung von Schülern, die durch die niedrigere Effektivität des Distanzunterrichts benachteiligt sind. Und dazu gibt es auch die Forschungstätigkeit, die mir Spaß macht, und einige germanistisch-linguistische Fächer, die ich in der Lehre betreue. Auch wenn ich also ziemlich viel Arbeit im Dekanat habe, kann ich auch in Forschung und Lehre tätig sein und mit unseren Studierenden im Kontakt stehen. Das ist für mich am schönsten.“

Vor welchen Herausforderungen stehen die Studierenden Ihrer Universität im Moment?

Alle Studierenden, und unsere sind dabei meines Erachtens keine Ausnahme, stehen vor der großen Herausforderung, „besondere Helden“ zu werden, wie es von der deutschen Bundesregierung bezeichnet wurde. Zu Hause zu bleiben, das studentische Leben nur online zu genießen und viele Distanz-Seminare zu absolvieren, ist für viele Studierende eine sehr anspruchsvolle Situation. Die Corona-Lage in Tschechien ist leider gar nicht gut und das ganze dauert schon sehr lange. Für Studierende unserer Fakultät ist es kompliziert, denn sie hatten sich auf den schulpraktischen Teil ihres Studiums gefreut. Dieser kann nicht umgesetzt werden, weil die Schulen geschlossen sind. Konkrete praktische Elemente werden online realisiert, was den Erwartungen der Fakultät und vor allem der Erwartung der Studierenden natürlich gar nicht entspricht. Wir hoffen daher, dass sich die Lage bald verbessert.

Sie haben in Plzeň und Chemnitz studiert. Macht die Grenze einen Unterschied oder ist die Region doch sehr ähnlich?

Beides trifft zu. Man kann schon konkrete Unterschiede während des Studiums beobachten, auch wenn viele Sachen gleich sind. Die Unterschiede hängen in meinen Augen vor allem damit zusammen, dass das tschechische und deutsche Bildungssystem ziemlich unterschiedlich ist. Es geht nicht nur um die Struktur, sondern auch um die Arbeitsweise im Unterricht in den Mittelschulen und auch Grundschulen. Die einzelnen Spezifika spiegeln sich offensichtlich in der Arbeitsweise an den deutschen bzw. tschechischen Universitäten wider. In Tschechien gibt es meistens zum Beispiel viel mehr Fächer, die Studierenden haben daher mehr Seminare und Vorlesungen in ihrem Stundenplan. In dieser Richtung vermisse ich das, was ich in Chemnitz erlebt habe: Größere Freiheit und Selbstständigkeit im Studium und das „Chemnitzer Modell“, in dem man sehr viel kombinieren konnte.

Was ist Ihnen von Ihrer Zeit in Chemnitz besonders in Erinnerung geblieben?

Viele Erlebnisse, Momente und vor allem Menschen, die mit Chemnitz verbunden sind, sind tief in meiner Erinnerung geblieben. Es geht dabei um viele spannende Seminare und Vorlesungen, sehr gute, nette und hilfsbereite Professoren und Professorinnen, meine geliebte Orangerie, den Chemnitzer Campus, die Stadt und ihre Umgebung und viel mehr. Sehr tief in meinem Herzen liegen lange Abende, die voll von schönen langen Gesprächen mit meiner deutschen Mitbewohnerin waren. Dank dieser Gespräche habe ich sehr viel gelernt – und dabei meine ich nicht nur deutsche Vokabeln. Tiefgehende Gespräche darf ich bis heute mit meiner Doktormutter, Prof. Elke Mehnert, führen, was ich sehr schätze. Es ist mir nämlich klar, dass eine so freundschaftliche Betreuung einer Doktorandin keine Selbstverständlichkeit ist. Insgesamt ist für die TU Chemnitz eine freundschaftliche, vielleicht sogar familiäre Atmosphäre typisch, was einem oder einer ausländischen Studierenden das Leben wesentlich erleichtert. Es freut mich besonders, dass ich mit bestimmten Menschen aus der TU Chemnitz immer noch in Kontakt bin, manche habe ich zum Beispiel während der 46. Jahrestagung Deutsch als Fremd- und Zweitsprache getroffen, die im März 2019 in Chemnitz stattgefunden hat und von Prof. Dr. Winfried Thielmann organisiert wurde.

Was nehmen Sie sich für die Zukunft vor? Was erhoffen Sie sich vom Jahr 2021?

Die Antwort muss sicherlich mehrere Ebenen beinhalten: Allgemein hoffe ich, dass das Jahr 2021 einen positiven Wandel in sich tragen wird. Natürlich hoffe ich, dass meine Nächsten, Freunde, Kollegen, Nachbarn usw. gesund bleiben und aus der Krise, die wir alle erleben, gestärkt herausgehen und körperlich oder anderweitig gesund sind. Hoffentlich finden wir Menschen mit viel Solidarität zueinander, sodass nur sehr wenige oder am besten niemand ohne Hilfe bleibt. Und dabei denke ich nicht nur an das tapfere Personal in Krankenhäusern, sondern auch an ein altruistisches Verhalten in der Gesellschaft allgemein. Es wäre wunderbar, wenn sich so eine Lebenseinstellung auch unsere politischen Eliten aneignen würden. Einer der von mir erhofften Effekte der Corona-Krise ist es nämlich, dass die egoistischen und undemokratischen Richtungen in der Politik an Bedeutung verlieren. Leider befürchte ich jedoch vor einem krassen Gegensatz zu dieser stark idealisierten Hoffnung. Es wäre toll, wenn meine Familie gesund und zufrieden leben könnte und wenn ich mich auch in der Zukunft mit inspirierenden, kreativen und interessanten Angelegenheiten, die einen Sinn haben, beschäftigen könnte.

(Autor: Eva-Maria Moore)

Matthias Fejes
07.12.2020

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