TU Chemnitz stellte in der Schweiz Demonstrator zu virtuellen Theater- und Konzerterlebnissen vor
Zukunftstechnologien für den Rundfunk im Fokus: Projekt „SocialSTAGE-VR“ beteiligte sich am 26. Januar 2023 mit Keynote-Vortrag auf dem Production Technology Seminar PTS der European Broadcasting Union in Genf
Der von der Technischen Universität Chemnitz geführte Forschungs- und Entwicklungsverbund „SocialSTAGE-VR“ entwickelt Technologien, wie Theateraufführungen, Konzerte oder andere Bühnenveranstaltungen in virtuelle Räume übertragen und so von überall auf der Welt mittels Virtual-Reality-Brillen erlebt werden können. Teilergebnisse und ein erster Technologiedemonstrator wurden nun auf Einladung der European Broadcasting Union (EBU) auf dem Production Technology Seminar 2023 in Genf in einer Keynote vorgestellt.
Die European Broadcasting Union (EBU) ist mit 112 Mitgliedsorganisationen in 56 Ländern die weltweit führende Allianz der öffentlich-rechtlichen Medien. Mit fast 2.000 Fernseh-, Radio- und Online-Kanälen und -Diensten erreichen deren Mitglieder zusammen weltweit mehr als einer Milliarde Menschen. Das jährlich stattfindende Production Technology Seminar der EBU ist eine der wichtigsten Branchenveranstaltung für aktuelle und zukünftige Entwicklungen in der Medienproduktionstechnologie. 2023 lag der Schwerpunkt auf Technologien und Trends, die die Art und Qualität moderner Medienerlebnisse neu definieren.
Technologie mit Potential, Formen kultureller und sozialer Teilhabe zu erweitern
In ihrer Keynote gaben Selina Palige von der TU Chemnitz und Dr. Joachim Keinert vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen einen Einblick in die Potentiale virtueller immersiver Technologien für neue Formen kultureller und sozialer Teilhabe. Mit VR-Brillen, deren Entwicklung rasant voranschreitet und die immer mehr auch von Endkonsumenten genutzt werden, können vom heimischen Sofa aus Veranstaltungen, die an einem anderen Ort stattfinden, virtuell besucht werden. Mittels eingebetteter Avatare, also digitaler menschlicher Abbilder, sowie Kommunikations- und Interaktionstechnologien können diese Erlebnisse zusammen mit anderen ebenfalls örtlich entfernten Personen gemeinsam in der VR erlebt werden – ganz wie bei einem realen Theater- oder Konzertbesuch.
„Dieses räumliche und soziale Präsenzgefühl das dabei entsteht, bieten herkömmliche Medien- und Kommunikationstechnologien nicht“, berichtet Dr. Frank Dittrich, Projektinitiator und -koordinator. Zweidimensionale Bildschirme, wie TV-Geräte oder mobile Endgeräte, ermöglichen nur eine passive Betrachtung von „außen“. „Dass Medieninhalte gemeinsam mit anderen ebenfalls örtlich entfernten Personen so erlebt werden können, als ob man selbst dabei und mit anderen zusammen ist, hat das Potential, Medienkonsum grundlegend zu verändern“, so Dittrich weiter.
Erstmals der Öffentlichkeit vorgestellter Demonstrator zeigt Lösungswege zur Überwindung von technischen Hürden
Die Überführung dieser Potentiale in die Praxis stellt sich für Rundfunkanstalten aktuell noch als Herausforderung dar. In ihrer Keynote auf dem Seminar in Genf zeigten die Forschenden konkrete Lösungswege, an denen im Projekt gearbeitet wird. Erste Ergebnisse wurden von ihren Projektpartner der Die Etagen GmbH anhand einer Prototypenanwendung, die zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, vor Ort gezeigt. Mittels VR-Brillen konnten sich die Teilnehmenden im virtuellen Chemnitzer Opernhaus treffen, das derzeit als Erprobungsszenario genutzt wird. Zu sehen waren Bühnenaufzeichnungen einer Generalprobe des aktuellen Bühnenstücks „Die lustige Witwe“, die mit verschiedenen Kamerasystemen aufgezeichnet, unterschiedliche Erlebnisstufen immersiver Medien zeigten. Zugeschaltet wurden Projektmitarbeitende, die in der virtuellen Realität die Besuchenden vor Ort durch das virtuelle Theatererlebnis und seinen technischen Umsetzungen führten. Zukünftig soll nicht nur das soziale Erlebnis in Echtzeit erfolgen, sondern auch die Bühnenstücke selbst sollen live aus dem Theater in den virtuellen Raum übertragen werden.
Zum Hintergrund: Projekt „SocialSTAGE-VR“
Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „SocialSTAGE-VR“ wird seit September 2021 für drei Jahre mit insgesamt 1,85 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Neben der TU Chemnitz (Professur Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement, Prof. Dr. Bullinger-Hoffmann, sowie Professur Produktionssysteme und -prozesse, Prof. Dr. Martin Dix) sind weitere Forschungseinrichtungen und Unternehmen, wie das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS aus Erlangen, die Die Etagen GmbH aus Osnabrück, die YOUSE GmbH aus Berlin, die rooom AG aus Jena sowie die point omega AG aus Heidelberg am Projekt beteiligt. Neben Theateraufführungen hat das Projekt auch andere Live-Entertainment-Formate im Bereich von Bühnenaufführungen und TV-Formaten im Blick. Unterstützt werden die Forschenden dabei von weiteren assoziierten Partnern und Partnerinnen wie dem ZDF oder der Berliner Popgruppe MIA. Zudem besteht ein enger Austausch mit Akteurinnen und Akteuren der Europäischen Kulturhauptstadt Chemnitz 2025. Interessierte aus Kultur und Medien können sich gern beim Verbund melden und eine assoziierte Partnerschaft eingehen. So sind während der Projektlaufzeit regelmäßige Informationsveranstaltungen geplant, bei denen Projektergebnisse vorgestellt und mit der Kultur- und Medienbranche diskutiert werden sollen.
Weitere Informationen sind abrufbar unter https://www.tu-chemnitz.de/tu/pressestelle/aktuell/11263, https://www.tu-chemnitz.de/tu/pressestelle/aktuell/11419 und werden erteilt von M.Sc. Selina Palige, Professur Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement, Telefon +49 371 531-38330, E-Mail selina.palige@mb.tu-chemnitz.de
Homepage des Projektes: www.socialstagevr.de
Mario Steinebach
31.01.2023