„Das demokratische Chemnitz liest!“ auch an der TU Chemnitz
Unter anderem lesen zwei junge Ukrainerinnen am 10. Mai 2024 in der Universitätsbibliothek im Gedenken an die Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten im Jahr 1933
Am 10. Mai 2024 finden in Chemnitz zum dritten Mal Lesungen im Gedenken an die Bücherverbrennungen durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 statt. Es handelt sich um eine Aktion der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 gGmbH gemeinsam mit zahlreichen Partnerinnen und Partnern. Unter dem Motto „Das demokratische Chemnitz liest!“ gibt es von Sonnenaufgang (5:26 Uhr) bis Sonnenuntergang (20:44 Uhr) an unterschiedlichen Orten (Museen, Bibliotheken, Kirchen, aber auch im öffentlichen Raum) in Chemnitz jeweils ein- bis zweistündige Lesungen. Gelesen wird aus „verbrannter“ Literatur, aber ebenso aus couragierten Texten, die Hass und Ausgrenzung die Stirn bieten und sich für ein offenes, solidarisches und vielfältiges Miteinander positionieren. Das „demokratische Chemnitz“ liest im Rahmen dieser Aktion vielstimmig und vielsprachig.
In der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Chemnitz (TUC), Straße der Nationen 33, wird von 15:00 bis 16:30 Uhr im Raum 311 gelesen. Zu Beginn werden Lesende aus Chemnitzer Partnerstädten per Videokonferenz zugeschaltet. Spätestens ab 16 Uhr wird ein besonderer Fokus auf die Ukraine gerichtet. Es lesen aus der Literatur ihrer Heimat die beiden ukrainischen Frauen Veronika Borysiuk (18) und Sofia Vidzhata (18), die von der russischen Aggression 2022 nach Chemnitz geflüchtet sind. Sie beherrschen mittlerweile Deutsch auf dem Niveau C2 bzw. B2 und trauen sich zu, die Lesung auf Deutsch wie auch auf Ukrainisch zu gestalten. Veronika Borysiuk präsentiert Lina Kostenko, eine der wichtigsten ukrainischen Dichterinnen. Ihr Poesiewerk ist von einer geistigen Unabhängigkeit und Widerstand gegen Denkverbote und Zensur geprägt. Nicht zufällig standen die Gedichte von Lina Kostenko in den 1960-er und 1970-er Jahren lange unter sowjetischem Publikationsverbot. Sofia Vidzhata liest aus Serhiy Zhadans Roman „Internat“, in dem der Anfang des Krieges 2014 im Donbas thematisiert wird. Im Juni 2022 wurde ihm der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels „für sein herausragendes künstlerisches Werk sowie für seine humanitäre Haltung, mit der er sich den Menschen im Krieg zuwendet und ihnen unter Einsatz seines Lebens hilft“ zuerkannt.
Prof. Dr. Vladimir Shikhman, Inhaber der Professur Wirtschaftsmathematik an der TUC sowie Koordinator der TUC-Geflüchtetenhilfegruppe, sagt mit Blick auf die Lesung und die beiden Lesenden aus der Ukraine: „Ich bewundere immer wieder aufs Neue den Mut, die Unnachgiebigkeit und die Freiheitsliebe junger Leute aus der Ukraine. Trotz traumatisierender Flucht- und Kriegserfahrungen engagieren sie sich in unserer Gesellschaft, lernen fleißig die deutsche Sprache und versuchen, uns an der Kultur ihres Landes teilhaben zu lassen. Es liegt nun an uns, der deutschen Hochschulöffentlichkeit, Interesse für das Schicksal der Ukraine zu zeigen und die Integrationsbemühungen der beiden Mädchen mit unserem Erscheinen in der von ihnen mitgestalteten Veranstaltung zu honorieren.“
(Der Beitrag wird laufend aktualisiert. Letzte Änderung: 6. Mai 2024, 08:53 Uhr)
Mario Steinebach
06.05.2024