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Elektronisch steuerbare Magnete durch Wasserstoff-Elektrochemie

Forschungsteam der TU Chemnitz demonstriert elektrochemisch schaltbare magnetische Eigenschaften in Vielfachschichten durch das Beladen mit Wasserstoff – Experimentelle Ergebnisse wurden in der Zeitschrift „Advanced Functional Materials“ publiziert

Die Änderung magnetischer Eigenschaften durch Anlegen einer elektrischen Spannung an Stelle eines magnetischen Feldes gilt als eine vielversprechende Möglichkeit, den Energieverbrauch zukünftiger magnetischer Bauelemente oder Datenspeicher deutlich zu senken. Das Forschungsfeld der Magneto-Ionik setzt dabei auf spannungskontrollierte elektrochemische Reaktionen, die großen Einfluss auf den Magnetismus haben können – auch an der Technischen Universität Chemnitz. Hier untersuchte ein Forschungsteam der Professuren Elektrochemische Sensorik und Energiespeicherung (Leitung: Prof. Dr. Karin Leistner) und Magnetische Funktionsmaterialien (Leitung: Prof. Dr. Olav Hellwig) die elektrochemische Wasserstoffbeladung als magneto-ionischen Mechanismus an magnetischen Vielfachschichten. Die Studie beleuchtete den Zusammenhang zwischen der Wasserstoffkonzentration und den magnetischen Eigenschaften und zeigte, dass sich beide über die elektrische Spannung steuern lassen. Die Ergebnisse wurden im Juli 2024 in der renommierten Fachzeitschrift „Advanced Functional Materials“ publiziert.

Die interdisziplinäre Arbeit, die zum Teil im Rahmen des ERC-Projekts „ACTIONS“ durchgeführt wurde, machte sich die Eigenschaft des Metalls Palladium zur Wasserstoffspeicherung zu Nutze, welches sich wie ein Schwamm für Wasserstoff verhält und große Mengen davon im Kristallgitter aufnehmen kann. Dies wird seit Langem zum Verständnis fester Wasserstoffspeicher erforscht. Der Effekt kann auch zur Veränderung der physikalischen Eigenschaften von Palladium-basierten Materialien genutzt werden. In ihrer Arbeit nutzte das Chemnitzer Forschungsteam die elektrochemische Wasserstoffbeladung am Modellsystem Nanometer-dünner Palladium/Cobalt-Vielfachschichten, welche durch ihre Vorzugsrichtung der Magnetisierung senkrecht zur Schichtebene auch im Kontext magnetischer Datenspeicher erforscht wurden.

In der Studie konnte erstmals gezeigt werden, dass sich die Wasserstoffkonzentration in den Vielfachschichten, wie in reinem Palladium, durch elektrochemische Wasserstoffbeladung einfach über die elektrische Spannung einstellen lässt. In einer sogenannten Flow-Zelle wurde dabei den Wasserstoffgehalt in den Vielfachschichten auch erstmals quantitativ über elektrochemische Analyse bestimmt. Magnetische Untersuchungen in elektrochemischer Umgebung erlaubten es in der Folge, Änderungen der magnetischen Koerzitivfeldstärke mit der Wasserstoffkonzentration zu detektieren. Durch den Vergleich mit theoretischen Vorhersagen konnten die Forscherinnen und Forscher eine erhöhte senkrechte Anisotropie bei Wasserstoffbeladung als Hauptursache für den magneto-ionischen Effekt ausmachen.

Darüber hinaus wurde gezeigt, dass sich auch die Geschwindigkeit einer Domänenwand (also der Grenze zwischen Regionen mit senkrechter Magnetisierung nach oben und nach unten) über die Wasserstoffbeladung steuern lässt. Bei konstantem Magnetfeld wurde durch magneto-optische Kerrmikroskopie in elektrochemischer Umgebung das kontrollierte Abstoppen einer Domänenwand durch Einbau von Wasserstoff und deren Weiterlaufen durch Ausbau von Wasserstoff experimentell realisiert. Diese Funktionalität ermöglicht eine potenzielle Anwendung der Magneto-Ionik in neuartigen magnetischen Datenspeichern, die auf dem Transport von Domänenwänden (sogenannte „Racetrack“ - Memories) beruhen. Es ist geplant die sich ergänzenden Expertisen zur Magneto-Ionik (Arbeitsgruppe Leistner) und zu magnetischen Dünnschichtsystemen (Arbeitsgruppe Hellwig) auch in zukünftigen Kooperationen weiter zu nutzen.

Publikation: Madeleine Bischoff, Rico Ehrler, Felix Engelhardt, Olav Hellwig, Karin Leistner, Markus Gößler. Magneto-Ionic Control of Coercivity and Domain-Wall Velocity in Co/Pd Multilayers by Electrochemical Hydrogen Loading, first published 01 July 2024, https://doi.org/10.1002/adfm.202405323

Weitere Informationen erteilt Dr. Markus Gößler, Professur Elektrochemische Sensorik und Energiespeicherung, Telefon +49(0)371 531-37533, E-Mail markus.goessler@chemie.tu-chemnitz.de.

(Autor: Dr. Markus Gößler)

Mario Steinebach
15.07.2024

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