Vom intelligenten Schulranzen bis zum Streifenthermometer an der Weinflasche
Fünf von sechs der von der TU am Johannes-Kepler-Gymnasium betreuten "Besonderen Lernleistungen" schafften am 23. Februar 2008 den Sprung zum Landeswettbewerb von "Jugend forscht", der Anfang April in Dresden stattfindet
Hannes Heinel und sein intelligenter Ranzen. Der Tüftler möchte jedoch eines Tages keine Firma gründen, die seine Erfindung wirtschaftlich umsetzt, sondern lieber Astrophysik studieren. Foto: Mario Steinebach |
Dieser Schulranzen ist der Traum vieler Eltern. Er kontrolliert nicht nur, ob alles, was in der Schule benötigt wird, auch drin ist, er sorgt auch für die nötige Sicherheit auf dem Schulweg. Entwickelt hat ihn Hannes Heinel. Der 17-jährige Schüler des Johannes-Kepler-Gymnasiums Chemnitz, der selbst in der Vergangenheit auch immer mal etwas zu Hause vergessen hat, steckte in jedes Buch eine kleine Lesekarte, die mit dem Unterrichtsfach und Gewicht des Buches codiert wurde. Über ein Lesegerät irgendwo in der Wohnung gelangen die Daten aus dem Ranzen in einen Computer, wo sie mit dem Stundenplan abgeglichen werden. Fehlt etwas, wird ein Warnsignal gesendet.
Auch das Thema "Sicherheit auf dem Schulweg" war dem kleinen Forscher wichtig. "Ich habe mich an das Schicksal von Natascha aus Österreich erinnert", erzählt Hannes Heinel. Das zehnjährige Mädel wurde 1998 von einem Mann entführt und blieb mehr als acht Jahre die Gefangene ihres Peinigers. "Deshalb wollte ich was für einen Schulweg tun, der sicherer ist." Mit einem vorhandenen Bausatz und einer geeigneten Programmiersprache sorgte Heinel dafür, dass sich das Navigationssystem GPS, ein Mikrocontroler und ein Handy verstehen. "Bewegt sich ein Kind mit seinem Ranzen von der Schule weg und verlässt dabei einen vorgegebenen Sicherheitsbereich, dann wird dies über GPS erkannt und an den Mikrocontroler weitergegeben. Der sendet einen Hilferuf an das angeschlossene Handy im Ranzen weiter - und von dort automatisch eine SMS mit den Koordinaten des exakten Aufenthaltspunktes des Kindes an das Handy von Vati oder Mutti", erläutert Heinel. Diese Koordinaten können beispielsweise schnell auf einer Internet-Karte angezeigt werden.
Noch ist der Prototyp etwas unhandlich und passt in eine Brotbüchse hinein. Doch die Idee überzeugte am Wochenende beim 17. Regionalwettbewerb "Jugend forscht" und "Schüler experimentieren" in Südwestsachsen nicht nur die Jury, die Hannes Heinel zu einem der beiden Regionalsieger im Fachgebiet Technik kürten. Auch das Technologie Centrum Chemnitz (TCC) zeichnete diese Entwicklung mit einem Sonderpreis aus. TCC-Geschäftsführer Prof. Dr. Dieter Tischendorf sieht in dem intelligenten Schulranzen auch ein enormes wirtschaftliches Potenzial. "Für einige Firmen aus unserem Haus, die sich zum Beispiel mit gedruckter Elektronik, Sensorik oder Navigation auskennen, dürfte dies ein interessantes Produkt sein", meint Tischendorf. Einen großen Anteil am Erfolg des Schülers des Kepler-Gymnasiums haben auch die Betreuer an der TU Chemnitz. "Philipp Lindner und Sven Jahn von der Professur Nachrichtentechnik haben mich sehr unterstützt", bedankt sich Heinel.
Überhaupt profitieren die Teilnehmer vom Johannes-Kepler-Gymnasium von der engen Verbindung zur Technischen Universität Chemnitz - sowohl bei der Betreuung der Arbeit zur "Besonderen Lernleistung" als auch bei der Vorbereitung auf den Wettbewerb "Jugend forscht". Die diesjährige Bilanz kann sich sehen lassen: Fünf der sechs von der TU Chemnitz betreuten "Kepler-Arbeiten" schafften den Sprung zum Landeswettbewerb "Jugend forscht" in Dresden. Insgesamt zwölf Projekte der 54 eingereichten Forschungsarbeiten wählte die 30-köpfige Fachjury als Regionalsieger aus.
Thomas Scheunert, Physiklehrer vom Johannes-Kepler-Gymnasium Chemnitz, sagte nach der Preisverleihung: "Ich bin froh, dass unsere Schüler von der Uni so gut betreut werden. Es macht Freude mitzuerleben, wie die Schüler dadurch motiviert werden und welche tollen Ideen Jahr für Jahr entstehen und umgesetzt werden." So haben beispielsweise die Schüler Anne Knuth und Tobias Adler im Bereich Physik mit dem Thema "Charakterisierung von thermochromen Farben" den Sprung nach Dresden geschafft. Sie trugen mit Siebdruck diese Farben auf ein geeignetes Trägermedium auf, das beispielsweise als Streifenthermometer zur Überwachung der Kühltemperatur von Weinflaschen zum Einsatz kommen kann. Betreut wurde diese Arbeit vom Institut für Print- und Medientechnik. Darüber hinaus nehmen auch die von der Professur Prozessautomatisierung und von der Fakultät für Naturwissenschaften betreuten "Keplerianer" am 4. und 5. April 2008 am Landeswettbewerb teil und hoffen auf das Ticket zum Bundesfinale von "Jugend forscht". Alle Betreuer drücken kräftig die Daumen.
Mario Steinebach
23.02.2008