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Im Uni-Labor analysiert Anja Naumann die Blickbewegungen des Studenten Thomas Schäfer während der Lektüre von Internet-Texten. Foto TU Chemnitz/Alexander Friebel

TUCaktuell Forschung

Das Webdesign entscheidet über den Wissenszuwachs

Chemnitzer Psychologen verraten, wie informierende Webseiten aussehen sollten

Das World Wide Web ist wie ein Fass ohne Boden: Rund vier Milliarden Dokumente stehen heute im Internet bereit, und täglich werden es etwa sieben Millionen mehr. Aber nicht alle Webseiten taugen viel - sie bauen sich entweder viel zu langsam auf oder sind zu unübersichtlich gestaltet. Seit vier Jahren sind Psychologen der TU Chemnitz diesem Problem auf der Spur. Unter Leitung von Prof. Dr. Josef Krems, der die Professur für Allgemeine Psychologie und Arbeitspsychologie innehat, gehen sie der Frage nach, wie Internetangebote aufgebaut sein müssen, damit der Nutzer gut und erfolgreich damit umgehen kann. Aus einer Vielzahl aktueller Studien haben sie Webdesign-Regeln herausgefiltert, die die Suche im Netz erleichtern könnten, wenn sie nur von den Anbietern befolgt würden:

Zehn goldene Webdesign-Regeln:


  • Vermeide lange Seiten mit Scroll-Balken.

  • Verwende kurze Textsegmente mit aussagekräftiger Überschrift

  • Verlinke nur Internetseiten mit engen inhaltlichen Bezügen zueinander

  • Verwende im Text so wenig Links wie möglich.

  • Vermeide lange Ladezeiten.

  • Präsentiere auf der ersten Seite eine Übersicht über die Struktur des Hypertextsystems.

  • Verwende ein Navigations-System, das dem Nutzer Auskunft gibt, wo er sich gerade im Text befindet.

  • Gib zu den bewältigten Aufgaben ein spezifisches Feedback.

  • Verwende hierarchische und keine netzwerkartigen Verlinkungsstrukturen.

  • Gib dem Nutzer die Möglichkeit, sich an den Webadministrator zu wenden.


Um dem Nutzerverhalten bei der Informationsbeschaffung im Internet auf die Schliche zu kommen und die Kriterien für eine benutzerfreundliche Gestaltung zu ermitteln, wurden an der Chemnitzer Universität bislang mehr als 300 Internetnutzer im Labor auf die Probe gestellt. Dank Infrarottechnik ermittelten die Psychologen die Blickbewegungen der Probanden, während sie Webseiten betrachten und analysieren zudem die Lesezeit, die Navigation und ihre Erinnerungsleistungen.

Obwohl die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, stehen erste wichtige Ergebnisse bereits fest: Werden beim Lesen der Seiten eher unspezifische Informationen gesammelt, erscheinen linear aufgebaute Texte im World Wide Web sinnvoller als netzwerkartige Hypertext-Strukturen. Es zeigte sich in den Laborversuchen, dass die Probanden weniger Orientierungsprobleme hatten, wenn beim lesenden Erschließen neuer Informationen ein Textelement klassisch auf das andere folgt – so wie bei einem Buch oder einer Zeitung. Und je schlechter die Orientierung, desto schlechter auch der Wissenserwerb. Steht allerdings die gezielte Informations-Suche im Vordergrund, sind wiederum die Hypertexte, also die elektronische Verlinkung von Texten, im Vorteil: Der Suchende klickt sich schneller und mit geringerem Orientierungsaufwand zu der gesuchten Antwort durch.

Eine besonders Erfolg versprechende Navigations-Strategie konnte bislang jedoch noch nicht ermittelt werden. "Alles deutet darauf hin, dass der potenzielle Nutzer mit seinem Vorwissen und seinen vermutlichen Rezeptionszielen viel stärker bei der Aufbereitung von Informationen im Internet berücksichtigt werden muss", so Prof. Krems, der dieses Projekt im Rahmen der Chemnitzer Forschergruppe "Neue Medien im Alltag" durchführt. "Optimal wäre, wenn diese individuelle Anpassung eines Tages online und dynamisch realisiert werden könnte."

Weitere Informationen gibt Prof. Dr. Josef Krems, Professor für Allgemeine Psychologie und Arbeitspsychologie der TU Chemnitz, unter Telefon (03 71) 531 64 21 oder per E-Mail josef.krems@phil.tu-chemnitz.de . Die Forschergruppe "Neue Medien im Alltag" der TU Chemnitz im Internet: http://www.tu-chemnitz.de/phil/NeueMedien/index.html.

Mario Steinebach
06.01.2003

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