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Wissenschaftler aus aller Welt forschen dank eines Alexander von Humboldt-Stipendiums an der TU Chemnitz - Fünf Humboldtianer berichten in "Forschung aktuell" über ihre Arbeit

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Vorgestellt: Dr. Mircea Christian Dudescu, Dr. Dmitry Ivanov, Dr. Sudeshna Chandra, Dr. Jianzhong Du und Dr. Volodymyr Dzhagan. Fotos: Antje Brabandt (4), Janine Mahler

"Einmal Humboldtianer, immer Humboldtianer" beschreibt Dr. Mircea Christian Dudescu sein Gefühl als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung. Seit März 2005 ist der gebürtige Rumäne wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Experimentelle Mechanik der Technischen Universität Chemnitz. Zu seiner großen Freude erhielt er im Dezember 2005 von der Alexander von Humboldt-Stiftung ein zwölfmonatiges Roman-Herzog-Forschungsstipendium. Bei dem Stipendiatenprogramm handelt es sich um eine gemeinsame Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung und der Alexander von Humboldt-Stiftung zur Förderung von Nachwuchswissenschaftlern aus Mittel- und Osteuropa. Unter der Leitung von Prof. Dr. Jochen Naumann forscht der 35-Jährige nun an der Analyse des elastisch-plastischen Materialverhaltens von Tiefziehblechen. Dafür nutzt Dudescu die so genannte elektronische Speckle-Muster-Interferometrie. Dies ist ein optisches Messverfahren zur genauen Erfassung von Deformationen. Seine Erkenntnisse über Tiefziehblech-Verfahren finden zum Beispiel im Automobilbau Anwendung. "Ein Humboldtianer zu sein, ist viel wert", so Dudescu. "Es ist ein weltweites Netz, das auch nach dem Stipendium den wissenschaftlichen Kontakt untereinander ein Leben lang fördert und die wissenschaftliche Arbeit finanziell unterstützt." Damit meint er zum Beispiel die Förderung weiterer Forschungsaufenthalte in Deutschland oder die Unterstützung bei der Anschaffung von wissenschaftlichen Geräten, um die angefangene Forschungsarbeit erfolgreich fortzusetzen. Nach seinem Stipendium wird Dudescu zunächst nach Rumänien zurückkehren und seiner Arbeit als Lektor an der Technischen Universität Cluj-Napoca (Klausenburg) nachgehen. An Transilvaniens größter Technischer Universität ist Dudescu seit seiner Promotion in der Abteilung Festigkeitslehre tätig. Einen weiteren Aufenthalt an der Chemnitzer Universität schließt er jedoch nicht aus.

Deutschlands und Russlands Logistik-Experten werden vernetzt

Dr. Dmitry Ivanov aus Sankt Petersburg ist bereits seit 2001 mit der Professur Produktionswirtschaft und Industriebetriebslehre der TU Chemnitz verwurzelt. Nach seinem Aufbaustudiengang Hochschulnachwuchs für Osteuropa (HOST) - eine Förderung für osteuropäische Wirtschaftswissenschaftler - sowie weiteren Gastbesuchen an der Chemnitzer Universität, empfahl ihn der Professurleiter, Prof. Dr. Joachim Käschel, für ein Stipendium. Kurze Zeit später erhielt Ivanov von der Humboldt-Stiftung die Bestätigung für ein Bundeskanzlerstipendium, eine Förderung für Führungskräfte aus der Russischen Förderation, China und den USA. Seit September 2005 arbeitet der russische Wissenschaftler an der Erarbeitung spezieller Methoden zur Modellierung und Optimierung auf dem Gebiet "Vernetze Produktion", worin er auch erfolgreich promoviert hat. Ziel der Forschung ist es, Produktionsnetze zu erstellen, die in Zukunft regional vorhandene Kompetenzen für die Ausführung größerer Kundenaufträge bündeln sollen. "Mit Hilfe neuester Technologien soll vor allem eine effektivere Zusammenarbeit zwischen klein- und mittelständischen Unternehmen geschaffen werden, um sich gegen große Unternehmen auf dem Markt zu behaupten", so Ivanov. Den ersten Erfolg seiner Arbeit verzeichnete der 28-Jährige im ersten "Deutsch-Russischen Logistik Workshop", den er im April dieses Jahres in Sankt Petersburg organisiert hat. Führende deutsche und russische Wissenschaftler und Fachleute auf den Gebieten Logistik und Produktion trafen zusammen, um zukünftig gemeinsamen den deutsch-russischen Wissenschaftsraum besser zu nutzen. Dafür wird unter anderem ein Koordinationsbüro aufgebaut, das unter der Leitung von Dmitry Ivanov als Verbindungsglied zwischen beiden Nationen dienen soll. Eines seiner nächsten Ziele ist dabei die Planung des zweiten "Deutsch-Russischen Logistik Workshops" in Chemnitz. Nach Ablauf seines Stipendiums, Ende 2006, möchte Dmitry Ivanov für die nächsten Jahre weiter an seinem Projekt an der Professur arbeiten und zukünftig seine persönlichen Erfahrungen und vor allem Sprachkenntnisse sowie seine Forschungsergebnisse in eine enge wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland investieren.

Neuartige chemische Sensoren sollen Wasseranalyse verbessern

Für die Chemikerin Dr. Sudeshna Chandra ist seit Ende Juli das auf zwei Jahre verlängerte Forschungsstipendium an der TU Chemnitz bereits vorüber. An die Professur Anorganische Chemie holte sie deren Leiter, Prof. Dr. Heinrich Lang, der bereits seit 2001 einen sehr engen Kontakt mit dem Indian Institute of Technology pflegt. Zunächst selbst vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert, setzt sich der Chemnitzer Chemieprofessor heute dafür ein, ausländischen Wissenschaftlern die Forschung an der Technischen Universität Chemnitz zu ermöglichen. Die gebürtige Inderin Sudeshna Chandra erforschte unter seiner Leitung die Synthese von organischen und metallorganischen Molekülen, die als Ionophore in chemischen Sensoren Verwendung finden. Das Verfahren findet zum Beispiel bei Wasseruntersuchungen Anwendung und dient damit unter anderem zum Umweltschutz. "Besonders gut hat mir die Arbeitsatmosphäre und das gut ausgestattete Labor gefallen. Vor allem konnte ich meine eigenen Ideen verwirklichen, was ich in Indien so nicht kennen gelernt habe", erklärt die 32-Jährige. Nur mit der deutschen Grammatik und der eingeschränkten vegetarischen Essensauswahl in der Mensa der TU hatte die Mutter eines sechsjährigen Sohnes ihre Anlaufschwierigkeiten. Zurück in Indien arbeitet Sudeshna Chandra in einem renommierten wissenschaftlichen Institut in Mumbai (Bombay), wobei sie einer Rückkehr nach Deutschland an die Chemnitzer Universität nicht abgeneigt ist.

So können Wasseroberflächen benetzt werden

Dr. Jianzhong Du aus China forscht seit Anfang dieses Jahres an der Chemnitzer Professur Physikalische Chemie. Er lernte den heutigen Professurinhaber Prof. Dr. Werner A. Goedel an der Universität in Ulm kennen und erhielt auf dessen Empfehlung ein Stipendium der Humboldt-Stiftung. Seither untersucht Jiangzhong Du an der TU Chemnitz Prinzipien der Benetzbarkeit von Wasseroberflächen. Wie wir von der klaren Suppe kennen, benetzt ein Öl eine Wasseroberfläche nicht als gleichmäßige dünne Schicht, sondern zieht sich zu Fettaugen zurück. Bedeckt man jedoch die Wasseroberfläche mit geeigneten Partikeln breitet sich dort das Öl als dünne Schicht aus. Dr. Du nutzt dieses Phänomen aus, um Benetzung zu schalten. Er bedeckt eine Oberfläche unvollständig mit kleinen magnetischen Partikeln, die sich zunächst anziehen und kleine zusammenhängende Bereiche auf der Oberfläche bilden. Danach legt der Chemiker ein Magnetfeld senkrecht zur Wasseroberfläche an, dessen Magnete sich gegenseitig abstoßen und sich gleichmäßig über die Oberfläche verteilen. Dabei breitet sich das Öl als dünne Schicht auf der mit Partikeln belegten Wasseroberfläche aus. Ist das Öl stark eingefärbt, lässt sich die Wasseroberfläche zwischen lichtdurchlässig und lichtundurchlässig schalten. Werden die dünne Ölschicht ausgehärtet und die Partikel anschließend entfernt, entsteht eine poröse Membran, die sich zum Beispiel bei Luftfiltern oder bei der Trinkwasseraufbereitung einsetzen lässt.
Der 31-Jährige schätzt an seinem Aufenthalt neben der sehr guten Arbeitsatmosphäre in seiner Gruppe vor allem die öffentlichen Verkehrsmittel. "In China leben so viele Menschen, dass man Busse oder Bahnen kaum nutzen kann, das ist hier in Chemnitz vorbildlich", schmunzelt der Chemiker. Allerdings lernte Jianzhong Du auch schon die Tücken der deutschen Bürokratie kennen, die ihn wesentlich länger auf bestellte Materialien warten ließ, als er es in seinem Heimatland gewöhnt ist. "Dank des Humboldt-Stipendiums habe ich schon viel über Deutschland kennen gelernt", so Dr. Du. "Das Projekt bringt mich in vielen Dingen weiter - auch über meine Zukunft nachzudenken." Diese möchte er gern für weitere Monate an der Professur verbringen, weil die Chemie an der TU Chemnitz sehr gut sei. Ansonsten zieht es ihn nach Großbritannien oder zurück nach Peking zu seiner Frau und seinem Sohn.

Für leistungsstärkere Laser oder Solarbatterien

Dr. Volodymyr Dzhagan arbeitet als Stipendiat der Humboldt-Stiftung seit März 2006 an der Professur Halbleiterphysik. Unter der Leitung des Professurinhabers Prof. Dr. Dietrich Zahn erforscht der gebürtige Ukrainer die Auswirkungen einer Oberflächenpassivierung auf Ausstrahlungseigenschaften von Halbleiterquantenpunkten. Durch die Änderung der chemischen Zusammensetzung und Größe der Halbleiterquantenpunkte ist es möglich, die Farbe des Lichtes, das von ihnen emittiert wird, in einem großen Bereich von Violett bis Infrarot zu variieren. Umgesetzt wird die Forschung unter anderem in Laser oder Solarbatterien in der Biologie oder Medizin. "Ziel meines Projektes ist die Halbleiterquantenpunkte billiger, stabiler und effizienter bei der Lichtemission herzustellen, was trotz großer Fortschritte in den letzten Jahren noch immer eine große Herausforderung ist", so Dzhagan. Vor seinem Stipendium arbeitete der 28-Jährige an gemeinsamen Projekten von Physikinstituten in Deutschland und der Ukraine, woraus sich ein enger Kontakt zu Dietrich Zahn und der TU Chemnitz entwickelt hat. Neben der deutschen Sprache, die er unbedingt noch besser beherrschen möchte, gewinnt der Physiker immer wieder neue Eindrücke: "Ich mag vor allem die Ordnung der Deutschen. Jeder weiß, was er zu tun hat", schmunzelt Dzhagan. Sein Stipendium möchte Volodymyr Dzhagan verlängern und weiter in Deutschland bleiben.

Stichwort: Humboldt-Stiftung

Jährlich ermöglicht die Humboldt-Stiftung über 1.800 Forschern aus aller Welt einen wissenschaftlichen Aufenthalt in Deutschland. 1953 wurde die Stiftung in Bonn wiedererrichtet. Heute verbindet das Humboldt-Netzwerk weltweit 22.000 Humboldtianer aller Fachgebiete in 130 Ländern. An der TU Chemnitz forschen derzeit acht Stipendiaten der Humboldt-Stiftung.
"Für die Hochschulen sind diese Forschungsaufenthalte ein Gewinn. Sie fördern sowohl den wissenschaftlichen Austausch als auch das Image der aufnehmenden akademischen Einrichtung" erklärt der Physikprofessor Dr. Michael Schreiber, Leiter der Professur Theorie ungeordneter Systeme an der TU Chemnitz. Seit sechseinhalb Jahren ist er Mitglied des zentralen Auswahlausschusses der Alexander von Humboldt-Stiftung und mit weiteren rund 50 Mitgliedern verantwortlich für die Vergabe von Forschungsstipendien.

Weitere Informationen zur Stiftung: http://www.humboldt-stiftung.de

(Autorin: Antje Brabandt)

Mario Steinebach
11.09.2006

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