Dr. Nicolaus Rehse (vorn) und Prof. Dr. Robert Magerle von der Professur Chemische Physik der TU Chemnitz zeigen an einem Modell und einer Projektion stark vergrößerte Kristalle des Kunststoffs Polypropylen. Gut zu erkennen sind die komplexe dreidimensionale Form und die Verknüpfung der Kristallite. Möglich wird dies durch eine neue von Prof. Magerle und seinem Team entwickelte Mikroskopiemethode - die Nanotomographie. Foto: TU Chemnitz/Uwe Meinhold |
Detaillierte 3D-Bilder aus der Nanowelt
Physiker der TU Chemnitz zeigen vom 16. bis 20. April 2007 auf der Hannover Messe, wie Gefügestrukturen von Werkstoffen mit Hilfe der Nanotomographie räumlich abgebildet werden können
Sie liefern 3D-Bildern aus dem Innersten der Werkstoffe und machen Gefügestrukturen im Nanometerbereich sichtbar. Gemeint sind Prof. Dr. Robert Magerle und sein Forscherteam von der Professur Chemische Physik der TU Chemnitz. Die von ihnen ständig weiterentwickelte Nanotomographie öffnet den räumlichen Blick auf Strukturen bis zu einer Größe von zehn Nanometer - was etwa 10.000 Mal kleiner ist als der Durchmesser eines menschlichen Haares. Diese Abbildungsmethode stellen die Wissenschaftler vom 16. bis 20. April 2007 auf der Hannover Messe vor. Auf dem Stand "Forschung für die Zukunft" (Stand A34 und C39) in der Halle 2 zeigen Mitarbeiter der Professur, wie mit Hilfe der hochauflösenden Volumenabbildung aktuelle Fragen der Materialwissenschaften beantwortet werden können.
Wie bei einer archäologischen Ausgrabung wird bei der Nanotomographie eine Probe Schicht für Schicht abgetragen. Dies geschieht zum Beispiel durch nasschemisches Ätzen, Plasmaätzen oder chemomechanisches Polieren. Nach jedem Schritt wird die freigelegte Probenoberfläche mit einem Rasterkraftmikroskop reliefartig abgebildet. Dabei wird nicht nur die Materialverteilung registriert, sondern auch die Form der Oberfläche vermessen. So erhalten die Wissenschaftler die genaue Lage der Materialkomponenten in einer Schicht - und zwar selbst dann, wenn diese eine gewisse Rauhigkeit aufweist. Aus dem Stapel von "Relief-Landkarten" mit nur wenigen Nanometern Abstand wird anschließend die dreidimensionale Struktur im Computer rekonstruiert.
"Die aus der Nanotomographie erhaltenen Strukturdaten eröffnen neue Möglichkeiten für die Herstellung moderner Materialien. Ausgehend von den 3D-Bildern lassen sich die Materialeigenschaften simulieren. Das liefert zum Beispiel Hinweise darauf, wie sich das Produkt für gewünschte Anwendungen optimieren lässt", erläutert Prof. Magerle. Große Bedeutung habe das Verfahren auch für das Verständnis der Strukturbildung und der Mikromechanik von nanostrukturierten Materialien, wie zum Beispiel hochfeste Metalllegierungen für Gasturbinen, aber auch Knochen und andere Biomaterialien.
Die Entwicklung der Nanotomographie wurde bisher von der VolkswagenStiftung mit rund 1,2 Millionen Euro gefördert. Prof. Magerle und sein Forschungsteam haben inzwischen viele polymere Materialien und metallische Legierungen abgebildet. Künftig wollen sie die Nanotomographie weiter erforschen und auf aktuelle Fragestellungen der Materialwissenschaften anwenden. "Zum Beispiel könnten die dreidimensionalen Bilder der Gefügestruktur - kombiniert mit Messungen der Mikromechanik - als Ausgangspunkt für eine sehr viel realistischere Modellierung der mechanischen Eigenschaften neuer Werkstoffe genutzt werden, als das bisher möglich war", berichtet Dr. Nicolaus Rehse, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Chemische Physik.
Weitere Informationen erteilen Prof. Dr. Robert Magerle, Professur Chemische Physik, Telefon (03 71) 5 31 - 38 033, E-Mail robert.magerle@physik.tu-chemnitz.de, und Dr. Nicolaus Rehse, Telefon (03 71) 5 31 - 33 541, E-Mail nicolaus.rehse@physik.tu-chemnitz.de
Mario Steinebach
29.03.2007