Wenn Nanoteilchen leuchten, können Computer schneller schalten
Chemnitzer Physiker treiben die Grundlagenforschung in der Nanotechnologie voran - Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert ein Projekt der Professur Optische Spektroskopie und Molekülphysik der TU Chemnitz mit 190.000 Euro
Aus dem Nanokosmos ans Tageslicht: Diplomand Thomas Baumgärtel und Dr. Harald Graaf (v.r.) beobachten ihre selbst hergestellten Nanostrukturen mit einem höchst präzisen Messaufbau. Foto: Uwe Meinhold |
Wenn es um Millimeter geht, ist noch alles klar: In dieser Größenordnung ist weitgehend erforscht, wie sich Materialien verhalten, welche chemischen Bindungen sie eingehen, welche physikalischen Gesetze gelten. Doch dringt man in kleinere Größenordnungen vor, dann stößt man auf immer neue Probleme. "Bei Systemen in der Größe von Nanometern gelten viele Gesetzmäßigkeiten einfach nicht mehr: Die Elemente verhalten sich anders, als wir es gewöhnt sind. Deshalb ist viel neue Grundlagenforschung nötig, um zu verstehen, was im Nanometerbereich vor sich geht", erklärt Dr. Harald Graaf, wissenschaftlicher Assistent an der Professur Optische Spektroskopie und Molekülphysik der TU Chemnitz. Dass in Zukunft kein Weg mehr an der Nanotechnologie vorbeiführen wird, da sind sich die Wissenschaftler einig - eine praktische Anwendung ist die Signalverarbeitung in logischen Strukturen. Bisher läuft sie mit elektrischen Signalen, doch hier lässt sich die Geschwindigkeit nicht mehr steigern. Damit Computerrechner trotzdem immer schneller arbeiten können, muss ein Ersatz für die elektrischen Signale her. Eine Möglichkeit: der Einsatz von Photonen. Photonen sind die Bausteine der elektromagnetischen Strahlung, die sowohl Teilchen- als auch Welleneigenschaften besitzen. Zur elektromagnetischen Strahlung gehört auch das für das menschliche Auge sichtbare Licht.
Damit diese so genannte optische Signalverarbeitung funktioniert, müssen auf den Oberflächen der Bauteile Strukturen aufgebracht werden, die Photonen aufnehmen und abgeben können. Doch welche Materialien eigenen sich dafür? Dieser Frage gehen derzeit Physiker der TU Chemnitz nach. "Präparation und Charakterisierung ein- und zweidimensionaler optisch aktiver Nanostrukturen mittels Rastersondenlithographie" heißt ihr Projekt, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) für eine Laufzeit von drei Jahren mit rund 190.000 Euro fördert. Mit diesem Geld wird unter anderem ein Diplomand der Professur als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Projekt übernommen. Außerdem wird ein Rasterkraftmikroskop finanziert, das es ermöglicht, Oberflächen mittels Nanolithographie zu bearbeiten. Bei diesem Verfahren wird auf eine sehr glatte Oberfläche - die Chemnitzer Forscher arbeiten mit Silizium - eine dünne so genannte organische Schicht aufgebracht. Diese verhindert, dass das Silizium an der Luft mit dem Sauerstoff eine Verbindung eingeht und oxidiert. Anschließend fährt die nanometerfeine Spitze des Rasterkraftmikroskops über die Oberfläche. Wird an sie eine Spannung angelegt, so wird genau an dieser Stelle Sauerstoff durch die organische Schicht transportiert. Erreicht der Sauerstoff das darunterliegende Silizium so wird dieses zu Siliziumoxid oxidiert. An diese Siliziumoxidstrukturen auf der Oberfläche binden die Wissenschaftler in einem weiteren Schritt einen in Wasser gelösten Farbstoff - ein so genanntes optisch aktives Material. Das lässt sich, wenn es beispielsweise von Laserlicht angestrahlt wird, anregen und leuchtet nun. Dieses Leuchten kann so genau gesteuert werden, dass es als optisches Signal dienen kann. "Wir suchen im Rahmen des Projektes zum einen geeignete Farbstoffe. Zum anderen erforschen wir die hergestellten Strukturen, zum Beispiel hinsichtlich ihrer Haltbarkeit", erklärt Graaf. "Wir planen eine Kooperation mit der Juniorprofessur Nichtklassische Synthesemethoden, weil die Forschung einige chemische Themen anschneidet. Da holen wir uns dann Experten aus dem eigenen Haus mit ins Boot."
Mit Hilfe der Nanolithographie haben die Chemnitzer Wissenschaftler im vergangenen Jahr bereits das damals kleinste Fußballfeld der Welt hergestellt - es ist so winzig, dass es etwa 1.000 Mal auf die Querschnittsfläche eines menschlichen Haares passt. "Die dabei gesammelten Erfahrungen mit dieser Technik bringen wir jetzt in das neue Projekt mit ein. Damals haben wir bereits nanometergroße Strukturen auf Oberflächen aufgebracht, diesmal binden wir an diese Strukturen noch Farbstoffe und bringen sie damit zum Leuchten", zeigt Prof. Dr. Christian von Borczyskowski, Inhaber der Professur Optische Spektroskopie und Molekülphysik, den Fortschritt der Forschung auf. "Weltweit wird an der Nanotechnologie geforscht - aber es wird sehr wenig veröffentlicht, da noch nicht immer sicher ist, dass die Ergebnisse ausreichend fundiert sind", so Dr. Harald Graaf. "Es gibt bei diesem Forschungsgebiet noch viel Ungewissheit und damit immer neue Probleme - aber das ist auch gerade die Herausforderung!" Dieser Herausforderung können sich auch die Chemnitzer Physikstudenten stellen. Sie reisen dabei nicht nur in den spannenden Nanokosmos, sondern auch in eine zukunftsweisende Arbeitswelt.
Weitere Informationen erteilt Dr. Harald Graaf, Telefon 0371 531-34807, E-Mail harald.graaf@physik.tu-chemnitz.de.
Katharina Thehos
29.10.2007