Computersimulation in der Vertebroplastie
Chemnitzer Wissenschaftler haben auf einem Workshop in München ein Gemeinschaftsprojekt zur Verbesserung der Vertebroplastie vorgestellt
Die Teilnehmer des Workshops in München. Foto: privat |
Die Vertebroplastie ist ein klinisches Verfahren zum Aufrichten und Stabilisieren osteoporotisch geschädigter Wirbelkörper. Dies geschieht durch Einspritzen von flüssigem Knochenzement in den Wirbelkörper und anschließendes Aushärten des Materials. Derzeitig verwendete Standardmaterialien sind akrylische Knochenzemente (PMMA), welche jedoch auch ihre Tücken haben: Die Aushärtung des Knochenzements basiert auf dem chemischen Prozess der Polymerisation, bei dem unter anderem eine erhebliche Wärmeentwicklung auftritt. Diese kann lokal zu Temperaturen von bis zu 70 Grad Celsius führen. Weitere Probleme sind zum Beispiel der nur wenige Minuten dauernde Aushärteprozess, welcher dem Arzt lediglich ein kleines Zeitfenster für die Applikation belässt, sowie die veränderte Wirbelsäulenstatik, die zu Folgebrüchen weiterer Wirbelkörper führen kann. Trotz dieser Probleme hat sich die Vertebroplastie unter Verwendung akrylischer Knochenzemente als Standardverfahren etabliert, da sie zu einer deutlichen Stabilisierung von geschädigten Wirbelkörpern und einer damit verbundenen Schmerzlinderung führt.
Mit dem Ziel, das Verfahren der Vertebroplastie sicherer zu gestalten und zu verbessern, haben sich Wissenschaftler der Professur Festkörpermechanik der Technischen Universität Chemnitz mit Kollegen des Instituts für Mechanik der Universität der Bundeswehr München im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes zusammengeschlossen. Des Weiteren steht Prof. Dr. Gamal Baroud von der Université de Sherbrooke in Kanada als Ansprechpartner für praxisrelevante Fragestellungen zur Verfügung. Das Projekt beinhaltet neben der experimentellen Analyse des Aushärteprozesses die Entwicklung eines thermomechanisch-chemisch gekoppelten Materialmodells sowie die numerische Umsetzung des Materialmodells im Rahmen der Finite-Elemente-Methode. Dieses Simulationswerkzeug bietet letztendlich die Möglichkeit, verschiedene Teilaspekte der Vertebroplastie virtuell nachzubilden und detailliert zu erforschen.
Um dem Anwenderkreis die Ziele und den aktuellen Stand des Projektes vorzustellen und außerdem offene Fragestellungen rund um die Vertebroplastie zu diskutieren, fand im Frühjahr 2010 in München ein Workshop zum Thema "Computersimulation in der Vertebroplastie" statt. An diesem Workshop beteiligten sich Experten verschiedener Fachdisziplinen rund um die Vertebroplastie, zum Beispiel Vertreter eines Knochenzementherstellers, Entwickler von Einspritzsystemen sowie Kontinuumsmechanik- und FEM-Spezialisten. Außerdem durften natürlich die Anwender der Vertebroplastie nicht außer Acht gelassen werden. Dementsprechend steuerte mit Prof. Dr. Thomas Blattert vom Universitätsklinikum Leipzig auch ein praktizierender Arzt einen Vortrag bei. Die Resonanz der Workshopteilnehmer war sehr positiv und hat bestätigt, dass mit Hilfe der entwickelten Simulationswerkzeuge noch offene, medizinisch relevante Fragestellungen erforscht werden können und das gesamte Forschungsprojekt somit zu einem besseren Verständnis des Verfahrens der Vertebroplastie beiträgt.
Weitere Informationen erteilen Prof. Dr. Jörn Ihlemann, Telefon 0371 531-36946, E-Mail ihlemann@mb.tu-chemnitz.de, und Ralf Landgraf, Telefon 0371 531-37455, E-Mail ralf.landgraf@mb.tu-chemnitz.de.
(Autor: Ralf Landgraf)
Katharina Thehos
27.04.2010