Chemnitz und Europa in den Augen der Jugend
Im "Jahr der Wissenschaft": Ausstellung des Projektes "Wissensbilder" im Rathaus gewährt bis 29. April 2011 Einblicke in die Gedankenwelt Chemnitzer Schüler
Was geht in den Köpfen Chemnitzer Jugendlicher vor? Welche Meinung haben sie von ihrer Stadt? Was wissen sie über Europa? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, riefen Anja Weller, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Medienkommunikation und Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Professur für E-Learning und neue Medien an der TU Chemnitz, und Julien Bucher, Politikwissenschaftsstudent an der TU Chemnitz, das Projekt "Wissensbilder" ins Leben. Die Ergebnisse dieses Kunstprojektes können noch bis zum 29. April 2011 im Ausstellungsraum des Chemnitzer Rathauses bewundert werden. Die Öffnungszeiten entsprechen denen des Rathauses: Montag bis Freitag, 8 bis 17 Uhr. Die Ausstellung ist Teil des Programms zum von Chemnitz begangenen "Jahr der Wissenschaft 2011". Gezeigt werden Bilder der 7., 9. und 11. Klassen des Johann-Wolfgang-von-Goethe-Gymnasiums Chemnitz, die sich mit den Themen "Ich und Chemnitz" sowie "Ich und Europa" befassen.
Die Idee zum Projekt kam Julien Bucher und Anja Weller während ihrer ehrenamtlichen Arbeit bei "Europa in Chemnitz". Im Rahmen dieser seit Mai 2009 bestehenden Initiative führten sie Workshops an Chemnitzer Schulen durch und stellten fest, dass in vielen Klassen ein Bewusstsein für Europa fehlt. Deshalb regten sie die Teilnehmer ihres daraufhin gestarteten Kunstprojektes "Wissensbilder" nicht nur dazu an, ihre Einstellungen zu Europa und Chemnitz in Form von Bildern auszudrücken, sondern informierten die Jugendlichen zusätzlich in Workshops über Möglichkeiten, in Europa aktiv zu werden.
Das Projekt wurde in drei unterschiedlichen Klassenstufen durchgeführt, um zu erfassen, wie sich das Bewusstsein der Schüler für ihre Heimatstadt und Europa mit dem Alter entwickelt. Ihre Vermutung, dass die Jugendlichen im Laufe der Schulzeit eine zunehmend fundierte persönliche Meinung zu ihrer Umgebung entwickeln, sehen die Projektinitiatoren in den entstandenen Bildern bestätigt. "Während die meisten Siebtklässler zu Chemnitz eine relativ allgemeine Meinung haben, also zum Beispiel Ikonografisches wie den Roten Turm und den Karl-Marx-Kopf darstellen, und zu Europa Flaggen und vielleicht ein paar Urlaubsländer malen, gibt es da auch schon ein paar Ausreißer, wo wirklich eine Meinung transportiert wird", so Julien Bucher. "Zum Beispiel wird in kritischen Bildern dargestellt, dass bei kulturellen Einrichtungen die Gelder gestrichen werden. Das wird von den Schülern durchaus wahrgenommen", fügt Anja Weller hinzu. Daneben tauche auch bei jüngeren Gymnasiasten eine Kritik an der überalterten Stadt und fehlenden Angeboten für Jugendliche auf, bei den Europa-Bildern sei diese Reflexion jedoch erst bei älteren Schülern zu erkennen.
Eines der im Rathaus ausgestellten Europa-Bilder stammt von Diana Sywous. Die Achtklässlerin hat sich umgeben von verschiedenen Ländern gezeichnet. Mit allen verbindet sie etwas Besonderes, seien es Urlaubsziele oder Lieblingsspeisen. Am wichtigsten sind Diana aber ihr Herkunftsland, die Ukraine, und ihre heutige Heimat Deutschland. Das Kunstprojekt hat der Schülerin sehr gefallen: "Es war interessant für mich, weil ich so etwas sonst nie in der Schule mache, Bilder für eine Ausstellung malen."
Das Titelbild des Projektes "Wissensbilder", das die Plakate und Flyer zur Ausstellung ziert, stammt von Tanja Eppendorfer, die heute ebenfalls die 8. Klasse des Goethe-Gymnasiums besucht. Um ihr Selbstporträt hat sie Chemnitzer Bauwerke angeordnet, die verschiedene Abschnitte ihres Lebens symbolisieren: "Der Rote Turm und der Karl-Marx-Kopf stellen meine Vergangenheit dar, die Schule - das Goethe-Gymnasium - meine Gegenwart und das Hauptuniversitätsgebäude meine Zukunft." Das Karl-Marx-Monument sowie den Roten Turm konnten die Projektleiter in fast jedem produzierten Bild wiederfinden - und zwar stets mit Positivem assoziiert. Eine Schülerin setzte sich in ihrem Bild sogar selbst den Karl-Marx-Schädel auf die Schultern und platzierte ihren eigenen Kopf dafür vor die Wand. Sehr überrascht hat Weller und Bucher auch das McDonald’s-Zeichen, das in sehr vielen der Chemnitz-Kunstwerke auftaucht. "Das scheint ein Treffpunkt zu sein, der wichtig für Chemnitzer Jugendliche ist. Das war uns nicht so bewusst", erklärt Anja Weller.
Mit den Ergebnissen des Projektes "Wissensbilder" sind die beiden Organisatoren sehr zufrieden. Vor allem freut es sie, dass die unterschiedlichen Standpunkte der Schüler in den Bildern so gut zum Ausdruck kommen. Nun möchten Anja Weller und Julien Bucher die Chemnitzer Bürger einladen, mit einem Besuch der Ausstellung im Rathaus selbst zu entdecken, wie die Jugendlichen ihre Stadt und Europa wahrnehmen.
Homepage des Projektes "Wissensbilder": http://www.projekt-wissensbilder.de
Weitere Informationen erteilen Anja Weller, E-Mail Anja.Weller@projektwissensbilder.de, und Caroline Glathe, Telefon 0176 45302753, E-Mail presse@projektwissensbilder.de.
(Autorin: Anett Michael)
Katharina Thehos
28.03.2011