Der etwas andere Tag der offenen Tür
Insbesondere Studieninteressenten und Absolventen der TU zog es zum "Langen Tag der Wissenschaft" an die TU - einige reisten extra aus anderen Bundesländern an
Obwohl er erst 15 Jahre alt ist, weiß Lucas Vogel schon jetzt, dass er nach dem Abitur an der Technischen Universität Chemnitz studieren möchte. "Entweder Elektrotechnik oder Informatik", sagt der Schüler der 9. Klasse des Europäischen Gymnasiums Meerane, der beim "Langen Tag der Wissenschaft" der TU Chemnitz zum ersten Mal gemeinsam mit seiner Mutter den Campus besuchte. "Einer meiner Lehrer hat mich auf die Veranstaltung hingewiesen. Nun möchte ich mich unter anderem auch darüber informieren, ob und wann ich in Chemnitz ein Schülerpraktikum absolvieren kann." Einen etwas längere Anreise hatten Sina Gierig aus Berlin und ihre Begleiterin. Die 20-Jährige hatte im Internetportal www.studieren.de vom Studiengang Sensorik und kognitive Psychologie erfahren. "Genau dieser Mix aus Technikwissenschaften und Psychologie interessiert mich, deshalb bin ich heute zu diesem besonderen Tag der offenen Tür gekommen, um mehr über den Studiengang und die Uni zu erfahren." Sie steuerte auch gleich den Stand des Studentenwerkes Chemnitz-Zwickau an.
Ebenfalls aus Berlin reiste Sophie Böttinger an - gemeinsam mit ihrem Opa. "Mir gefällt, dass der lange Tag der Wissenschaft sehr schön organisiert ist und dass man vertiefte Einblicke in die einzelnen Studiengänge bekommt. Ich fand nur schade, dass Veranstaltungen zu einzelnen Studiengängen simultan gelaufen sind. Zum Beispiel gab es eine Veranstaltung zu European Studies und gleichzeitig eine zu Pädagogik. Ich hätte mir gern beide angesehen. Am besten hat mir die Einführungsveranstaltung gefallen, weil dort die ganzen Vorteile vom Master- und Bachelorstudiengang erklärt wurden und warum es sich lohnt, an einer Uni zu studieren - das hab ich so in der Form noch nie gehört", sagt die Studentin, die bereits an einer Fachhochschule eingeschrieben, aber dort nicht ganz zufrieden ist. "Ich habe dort ein sehr verschultes System und auch ein eingeschränktes Angebot. Das stört mich ein bisschen. Ich überlege, an eine große Uni zu gehen, weil es hier einfach mehr Möglichkeiten gibt", ergänzt Böttinger.
Den Chemnitzer Jens Mauderer hatte "die reine Neugierde" an die Uni geführt. Gemeinsam mit seiner Begleiterin hat er sich im Hörsaalgebäude die Experimente der Mathematiker und Chemiker angesehen und bei den Physikern der Molekularküche gekostet. Danach zog es die beiden in den Universitätsteil Erfenschlager Straße, wo sie unter anderem an einer Führung durch die Experimentier- und Digitalfabrik teilnahmen. "Das wollte ich immer schon mal sehen. Bei der Museumsnacht vor ein paar Jahren haben wir das leider verpasst", erzählte der Systemadministrator der Firma Sander Fördertechnik. "Ich habe auch beruflich mit Transport und Logistik zu tun, und da mein Unternehmen zu den Kooperationspartnern der Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb zählt, interessiert mich dieser Programmpunkt besonders", so Mauderer, der sich anschließend auch die Führung durch das noch im Bau befindliche Projekthaus MeTeOr nicht entgehen ließ.
Ebenfalls gezielt die Erfenschlager Straße angesteuert hat Volkmar Sellge. Er war dabei nicht allein - gemeinsam mit neun seiner ehemaligen Kommilitonen besuchte er die Experimentier- und Digitalfabrik. "Wir haben von 1986 bis 1991 Technologie der metallverabeitenden Industrie studiert, das entspricht in etwa der heutigen Fabrikplanung", so der Chemnitzer, dessen Kommilitonen aus Sachsen, Thüringen und Bayern angereist waren. Seit dem Ende des Studiums trifft sich die Gruppe regelmäßig, zehn Jahre nach dem Studienabschluss war sie bereits an der Uni zu Besuch gewesen. Beim 20-jährigen Jubiläum bot nun der Tag der offenen Tür Gelegenheit, erneut an die TU zurückzukehren. "Auf dem Campus haben wir vor allem die neuen Gebäude besichtigt, wie etwa das Hörsaalgebäude. Und ein paar alte Hörsäle haben wir angeschaut", erzählte Sellge. An der Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb hatten sie im Vorfeld eine kleine Führung vereinbart - und waren beeindruckt von der Entwicklung in den Labors: "Es hat sich sehr viel getan, der technische Fortschritt ist schon immens", so Sellge.
Sein Studium noch vor sich hat Maximilian Krumpa. Er war aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein in Nordrhein-Westfalen angereist, um sich über ein Maschinenbau-Studium zu informieren. "Meine Eltern stammen aus Ostdeutschland und haben beide in Chemnitz studiert, deshalb bin ich auf die TU aufmerksam geworden", erzählte er. Zum kommenden Wintersemester möchte er mit dem Studium beginnen. "Für Chemnitz spricht, dass es hier keinen Numerus Clausus und keine Studiengebühren gibt", so Krumpa. Auf dem Campus und am Uniteil Erfenschlager Straße nutzte er den Vortrag über das Maschinenbau-Studium, die Führungen durch Forschungshallen und individuelle Studienberatung: "Es gefällt mir richtig gut, das Angebot ist sehr vertiefend - mehr als bei einem normalen Tag der offenen Tür."
Eine der jüngsten Studieninteressentinnen kam aus Oelsnitz im Erzgebirge: Katrin Vogel besucht die achte Klasse am Gymnasium in Stollberg und war mit ihren Eltern im Hörsaalgebäude der TU unterwegs. "Ich interessiere mich für ein Studium in einem naturwissenschaftlichen Fach", erzählte die Schülerin, die sich unter anderem am Infostand der Physik mit Flyern eingedeckt hat - auch über die Angebote des Instituts für Schüler. "Bisher hab ich noch keine Kontakte zur TU, die Studienorientierung fängt in der Schule auch erst in der neunten Klasse an", sagte die Oelsnitzerin, die sich ein Studium in Chemnitz gut vorstellen könnte: "Dann müsste ich auch nicht extra umziehen."
Voll besetzt mit Studieninteressenten war der Seminarraum, in dem Prof. Dr. Stephan Odenwald, Inhaber der Professur Sportgerätetechnik, den Studiengang Sports Engineering sowie das neue Studienangebot Medical Engineering vorstellte. "Durch seine starke Orientierung auf den Maschinenbau ist dieser medizintechnische Studiengang deutschlandweit einzigartig", sagte Odenwald. An den Informationsständen im Foyer des Hörsaalgebäudes wurden aber auch die anderen neuen Studienangebote oft hinterfragt, etwa die Bachelor-Studiengänge Elektromobilität und Regenerative Energietechnik.
In der Straße der Nationen waren leider nicht sehr viele Gäste unterwegs. Lediglich in der Chemie waren die Führungen und die Mitmachstationen gut besucht. Im "Future Campus" blickten hingegen nur wenige Kinder hinter die Geheimnisse der Mathematik und der Technik. "Vielleicht sind die Chemnitzer im Jahr der Wissenschaft auf Grund der Fülle von Veranstaltungen schon etwas gesättigt", vermutet Dr. Urs Luczak vom Wissenschaftsbüro der Stadt Chemnitz. Dies sei natürlich schade, denn viele Bereiche der Uni hatten sich speziell für diesen Tag ganz besondere Angebote ausgedacht - von der "Nischel-Produktion" bis hin zur Gabelstabler-Trickshow. "In den kommenden Jahren sollte man wieder überlegen, eine lange Nacht der Wissenschaft durchzuführen - vielleicht auch einmal wieder in Kooperation mit der Chemnitzer Museumsnacht, denn zur Premiere im Jahr 2005 strömten schließlich 4.000 Gäste an die TU", erinnert sich Luczak. Diese Zahl wurde zum langen Tag der Wissenschaft nicht erreicht, vermutlich waren es unter 1.000 Besucher. Dennoch kamen mehr Gäste als bei den bisherigen Tagen der offenen Tür im Mai bzw. Juni. Fazit: "Der mit viel Engagement vorbereitete Lange Tag der Wissenschaft hätte noch mehr Besucher verdient, jedoch waren die Gäste, die gekommen sind, sehr interessiert - einige werden wir als Studienanfänger in den kommenden Jahren begrüßen können", so Tobias Bauer von der Zentralen Studienberatung.
(Autoren: Katharina Thehos, Anett Michael und Mario Steinebach)
Mario Steinebach
29.05.2011