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Ein Tag, den man nie vergessen wird

Die Stadt Chemnitz gedenkt am "Chemnitzer Friedenstag" der Opfer der Bombardements vom 5. März 1945 - auch der TU-Vorläufer, die "Akademie für Technik", war von der Zerstörung betroffen

  • Zerstörte Häuser
    Zerstörung im Überblick: Rechts im Hintergrund ist das Gebäude der Staatlichen Akademie für Technik zu sehen. Foto: Universitätsarchiv

Der Boden erzitterte am Montag, den 5. März 1945 - aber nicht aufgrund der Kälte und des starken Schneesturms vom vorherigen Tag, sondern durch die zahllosen Bombeneinschläge. Es war nicht das erste Mal seit Kriegsbeginn, dass Chemnitz unter Beschuss stand, doch dieses Mal waren die Angriffe mit den bisherigen nicht zu vergleichen. In der ganzen Stadt war das Heulen der Sirenen zu vernehmen, die den Luftangriff der britischen und amerikanischen Bomber ankündigten. Waren es am Vormittag noch circa 250, so bombardierten am Abend ab 21.37 Uhr um die 700 Flugzeuge die Stadt. Der abendliche Angriff dauerte 31 Minuten, zerstörte 80 Prozent der Innenstadt und nahm über 2.100 Menschen das Leben. "Ein grauenvoller Nachtangriff auf Chemnitz. Der Himmel blutrot von der brennenden Stadt. Unaufhörlich Einschläge", schrieb Irene Pornitz in ihr Tagebuch. Sie lebte mit ihrem Mann, Ulrich Pornitz, einem Maschinenfabrik-Besitzer etwas außerhalb der Stadt auf dem Rittergut in Leukersdorf. Beide fuhren nach dem Angriff mit dem Schlitten in die Stadt und sie ergänzte " …alles Feuer, Qualm, einstürzende Häuser". In der Nacht vom 5. zum 6. März notiert Irene Pornitz in ihrem Tagebuch die Eindrücke von der zerstörten Stadt: "Auf der Stollberger Straße wälzt sich ein Strom von Tausenden von Flüchtlingen heraus, geschwärzte Gesichter, Brandwunden, erschöpft, apathisch, verzweifelt. Sie fahren Hand- und Kinderwagen mit geretteter Habe, kleine Kinder, alte Leute konnten nicht mehr weiter. Manche in bunten Bademänteln oder nur in Wolldecken, ein unbeschreiblicher Elendszug, den man nie vergessen wird." In der folgenden Zeit gewährte sie über 40 Personen einen Unterschlupf, denn selbst noch einige Tage später stand die Stadt in Flammen und kaum ein Gebäude bot Schutz vor der Kälte. Chemnitz ist eine tote Stadt, verkündeten die Alliierten einen Tag nach der Bombardierung.

Wie tot war zu dieser Zeit bereits die Akademie in Chemnitz. Nach vielen vorauslaufenden Bombenangriffen wurde die "Staatliche Akademie für Technik", eine der Vorläufereinrichtungen der Technischen Universität Chemnitz, infolge der Kriegsschäden am 24. Februar 1945 geschlossen. Im Laufe des Zweiten Weltkrieges wurde der Lehrbetrieb immer mehr beeinträchtigt. Zu Kriegsbeginn studierten noch 366 Studenten an der Akademie, zum Wintersemester 1942/43 waren es nur noch 102. Einige Studenten sowie Lehrkräfte wurden einberufen, andere wurden durch Luftangriffe getötet. Aber auch viele Räumlichkeiten der Akademie wurden zerstört, wodurch ein Unterricht nicht mehr möglich wurde. Am 14. Februar 1945 zerstörte eine Luftmine Fenster und Türen der Akademie, die schon damals im heutigen Hauptgebäude an der Straße der Nationen untergebracht war. Die Heizungsanlagen sowie die Wasserversorgung fielen aus. Am 5. März wurden durch den Großangriff Teile der Abteilung Flugzeugbau zerstört, ebenso Räume der Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr und des Färbereigebäudes. Erst einige Monate nach Kriegsende, am 3. Dezember 1945, wurde versucht, die Akademie wiederzueröffnen. Sie musste aber bereits am 6. Dezember wieder schließen, bis sie am 9. April 1946 als Fachschule mit dem Namen "Technische Lehranstalt Chemnitz" 466 Studenten ein neues Lernumfeld bot.

Mittlerweile sind 67 Jahre vergangen und in der Stadt sind die Schäden des Bombenangriffs verschwunden. In der zerstörten Innenstadt entstand ein riesiges Einkaufszentrum und die schwer beschädigten Gebäude wurden ersetzt oder restauriert. Doch trotz der zahlreichen baulichen Veränderungen bleibt die Erinnerung an den 5. März, sei es durch Zeitzeugenaussagen, Fotografien oder den "Chemnitzer Friedenstag". Das Chemnitzer Bündnis für Frieden und Toleranz gedenkt am 5. März der Opfer der Bombardierung und stellt den Tag unter die Begriffe Demokratie und Toleranz. Chemnitz soll eine Stadt des Friedens werden und sich gemeinsam gegen Nazis stellen, so der Slogan: "Es ist unsere Stadt - Nazis haben hier keinen Platz." In der ganzen Stadt finden anlässlich des Gedenktages Veranstaltungen und Kundgebungen statt wie die Kranzniederlegung am Mahnmal für die Chemnitzer Bombenopfer um 9 Uhr und die Ansprache der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig um 18 Uhr auf dem Neumarkt. Studierende der TU beteiligen sich aktiv am Programm und veranstalten an diesem Tag ab 17 Uhr einen Fußmarsch von der Mensa an der Reichenhainer Straße 55 aus in die Innenstadt, der in die Zentrale Veranstaltung mit der Oberbürgermeisterin mündet. Zu den Unterstützern des Aufrufs zum Chemnitzer Friedenstag zählt auch der designierte Rektor der TU, Prof. Dr. Arnold van Zyl: "Die TU Chemnitz ist eine weltoffene Universität, die sich für einen interkulturellen Dialog einsetzt und an der täglich dieser Dialog gelebt wird. Insbesondere die im akademischen Betrieb eingebundenen Menschen müssen jeden Tag ihr Wissen im Dialog miteinander, aber auch mit anderen Menschen - egal, wo auf dem Globus - dafür einzusetzen, dass sich ein Nährboden für Menschheitsverbrechen wie die des Nationalsozialismus gar nicht erst bilden kann."

Mehr persönliche Einblicke zum 5. März bietet das Buch "Chemnitzer Erinnerungen 1945: eine Dokumentation in Wort und Bild über die Zerstörung von Chemnitz im Zweiten Weltkrieg", erschienen im Verlag Heimatland Sachsen, 2001.

Weitere Informationen zum "Chemnitzer Friedenstag" unter: http://www.chemnitz.de/chemnitz/de/aktuelles/aktuellethemen/aktuellethemen_friedenstag_buendnis_aufruf.asp

Aufruf des Studentenrates der TU Chemnitz zur studentischen Demonstration am 5. März: http://www.stura.tu-chemnitz.de/redaks.php?artikel=421

(Autorin: Sandra Edel)

Mario Steinebach
28.02.2012

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