Film ab, Kamera läuft!
Ein Blick hinter die Kulissen des Fernsehstudios der TU Chemnitz offenbart innovative Projekte und zeigt, wie komplex die TV-Produktion ist
Kameras, Monitore und meterweise Kabel - auch die Studierenden der Medieninformatik an der TU Chemnitz haben die Möglichkeit, richtiges Fernsehen zu produzieren. Schließlich befindet sich in der Straße der Nationen 62 in nur zwei Räumen alles Notwendige, um es TV-Profis gleich zu tun. Bereits ein kurzer Blick reicht aus, um auf den Zweck der einzelnen Zimmer zu schließen. So verdeckt ein sogenannter Bluescreen in einem der Räume des Studios den kompletten hinteren Teil der Zimmerwand. Werden Studioaufnahmen vor der blauen Leinwand abgedreht, können diese zeitgleich mit beliebigen Hintergründen versehen werden. Doch nur mit der Aufnahme des Filmmaterials ist die eigentliche Arbeit noch längst nicht beendet. Stattdessen kommt die Regie im Nebenraum zum Einsatz. Dort werden die Videoaufnahmen im Nachhinein oftmals noch geschnitten und tontechnisch aufbereitet. "Das ganze frisst dann mehr Zeit als eigentlich gedacht. Der Laie sieht oftmals gar nicht, wie viel Zeit es kostet, das aufgenommene Material nachzubearbeiten", erklärt Markus Rickert, Leiter des Fernsehstudios.
Zur Ausstrahlung eines dauerhaften Programmes werden die Produktionsräume derzeit noch nicht genutzt. Schließlich ging das Studio erst im April 2012 in den Besitz der Universität über. Bis dahin waren die Räumlichkeiten Teil des Drittmittelprojektes sachsMedia und dienten vorrangig Forschungszwecken. "Für bestimmte Gelegenheiten haben wir das Studio aber auch eingesetzt, um öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen der TU Chemnitz zu unterstützen oder Studenten ermöglicht mit der vorhandenen Technik Seminararbeiten oder andere Projekte umzusetzen", erklärt Rickert und fügt hinzu: "Dies geht von Veranstaltungen wie Tagen der offenen Tür oder der Sommerakademie Informatik bis hin zu Großveranstaltungen." Auch Erfahrungen mit Live-Übertragungen sammelten die Filmemacher der TU Chemnitz bereits. So wurde nicht nur der Festakt zur 175-Jahrfeier der TU aus dem Opernhaus live übertragen. Auch Vorträge bei Veranstaltungen wie den jährlich stattfindenden Linux-Tagen, der Konferenz "Mensch und Computer" im vergangenen September oder der Veranstaltung des Technologie-Transferpreises "wissen.schafft.arbeit" konnten Zuschauer per Webstream im Internet und über den DVB-T Fernsehsender der Universität live mit verfolgen. Der Sender dient wie das Studio dabei ebenfalls nur Erprobungszwecken und überträgt im Alltag damit nur Test- und Analysedaten. "Für größere Veranstaltungen oder ein späteres Universitätsfernsehen kann er aber jederzeit in einen normalen Fernsehsender umkonfiguriert werden, der dann auf Kanal 54 bei 783 MHz bis zu sechs parallele Fernsehprogramme übertragen kann", stellt Rickert in Aussicht. Profitieren könnten davon alle Chemnitzer. Schließlich deckt die Reichweite des Senders das komplette Stadtgebiet ab.
Da jede Produktion oder Übertragung eigene Herausforderung in sich birgt, sodass stets andere Geräte und Verfahren zum Einsatz kommen, gibt es auch kein festes Team an Mitwirkenden. Trotz diesem gering standardisierten Arbeitsablauf greift dennoch fast jedes Projekt auf die im Rahmen der bisherigen Forschung entwickelten Verfahren zurück. Dazu gehören unter anderem eigens entwickelte Audio- und Videoanalysen, die Bildung sogenannter Next Generation Networks sowie eine Optimierung von Benutzeroberflächen bei interaktivem Fernsehen. Letztlich soll auf diesem Weg unter Beweis gestellt werden, inwieweit eine Nutzung der Grundlagenforschung aus den letzten Jahren möglich ist und praktische Anwendung finden kann. Rickert erklärt, dass vor allem die Videoanalyse sinnvoll zu Überwachungszwecken eingesetzt werden kann: "Eine Kamera soll zum Beispiel von selbst erkennen, wenn ein Kind in den Swimmingpool fällt. So werden dann wirklich nur die zehn Sekunden überwacht, in denen tatsächlich etwas passiert." Außerdem sollen zukünftig Sender der Umgebung bei der Digitalisierung und Archivierung ihres vorhandenen Videomaterials unterstützt werden. Tatsächlich ist es nämlich immer noch der Fall, dass das Material häufig unerschlossen auf analogen oder digitalen Datenträgern vorliegt und so nur schwer durchsucht werden kann. Mit Hilfe des Einsatzes automatischer Sprach- und Bilderkennung soll die Recherche zukünftig erheblich vereinfacht werden.
Mit dem Auslaufen des Drittmittelprojektes sachsMedia hat die Universität nun auch die Möglichkeit, das Studio außerhalb der Forschung zu nutzen. "Für die TU wäre es die perfekte Gelegenheit, um beispielsweise eigenes Uni-Fernsehen produzieren zu können. Es wäre schade, die vorhandene Technik nicht optimal zu nutzen", gibt Rickert zu bedenken. Auch in die Lehre soll das Studio bald noch intensiver eingebunden werden. So stellt der Wissenschaftliche Mitarbeiter der Professur Medieninformatik abschließend in Aussicht: "Im Rahmen der Lehrveranstaltungen Medienapplikationen, Medientools und Mediengestaltung wird verstärkt auf Video, Radio und Fernsehen eingegangen."
(Autorin: Ina Huke)
Katharina Thehos
22.05.2012