Chemnitzer Physiker an "Flaggschiff" der Spitzenforschung beteiligt
Professur Technische Physik der TU Chemnitz gehört zu den 126 Partnern eines europäischen Flagship-Projekts - In die Erforschung des Materials Graphen fließen bis zu eine Milliarde Euro in zehn Jahren
Die Europäische Kommission fördert in den kommenden zehn Jahren zwei "Flagship"-Projekte mit je bis zu einer Milliarde Euro. An dem Projekt "Graphene" ist die Professur Technische Physik der Technischen Universität Chemnitz beteiligt. Insgesamt werden mit Beginn des Projektes - im Laufe des Jahres 2013 - 126 akademische und industrielle Forschergruppen in 17 europäischen Ländern zusammenarbeiten. "Das Ziel des Graphene-Flagship-Projektes ist eine rasche wirtschaftliche Nutzung von Graphen und ähnlichen zwei-dimensionalen Materialien in der Informations- und Telekommunikationstechnologie, der Materialwissenschaft sowie in der Energieforschung und den Life Sciences", sagt Prof. Dr. Thomas Seyller, Inhaber der Professur Technische Physik.
Graphen bezeichnet eine Anordnung von Kohlenstoffatomen in nur einer einzelnen Lage. "Aufgrund seiner besonderen Eigenschaften ist Graphen in den vergangenen acht Jahren zum neuen Hoffnungsträger für zukünftige Technologien avanciert", so Seyller. Im Jahr 2010 erhielten die beiden russischen Physiker Prof. Dr. Andre Geim und Prof. Dr. Kostya Novoselov den Nobelpreis für grundlegende Experimente an Graphen. Beide gehören zum strategischen Beirat des neuen Flagship-Projektes. Dort ebenfalls beteiligt ist Nobelpreisträger Prof. Dr. Klaus von Klitzing, der 1988 die Ehrendoktorwürde der heutigen TU Chemnitz erhielt. Das Projekt "Graphene" wird von der Chalmers University of Technology in Göteborg koordiniert.
Für die 30-monatige Startphase stellt die Europäische Kommission zunächst 54 Millionen Euro zur Verfügung. Die Chemnitzer Forscher erhalten davon rund 310.000 Euro. Sie beschäftigen sich mit der Herstellung von Graphen. "Dabei setzen wir auf das Wachstum von Graphen auf dem Halbleiter Siliziumkarbid. Eine zweite Herstellungsmethode, die wir verfolgen, ist das Wachstum mittels chemischer Gasphasenabscheidung auf Metalloberflächen", erklärt Seyller. Die TU-Physiker untersuchen die Einflüsse verschiedener Wachstumsparameter auf die Eigenschaften der hergestellten Graphenschichten. "Außerdem interessieren uns grundlegenden physikalische Eigenschaften von Graphen, zum Beispiel die elektronischen Eigenschaften, die Struktur und die Schwingungseigenschaften", so Seyller.
Beim Wachstum von Graphen auf Siliziumkarbid greift Prof. Seyller bereits auf einige Erfahrung zurück: "Im Jahr 2009 habe ich mit meiner Arbeitsgruppe an der Universität Erlangen-Nürnberg ein Verfahren für das Wachstum von Graphen auf Siliziumkarbid entwickelt, das im Vergleich zur bestehenden Vorgehensweise eine deutliche Verbesserung der Eigenschaften der Schichten zur Folge hatte", so Seyller. Die Physiker koppeln bei der Untersuchung von Graphen auf Siliziumkarbid Methoden der Oberflächenphysik, beispielsweise die Elektronenmikroskopie, mit Messungen der elektrischen Leitfähigkeit. "Die Kombination der Methoden erlaubt es uns, ein umfassendes Verständnis für das Materialsystem zu erhalten", erklärt Seyller. Für seine Arbeiten zum Thema Graphen auf Siliziumkarbid wurde Prof. Seyller 2010 von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft mit dem Walter-Schottky-Preis für Festkörperphysik ausgezeichnet. Seit 2010 koordiniert Seyller zudem das Schwerpunktprogramm 1459 Graphene der Deutschen Forschungsgemeinschaft, in dem aktuell 38 Projekte unter Beteiligung von mehr als 40 deutschen Institutionen durchgeführt werden.
Weitere Informationen zum Flagship-Projekt "Graphene" gibt es auf der englischsprachigen Internetseite: http://www.graphene-flagship.eu
Kontakt: Prof. Dr. Thomas Seyller, Telefon 0371 531-32898, E-Mail thomas.seyller@physik.tu-chemnitz.de, http://www.tu-chemnitz.de/physik/TEPH
Katharina Thehos
18.02.2013